Styropor auf dicke Außenwände? Kunststofffenster an Stelle von intakten, guten Holzfenstern? Mieter der Schmargendorfer Gagfah-Siedlung wollen den Sinn der energetischen Modernisierung, die ihnen die Vermieterin angekündigt hat, nicht einsehen. Sie befürchten hohe Mieten und eine schlechtere Wohnqualität. Obwohl ihr Handlungsspielraum klein ist, wehren sie sich – und sind nun mit der Gagfah im Gespräch.
Weiß gestrichene Kasten-Doppelfenster, hellgrauer Putz, in dunkelrote Klinkersteine gefasste Hauseingänge – das ist das äußere Erscheinungsbild der Gagfah-Siedlung um Orber, Charlottenbrunner und Salzbrunner Straße in Schmargendorf, die in den 1930er Jahre erbaut wurde. Viele Mieter in den knapp 200 Wohnungen leben seit Jahrzehnten hier. „Aber jetzt haben die ersten gekündigt“, erklärt Birgit R., Bewohnerin im Kiez.
Vertrieben hat sie eine umfangreiche Modernisierungsankündigung, die Mitte April diesen Jahres in den Briefkästen steckte. Sie sieht unter anderem eine energetische Sanierung vor, die von den Allermeisten in der Siedlung abgelehnt und deren angekündigter Einspareffekt stark bezweifelt wird. So sollen die Wände mit einer 12 Zentimeter dicken Styroporschicht gedämmt werden: „Wir haben im unteren Geschoss 50 Zentimeter dicke Außenwände und im oberen noch 42 Zentimeter“, so Birgit R. Wie alle anderen fragt sie sich, warum es hier notwendig sein sollte, noch eine zusätzliche Dämmung aufzubringen, und warum die intakten, schönen Kastendoppelfenster mit Holzrahmen gegen Dreh-Kipp-Kunststofffenster ausgetauscht werden müssen. Damit verkleinere sich die Glasfläche deutlich, und es käme viel weniger Licht herein. „Wir zahlen hinterher entscheidend mehr Miete“, so Birgit R., „haben dunklere Wohnungen und vielleicht noch Schimmelflecken an den Wänden.“
Viele der Anwohner schlossen sich zum „Schmargendorfer Mieterprotest“ zusammen und stellen sich der ihrer Ansicht nach sinnlosen energetischen Sanierung entgegen.
„Nach aktueller Rechtsprechung“, erklärt Aliki Bürger, Juristin beim Berliner Mieterverein, „gibt es keine Mittel, um gegen eine geplante Wärmedämmung vorzugehen. Aber es ist gut, dass sich die Mieter wehren.“ So konnten sie auch einen ersten Erfolg verbuchen: Vom geplanten Umbau aller Bäder hat die Vermieterin bereits Abstand genommen. Viele Mieter hatten diese in den zurückliegenden Jahren schon selbst modernisiert. Dämmung und Austausch der Fenster sind jedoch noch nicht vom Tisch. Aber auch hier wurde Entgegenkommen signalisiert.
Rosemarie Mieder
05.02.2018