Ein Blick in die Hausordnung bringt oft Erstaunliches zu Tage. Nicht selten gibt es dort ein nächtliches Duschverbot oder eine ausgeklügelte Waschordnung. Viele dieser antiquierten Vorschriften sind unwirksam.
„Häufig werden Formulare einfach seit Jahrzehnten verwendet, ohne dass etwas daran geändert wird“, erklärt der Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten. Regelungen über Teppichklopfzeiten dürften heute überflüssig sein, dennoch spielt die Hausordnung eine wichtige Rolle für das einvernehmliche Zusammenleben in einem Mietshaus. Hier sind nicht nur die Ruhezeiten festgelegt, sondern auch die Besonderheiten bei Benutzung von Hof und Treppenhaus, das Abstellen von Kinderwagen und Fahrrädern oder die Haustürschließzeiten. Reinigungs- oder Schneeräumpflichten, wie sie in vielen Regionen üblich sind, spielen in Berlin kaum eine Rolle. Grundsätzlich gilt: In die Hausordnung dürfen keine zusätzlichen, im Mietvertrag nicht vereinbarten Pflichten, aufgenommen werden. Auch haben Regelungen über Schönheitsreparaturen dort nichts zu suchen. Meist ist die Hausordnung Bestandteil des Mietvertrages und kann deshalb nicht einseitig geändert werden. So kann die Hausverwaltung nicht plötzlich am Schwarzen Brett bekannt geben, dass im Treppenhaus nicht mehr geraucht werden darf.
Am häufigsten gibt es Streit um Lärmstörungen. In fast allen Hausordnungen ist neben der Nachtruhe eine Mittagsruhe festgelegt. Der DMB hält die Mittagsruhe für nicht mehr zeitgemäß. „Heutzutage hält kaum noch jemand Mittagschlaf“, meint Lukas Siebenkotten. Gegenseitige Rücksichtnahme ist andererseits in einem Mietshaus rund um die Uhr geboten.
Nicht zeitgemäß ist auch ein Verbot, in der Wohnung Wäsche zu trocknen. Diese Klausel, die noch in vielen Hausordnungen steht, ist unwirksam, wie ein Rechtsexperte des Berliner Mietervereins (BMV) erklärt: „Das stammt noch aus den Zeiten, als man die Wäsche tropfnass aufgehängt hat“, so Frank Maciejewski. Selbst wenn ein Trockenraum vorhanden ist, darf der Mieter seine Wäsche in der Wohnung oder auf dem Balkon unterhalb der Brüstung aufhängen. Unstrittig ist mittlerweile auch, dass Mieter nach 22 Uhr duschen oder baden dürfen. Ein entsprechendes Verbot in der Hausordnung ist unzulässig (Landgericht Köln, Wohnungswirtschaft und Mietrecht 1997, Seite 323).
Häufig wird per Hausordnung das Abstellen des Kinderwagens im Hausflur untersagt. Daran müssen sich Mieter nicht halten. Wenn es keinen gesonderten Abstellraum gibt, dürfen Kinderwagen ebenso wie Rollstühle oder Gehhilfen im Treppenhaus geparkt werden.
Für zulässig erachtete das Landgericht Essen dagegen ein Grillverbot auf dem Balkon (Landgericht Essen, Wohnungswirtschaft und Mietrecht 2002, Seite 337). Für den Fall, das dies nicht beachtet wird, hielt das Gericht sogar eine Kündigung für zulässig.
Keine Kündigung bei geringen Verstößen
Vereinzelte oder geringe Verstöße gegen die Hausordnung rechtfertigen keine Kündigung, betonten die Richter. Hier hätten die Mieter jedoch trotz mehrfacher Abmahnungen weiterhin auf dem Balkon gegrillt und damit den Hausfrieden nachhaltig gestört. Im Allgemeinen droht bei Verletzungen der Hausordnung jedoch nicht gleich die Kündigung. So erklärte das Landgericht München folgende Formularklausel für unwirksam: „Der Vermieter kann dem Mieter fristlos kündigen, wenn der Mieter trotz zweimaliger schriftlicher Abmahnung die Hausordnung nicht einhält“ (Landgericht München, Wohnungswirtschaft und Mietrecht 1994, Seite 370).
Nicht vergessen: Auch Besucher der Mieter müssen sich an die Hausordnung halten. Machen sie Lärm oder verschmutzen den Hausflur, muss der Mieter dafür geradestehen.
Birgit Leiß
MieterMagazin 10/09
Auch wenn es die Hausordnung verbietet: Existiert kein separater Abstellraum, dürfen Kinderwagen im Treppenhaus geparkt werden
Foto: Sabine Münch
Rat und Tat
Keine Hausordnung – und nun?
Wenn bei Abschluss des Mietvertrages keine Hausordnung existierte, kann der Vermieter später einseitig eine Hausordnung aufstellen. In diesem Fall dürfen aber nur Regelungen getroffen werden, die das Zusammenleben der Mieter beinhalten, beispielsweise die Pflicht zur ordnungsgemäßen Behandlung der Mietsache oder Benutzungszeiten für Gemeinschaftsräume. Steht im Mietvertrag nichts von einem Verbot der Tierhaltung, ist ein Verbot per nachträglicher Hausordnung unzulässig. Auch zusätzliche Pflichten, etwa die Treppenhausreinigung, dürfen den Mietern nicht nachträglich auferlegt werden.
bl
06.06.2018