Wer in Berlin ein möbliertes Zimmer sucht, landet immer häufiger bei kommerziellen Anbietern wie Medici Living. Deren Geschäftsmodell: große Wohnungen von Hauseigentümern anmieten, um sie dann zimmerweise weiterzuvermieten – zu horrenden Preisen.
479 Euro zahlt Marco Hofmann* für ein 14 Quadratmeter großes, spartanisch möbliertes Zimmer in Kreuzberg. Gemeinschaftsräume gibt es nicht, Küche und Bad sind nur mit dem Nötigsten ausgestattet. Über neu einziehende Mitbewohner entscheidet der Vermieter. „Es war unmöglich, etwas Günstigeres zu finden“, erklärt der junge Mann. Wie ihm geht es vielen, die von außerhalb zuziehen. Bei Medici Living kann man bequem online buchen – sofern man über das entsprechende Budget verfügt. 569 Euro werden aktuell für ein 25 Quadratmeter großes Zimmer am Schlesischen Tor in Kreuzberg verlangt.
Medici Living, nach eigenen Angaben größter kommerzieller WG-Anbieter in Deutschland, hält solche Preise für angemessen. Schließlich seien sämtliche Nebenkosten inklusive, auch Strom und Internetanschluss. Wehren kann man sich kaum. Die Mietpreisbremse hat bei möblierten Zimmern faktisch keine Bedeutung, wie der Mietrechtsexperte des Berliner Mietervereins, Frank Maciejewski erklärt. Der Mietspiegel gilt nur für Wohnungen.
Nicht erlaubt ist die „Anmeldegebühr“ in Höhe von 150 Euro, die Medici Living von jedem Mieter verlangt. Vertragsabschlussgebühren sind gesetzlich unzulässig. Die Unternehmenssprecherin sieht das anders und spricht von einer „Application Fee“, die unter anderem für die „Vertragsausfertigung und die Erstellung und Verwaltung des Premium-Nutzungskontos“ zu zahlen sei. „Solange die Gebühr auch und überwiegend für die Ausfertigung des Mietvertrags gezahlt werden muss, ist sie unwirksam“, sagt dazu Frank Maciejewski. Die Mieter können das Geld zurückfordern.
Doch ist die gewerbliche Weitervermietung von einst bezahlbaren, familiengerechten Mietwohnungen kein Verstoß gegen das Zweckentfremdungsverbot? „Medici Living bewegt sich damit in einer Grauzone“, sagt die Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung,
Katrin Dietl. Zwar handele es sich einerseits um eine Zweckentfremdung, andererseits würde der Wohnraum als solcher genutzt. Ob im Zuge der Novellierung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes zukünftig gegen das Unternehmen vorgegangen werden kann, müsse man abwarten. Auch Frank Maciejewski vom Berliner Mieterverein sieht hier eine Lücke im Gesetz. „Vor fünf Jahren, als das Gesetz ausgearbeitet wurde, hatte man dieses Problem einfach noch nicht.“
Birgit Leiß
* Name von der Redaktion geändert
27.10.2017