Wieder einmal setzen Kreuzberger Mieter all ihre Hoffnungen auf das bezirkliche Vorkaufsrecht. Im Falle des Gebäudes Mehringdamm 67 will der Bezirk bis in die höchste Instanz durchfechten, dass er dafür nicht tiefer als nötig in die Tasche greifen muss.
Für 7,1 Millionen Euro wurde der Altbau mit 30 Wohn- und Gewerbeeinheiten kürzlich versteigert. Der Verkehrswert liegt bei 5 Millionen Euro. Vorher gehörte das Haus einer Erbengemeinschaft. Da sich diese nicht über den Verkauf einig wurde, kam es unter den Hammer. Das Haus Mehringdamm 67 liegt in einem Milieuschutzgebiet, somit hat der Bezirk ein Vorkaufsrecht, das dann greift, wenn sich der Käufer nicht in einer sogenannten Abwendungsvereinbarunge auf die Ziele des Milieuschutzes verpflichtet. Darüber wird derzeit noch verhandelt.
Nach Angaben der Mieter handelt es sich beim Käufer um eine GbR, bestehend aus Samuel Czarny und Ariel Schiff, die in Kreuzberg bereits mit rüden Modernisierungen aufgefallen sind. Außerdem gibt es einen dritten, noch anonymen Gesellschafter. Wie Bezirksstadtrat Florian Schmidt (Grüne) erklärt, ist es rechtlich strittig, ob bei Versteigerungen die preislimitierende Ausübung zum Verkehrswert bei spekulativen Kaufpreisen möglich ist. Ein anlässlich des Falls Eisenbahnstraße 2/3 in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten gebe Land und Bezirken aber nun die Möglichkeit, ein Musterklageverfahren auf den Weg zu bringen. Sollte sich zudem der Verdacht auf Preisabsprachen zwischen den Bietern erhärten, werde man auf Basis des Rechtsgutachtens das Vorkaufsrecht zum Verkehrswert ausüben, so der Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg. Der läge rund 40 Prozent unter dem Versteigerungspreis.
Für die Mieter steht fest: Ein solch hoher Kaufpreis lässt sich nur über teure Modernisierungen oder die Umwandlung in Eigentumswohnungen refinanzieren. Viele wohnen seit Jahrzehnten in dem teilsanierten Haus. Noch sind ihre Wohnungen mit Mieten von 4 bis 6 Euro nettokalt pro Quadratmeter bezahlbar. „Hier wird günstiger Wohnraum für viele den spekulativen Renditeerwartungen einiger weniger geopfert“, heißt es in einer Erklärung der Hausgemeinschaft.
Birgit Leiß
27.07.2021