Die Bauwirtschaft will jede zehnte Wohnung abreißen, um an ihrer Stelle energieeffiziente und altersgerechte neue Wohnungen zu bauen. Eine von ihr in Auftrag gegebene Studie besagt, dass der „Bestandsersatz“ günstiger als die Modernisierung der Gebäude wäre. Der Berliner Mieterverein (BMV) lehnt das Ansinnen ab.
1,8 Millionen Wohnungen, knapp zehn Prozent des gesamten deutschen Wohnungsbestandes, sollen verschwinden. Die Autoren der Studie „Bestandsersatz 2.0“, die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE Kiel) und das Pestel-Institut, bezeichnen unsanierte Wohnhäuser aus den 50er bis 70er Jahren als „Bröckel-Bauten“, die „abgewohnt“ seien und deren Modernisierung sich nicht mehr lohne. Die Lösung: Abriss und anschließender Neubau von barrierefreien und energieeffizienten Wohnungen. Die Studie rechnet vor, dass dies billiger sei als eine Vollmodernisierung des Bestandes. Dennoch rufen die Initiatoren nach Fördermitteln. Dass Abriss und Neubau nicht genauso gefördert werden wie die Bestandsmodernisierung, hält Pestel-Studienleiter Matthias Günther gar für eine „Diskriminierung“.
„Durch Abriss werden bezahlbare Wohnungen vernichtet und teure Neubauwohnungen geschaffen“, erklärt die stellvertretende BMV-Geschäftsführerin Wibke Werner. In den genannten Baujahrgängen liegen die Nettokaltmieten in Berlin zwischen 6 und 8 Euro pro Quadratmeter. In Neubauten sind hingegen um 13 Euro zu zahlen, wenn sie überhaupt zur Miete angeboten werden.
Die deutlich höheren Mieten im Neubau, so Werner weiter, stünden in keinem vernünftigen Verhältnis zur Energieeinsparung. Altersgerechter Wohnraum ließe sich auch schaffen, indem man bestehende Wohnungen barrierearm umbaut.
Jens Sethmann
„Abriss für Neubau? Warum Sanieren die bessere Lösung ist“, MieterMagazin 3/2016, Seite 14: www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm0316/031614.htm
16.07.2018