Um das Baulandmobilisierungsgesetz in Berlin in Kraft zu setzen, hat der Senat die gesamte Stadt zu einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt erklärt. Damit verhindert Berlin nun als erstes Bundesland die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Weitere Verbesserungen sind in Vorbereitung.
Mit dem von der Bundesregierung beschlossenen Baulandmobilisierungsgesetz wurde das Baugesetzbuch geändert. Die Länder haben nun die Möglichkeit, Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt zu bestimmen, in denen Mietwohnungen nur mit einer besonderen Genehmigung in Eigentumswohnungen umgewandelt werden dürfen. „Die Umwandlungsverordnung kann stadtweit helfen, das Mietwohnungsangebot zu schützen“, sagt Berlins Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke). „Die Umwandlung von Mietwohnungen in Wohnungseigentum führt zum Verlust an bedarfsgerechten Mietwohnraum in der gesamten Stadt.“ Allein im Jahr 2020 wurden in Berlin über 19.000 Mietwohnungen umgewandelt.
Mit der neuen Verordnung werden Umwandlungen im Grundsatz nicht zugelassen. Eine Genehmigung muss aber erteilt werden, wenn das Wohnungseigentum zur eigenen Nutzung an mindestens zwei Drittel die Mietenden veräußert werden soll. Eine bloße Absichtserklärung des Eigentümers reicht dafür nicht aus. Er muss eine notariell aufgesetzte „Willensbekundung“ der Mieterinnen und Mieter vorlegen. Genehmigt werden muss eine Umwandlung ebenfalls, wenn das Haus unter den Erben des Eigentümers aufgeteilt oder die Wohnungen an Familienangehörige verkauft werden sollen.
Die Regelung gilt für alle bestehenden Mietshäuser mit mehr als fünf Wohnungen. Damit sollen Kleineigentümer geschützt werden. Der Bund hat den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, die Grenze auf drei Wohnungen abzusenken oder auf 15 anzuheben. Doch der Senat ist zu dem Schluss gekommen, dass sich eine Abweichung in Berlin nicht rechtfertigen ließe, denn es gibt hier nur wenige Mietshäuser mit vier oder fünf Wohnungen, die zudem im Umwandlungsgeschehen keine große Rolle spielen. Der Berliner Mieterverein (BMV) hält es dennoch für nicht nachvollziehbar, dass der Senat den Spielraum nicht voll ausnutzt.
In Neubauten greift der Umwandlungsschutz nicht. Das Gesetz gilt nur bis Ende 2025 und kann vom Land Berlin nicht verlängert werden. Der BMV fordert, dass alle Bezirke das Umwandlungsverbot streng durchsetzen. Die Senatsverwaltung erstellt zurzeit eine „Arbeitshilfe“, damit die Bezirke einheitlich vorgehen können.
Umwandlung ist ein lukratives Geschäft
Die Umwandlung ist seit Langem ein sehr lukratives Geschäft. Seit 1991 wurden in Berlin etwa 290.000 Wohnungen in Einzeleigentum umgewandelt. Die Nachfrage nach Wohnen im Eigentum steht dabei nicht im Vordergrund. Rund zwei Drittel aller umgewandelten Wohnungen werden vermietet. „Es geht im Kern nicht um eine Selbstnutzung, sondern um ein Geschäftsmodell zu Lasten der Mieterinnen und Mieter“, erklärt BMV-Geschäftsführer Reiner Wild. Die Mieter von umgewandelten Wohnungen werden oft mit teuren Modernisierungen konfrontiert und müssen ständig Eigenbedarfskündigungen fürchten. „Berlin braucht keinen Zuwachs an Eigentumswohnungen“, so Wild.
Mit dem Umwandlungsverbot nutzt Berlin zunächst nur eine der neuen Möglichkeiten des Baulandmobilisierungsgesetzes. Dies hatte für den Senat die höchste Dringlichkeit. Das Gesetz erlaubt dem Land aber auch, zum Zweck des Wohnungsbaus das Vorkaufsrecht für brachliegende Bauflächen vereinfacht auszuüben, Baugebote auszusprechen und Befreiungen von den Baubeschränkungen eines Bebauungsplans zu erteilen.
Jens Sethmann
Loch im Milieuschutz zumindest bis 2025 gestopft
Bisher gab es nur in Milieuschutzgebieten einen Genehmigungsvorbehalt für Umwandlungen. Doch dieser enthält ein großes Schlupfloch: Wenn der Eigentümer die Wohnungen sieben Jahre lang nur den Mietern zum Kauf anbietet, hat er Anspruch auf eine Genehmigung zur Umwandlung. Dazu genügt eine bloße Absichtserklärung des Eigentümers. Ob die Mieter dann tatsächlich ihre Wohnung kaufen, spielt keine Rolle. Dies wird weidlich genutzt: Allein in den letzten fünf Jahren sind in den Milieuschutzgebieten 29.500 Wohnungen umgewandelt worden. In nur 65 Fällen haben die Mieter ihre Wohnung gekauft. Berlin hat 69 Milieuschutzgebiete mit über einer Million Bewohnern, ganz überwiegend in der inneren Stadt. Das stadtweite Umwandlungsverbot gilt nun auch im Milieuschutz. Dadurch wird die Umwandlungsregelung des Milieuschutzes jedoch nicht überflüssig, denn sie gilt auch über das Jahr 2025 hinaus.
js
Wie funktioniert die Umwandlungsbremse?
Lesen Sie dazu das BMV-Info 193: Die „Umwandlungsbremse“ des § 250 BauGB –
20 Fragen und Antworten“
28.03.2022