In Berlin nimmt das Angebot an möblierten Wohnungen zu.
Das liegt nicht daran, dass die Berliner sich nicht mehr selbst häuslich einrichten wollen, sondern hat vor allem zwei Gründe:
- Der Arbeitsmarkt verlangt von den Beschäftigten ein hohes Maß an Flexibilität in Bezug auf den Wohnort.
- Und: Vermieter von möblierten Wohnungen können höhere Mieten fordern und Mietpreisbegrenzungen aushebeln.
Dieser Artikel behandelt folgende Themen:
- Möbliertes Wohnen: Wachsende Nachfrage, gepuschte Preise
- Möbliertes Wohnen: Keine Mieter zweiter Klasse
- Möbliertes Wohnen: Ausbremsmanöver gegen Mietpreisbremse
- Möbliertes Wohnen: Vom Umgang mit dem Inventar
- Möbliertes Wohnen: Schlafburschen, Dienstmädchen und möblierte Herren
- Möbliertes Wohnen: Luxus für den modernen Nomaden
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Möbliertes Wohnen – Wachsende Nachfrage, gepuschte Preise
Anders als zum Beispiel in England waren auf dem deutschen Wohnungsmarkt möblierte Mietwohnungen bislang ein eher kleines Angebots-Segment. Doch das ändert sich gerade. Das Forschungsinstitut „empirica“ hat im Sommer 2016 festgestellt, dass in Berlin 35 Prozent aller zur Vermietung inserierten Wohnungen möbliert waren: Auf 10.000 unmöblierte Wohnungen kamen 5400 möblierte. Bei einer empirica-Untersuchung im Jahr 2012 lag der Anteil noch bei 17 Prozent.
Ein aktueller Blick in die Immobilienportale macht den Trend noch deutlicher: An einem willkürlich herausgegriffenen Tag im Dezember 2016 waren bei Immobilienscout24 von den 7429 in Berlin unbefristet oder auf Zeit angebotenen Mietwohnungen 3158 möbliert. Das sind 42,5 Prozent. Auf dem Konkurrenzportal Immowelt waren es am selben Tag 1378 von 2872 angebotenen Mietwohnungen – also sogar knapp 48 Prozent.
In anderen Städten ist dem Forschungsinstitut zufolge der Möblierungsboom noch stärker: In Frankfurt am Main und in Köln machen möblierte Angebote 40 beziehungsweise 45 Prozent der Angebote aus, in München und Stuttgart sogar 60 beziehungsweise 61 Prozent.
Auch die Mieten, die für möblierte Wohnungen verlangt werden, gingen steil nach oben: Zwischen 2012 und 2016 stieg in Berlin die durchschnittliche Mietforderung von 13,83 Euro pro Quadratmeter auf 17,01 Euro, also um 23 Prozent. In den Inseraten werden häufig Warmmieten genannt, ein Vergleich ist deshalb nicht immer einfach. Preise über 20 Euro pro Quadratmeter sind keine Seltenheit, vereinzelt auch mehr als 40 Euro.
Für Aufsehen sorgte im September eine Anzeige, in der eine möblierte, nur 9,7 Quadratmeter kleine Wohnung in Kreuzberg für sage und schreibe 749 Euro warm angeboten wurde – 77 Euro pro Quadratmeter! Den exorbitanten Preis begründete der Vermieter gegenüber der Berliner Zeitung damit, dass dies eine „Luxuswohnung, sozusagen der Porsche unter den Wohnungen“ sei. Die Einrichtung mit einem Spülbecken und einem Zwei-Platten-Kochfeld direkt neben der Klappcouch sah allerdings gar nicht luxuriös aus – um im Bild zu bleiben: eher nach Kleinstwagen.
Das unverschämte Angebot diente wohl eher als Versuch, um auszuprobieren, wie einfach die Mietpreisbremse ausgehebelt werden kann. Die Preisbegrenzung bei Wiedervermietungen gilt zwar auch für möblierte Wohnungen, es ist aber ein nicht genau festgelegter Zuschlag für die Möblierung erlaubt.
Das Angebot möblierter Wohnungen ist für Menschen, die für eine begrenzte Zeit in der Stadt sind und ihre eigentliche Wohnung nicht aufgeben wollen, aber auch durchaus sinnvoll. Das können Geschäftsleute oder Arbeitnehmer sein, die für ein paar Monate versetzt werden, oder Monteure, die längerfristig auf einer Baustelle beschäftigt sind und nur zu den Wochenenden nach Hause fahren können. Auch für Austauschstudenten, die nach einem oder zwei Semestern wieder in ihre Heimat gehen, sind möblierte Wohnungen praktisch. Neuzuzügler können solche Apartments als Einstieg in die neue Stadt nutzen, um von dort aus in Ruhe eine passende Wohnung zu suchen.
Möblierte Wohnungen sind billiger als Hotelzimmer. Und: Man braucht weder Möbel anzuschaffen noch einen Umzug zu organisieren und kann dennoch in den Räumen eigenständig wohnen – nicht nur schlafen und duschen, sondern auch kochen, essen, Wäsche waschen und was sonst noch zum Leben dazugehört. Auch manche Hotels bieten vollausgestattete Zimmer oder Suiten für zahlungskräftige Dauerbewohner an.
Für die meisten Mieter sind möblierte Wohnungen aber ungeeignet. Zur individuellen Lebensgestaltung gehört es selbstverständlich dazu, seine vier Wände nach eigenem Geschmack einzurichten. Es fällt den meisten Leuten schwer, sich in einer neutralen Standard-Möblierung, die der Vermieter in die Wohnung gestellt hat, zu Hause zu fühlen. Der Lieblingssessel und der von Oma geerbte Kleiderschrank müssen mit in die neue Wohnung – sonst fühlt man sich nicht geborgen.
Jens Sethmann
Möbliertes Wohnen – Keine Mieter zweiter Klasse
Wer eine möblierte Wohnung anmietet, hat grundsätzlich die gleichen Rechte wie andere Mieter auch. Doch offenbar glauben einige Vermieter, man müsse nur Bett und Tisch in eine Wohnung stellen und schon habe man den Mieterschutz ausgehebelt. Lediglich für einige Formen des Mietverhältnisses gelten Besonderheiten.
Kündigungsschutz, Mietminderung, das Recht zur Tierhaltung – all dies ist bei möbliertem Wohnraum rechtlich nicht anders geregelt als bei leeren Wohnungen. Es sind jedoch zwei wichtige Ausnahmen zu beachten.
Die erste betrifft Wohnraum, der nur zu vorübergehendem Gebrauch vermietet wird, also beispielsweise Pensionszimmer, Ferienapartments, Monteursunterkünfte oder sonstiger Wohnraum, der nur kurzfristig genutzt wird oder der einen Sonderbedarf deckt (Geschäftsreise, Überbrückung bis zur Fertigstellung der Wohnung und ähnliches). Hier gilt kein Kündigungsschutz, auch die allgemeinen gesetzlichen Vorschriften über Mieterhöhungen greifen nicht (weiteres auf Seite 30. „Achtung: Was ist vorübergehender Gebrauch?“). In der Regel werden solche Unterkünfte mit Möbeln vermietet, rechtlich gesehen kommt es aber darauf nicht an. Vielmehr ist entscheidend, dass die Wohnung nicht zum dauernden Lebensmittelpunkt des Mieters wird. Die Vermietung an Studenten für mehr als ein Semester wäre kein vorübergehender Gebrauch mehr, ebenso die Vermietung an Flüchtlinge.
Eine zweite Ausnahme sind möblierte Zimmer in einer vom Vermieter (Hauptmieter) selbst bewohnten Wohnung, also das klassische möblierte Untermietzimmer. Eine Einzelperson, die ein solches Zimmer gemietet hat, genießt keinen Kündigungsschutz und kann sich auch nicht auf eine Sozialklausel berufen. Der Vermieter kann ohne Angabe von Gründen bis zum 15. des Monats zum Monatsende kündigen – ganz egal, ob sein Untermieter krank, schwanger oder im Prüfungsstress ist. Wichtig: Der Vermieter muss die Wohnung zumindest zeitweise selber nutzen, etwa an den Wochenenden. Wohnt der Hauptmieter nicht mit in der Wohnung, dann besteht grundsätzlich voller Kündigungsschutz.
Außerdem müssen die Räume auch wirklich überwiegend möbliert sein. Als Faustregel dafür gilt: Mehr als die Hälfte der für eine Haushaltsführung erforderlichen Einrichtungsgegenstände muss vom Vermieter gestellt werden. Wurde de facto die ganze Wohnung zur Alleinnutzung vermietet oder handelt es sich um eine vom Hauptmieter getrennte abgeschlossene Wohnung, gilt der ganz normale Kündigungsschutz. Im Klartext bedeutet das: Der Vermieter darf den Vertrag nur dann kündigen, wenn ein Grund vorliegt, etwa Eigenbedarf. Und: Es gelten die üblichen gesetzlichen Kündigungsfristen von mindestens drei Monaten.
Wichtig: All dies gilt nur, wenn es sich beim Mieter um eine Einzelperson handelt. Wird der Wohnraum dagegen an eine Familie zum dauerhaften Gebrauch vermietet, greift der normale Mieterschutz. Diesen genießen übrigens nicht nur klassische Familien mit Kindern, sondern jede auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft. Daraus ergibt sich, dass der schlechtere Mieterschutz im Prinzip nur für Einzelpersonen zutrifft – oder für Mieter, die sich bei Einzug explizit als Wohngemeinschaft bezeichnen.
Umstritten ist, welche Miete für möblierte Zimmer genommen werden darf. Da sich der Mietspiegel nicht auf möblierten Wohnraum bezieht, kann der Mietbetrag im Grunde nur gutachterlich ermittelt werden. Dazu kommt dann noch ein sogenannter Möblierungszuschlag. „De facto hat der Mieter kaum Chancen, sich gegen überhöhte Mietforderungen zu wehren“, erklärt Frank Maciejewski, Rechtsexperte des Berliner Mietervereins. Auch die Mietpreisbremse gilt in einem solchen Fall nicht. Die Miete ist frei vereinbar, wie es so schön heißt.
Dabei darf man jedoch eines nicht vergessen: Ein Untermietverhältnis und ein möbliertes Mietverhältnis sind unterschiedliche Sachverhalte. Zwar wird möblierter Wohnraum häufig zur Untermiete angeboten, aber es gibt auch „ganz normale“ möblierte Mietverhältnisse – also mit einem uneingeschränkten Kündigungsschutz. Der Unterschied besteht in der Miethöhe, wobei sich die Juristen hierin nicht einig sind. Einige halten eine Miethöhe von maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete plus Möblierungszuschlag für zulässig. Andere gehen davon aus, dass der Mietspiegel nicht aussagekräftig ist, weil er das Segment der möblierten Wohnungen gar nicht erfasst. Die übliche Miete könne daher nur durch ein Gutachten ermittelt werden. Auch der Möblierungszuschlag ist eine unwägbare Größe. Üblicherweise dürfen monatlich zwei Prozent des Einrichtungs-Zeitwertes zum Zeitpunkt der Überlassung aufgeschlagen werden – ohne Beschränkung. Das Problem: Woher soll ein Mieter wissen, ob das Sofa einmal 500 oder 5000 Euro gekostet hat? In der Praxis ist eine Prüfung kaum möglich. Bei einem auffälligen Missverhältnis zwischen Einrichtungszustand und dessen Bewertung kann sich der Mieter aber durchaus wehren.
Noch ein Wort zu den Nebenkosten: In der Regel sind diese bei möbliertem Wohnraum pauschal abgegolten. Alles andere wäre, zumindest bei kürzeren Mietverhältnissen, eine komplizierte Rechnerei. Beim Berliner Mieterverein empfiehlt man den Vertragsparteien, sich bei der Berechnung der Pauschale auf den Berliner Betriebskostenspiegel zu stützen, wobei man den Mittelwert der einzelnen Posten nehmen sollte.
Birgit Leiß
Sonderfall Ferienwohnung
Nicht nur Internetportale wie der Ferienwohnungsvermittler „airbnb“, auch Firmen oder städtische Wohnungsunternehmen haben sie im Angebot: möblierte Apartments oder Gästewohnungen. Sie sind für den Urlaub, für die Unterbringung von Familienbesuch, für Absolventen eines mehrwöchigen Praktikums oder ähnliche Zwecke gedacht. Rechtlich betrachtet, handelt es sich hierbei nicht um Wohnen, sondern um einen touristischen Gebrauch, wobei die Abgrenzung nicht immer einfach ist. Doch in aller Regel wird hier kein Wohnraummietvertrag abgeschlossen, sondern allenfalls ein Vertrag zum vorübergehenden Gebrauch. Damit unterliegen diese Unterkünfte nicht den üblichen mietrechtlichen Schutzvorschriften. Was die Miete betrifft, so darf diese 50 Prozent über der Marktmiete liegen – und das ist nicht die ortsübliche Miete laut Mietspiegel, sondern die Miete, die bei einem Neuvertragsabschluss üblich ist. De facto bedeutet dies, dass praktisch jeder Preis verlangt werden kann, erklärt der BMV-Rechtsexperte Frank Maciejewski.
bl
Schnüffeln nicht erlaubt
Mieter eines möblierten Zimmers genießen den gleichen Schutz ihrer Privatsphäre wie Mieter einer abgeschlossenen Wohnung. Auch sie müssen nicht hinnehmen, dass ihr Vermieter das Zimmer während ihrer Abwesenheit betritt. Ausnahmen gelten für Notsituationen. Dringt der Vermieter aber gegen den Willen des Mieters in die verschlossenen Mieträume durch gewaltsames Öffnen der Türe ein, stellt dies eine so schwerwiegende Verletzung der Privatsphäre des Mieters dar, dass dieser zur fristlosen Kündigung berechtigt sein kann (Landgericht Köln vom 23. September 1993 – 6 S 130/93) .
bl
Möbliertes Wohnen – Ausbremsmanöver gegen Mietpreisbremse
Die Mietpreisbremse gilt auch für möblierte Wohnungen. Doch wenn die Einrichtung mitvermietet wird, ist die Mietenbegrenzung noch schwieriger anzuwenden als ohnehin schon. Mit Möbeln lässt sich die Preisbremse ausbremsen.
Die seit dem 1. Juni 2015 in Berlin geltende Mietpreisbremse besagt, dass bei Wiedervermietungen die Miete höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Zahlreiche Ausnahmen, etwa für Neubauten und aufwendig sanierte Gebäude sowie der Bestandschutz für höhere Mieten, die vom Vormieter gezahlt worden sind, machen die Bremse in der Praxis für Mieter oftmals wirkungslos. Hinzu kommt das Problem, dass der neue Mieter bei Vertragsabschluss die zuvor gezahlte Miete nicht kennt.
Bei möblierten Wohnungen kommt die Schwierigkeit hinzu, dass die ortsübliche Vergleichsmiete nicht einfach mit dem Berliner Mietspiegel errechnet werden kann. Die Miete von möblierten Wohnungen darf einen sogenannten Möblierungszuschlag enthalten. Das Landgericht Berlin hat diesen Zuschlag auf die Monatsmiete mit zwei Prozent des Zeitwerts der Möbel beziffert (Landgericht Berlin vom 21. März 2003 – 63 S 365/01). Demnach dürfte eine Wohnung, die für 5000 Euro eingerichtet und möbliert wurde, monatlich um 100 Euro teurer sein als eine unmöblierte. Bei einer 50- Quadratmeter-Wohnung beliefe sich der Zuschlag auf beachtliche 2 Euro pro Quadratmeter. Bei einer Neuvermietung dürfte sie also um 2,20 Euro pro Quadratmeter teurer sein als unmöbliert, ohne die Mietpreisbremse zu verletzen.
Das sind aber theoretische Berechnungen. In der Praxis wird der Möblierungszuschlag nicht im Mietvertrag benannt, und ein Mieter weiß weder, wie teuer die mitgemieteten Möbel bei der Anschaffung waren noch wie alt sie sind. Dazu kommt, dass die Berechnungsmethode des Berliner Landgerichts nicht verbindlich ist. Gesetzliche Regelungen oder höchstrichterliche Entscheidungen gibt es dazu nicht. Daher ist jeder Einzelfall gesondert zu prüfen.
Wenn man vor Gericht gegen eine überhöhte Miete einer möblierten Wohnung vorgehen will, braucht man in der Regel einen Gutachter. Das ist teuer und der Ausgang des Verfahrens ist ungewiss. Die Mietpreisbremse ist bei möblierten Wohnungen also in der Praxis kaum anwendbar. Das wissen Vermieter, und sie nutzen es auch aus.
Auch öffentliche Immobilienunternehmen nehmen es mit dem Geist der Mietpreisbremse nicht so genau. So bietet die landeseigene Berlinovo unter anderem rund 6500 möblierte Apartments zu Warmmieten von 10 bis über 20 Euro pro Quadratmeter an. Die meisten dieser Wohnungen gehören zu den Beständen der ehemaligen Arwobau, die 2013 mit der Berlinovo verschmolzen wurde. Die Arwobau ist seinerzeit in West-Berlin gegründet worden, um vor allem die aus dem Westen der Bundesrepublik angeworbenen Arbeitskräfte vorübergehend oder dauerhaft mit Wohnraum zu versorgen.
In der Kösliner Straße im Wedding bietet die Berlinovo möblierte Apartments mit 30 Quadratmetern zu einer Warmmiete „ab 600 Euro“ an, also zu mindestens 20 Euro pro Quadratmeter. Ohne Betriebskosten dürfte die Nettokaltmiete bei 17 Euro liegen. Wenn dieser Preis der Mietpreisbremse entsprechen soll, müsste die ortsübliche Vergleichsmiete für diese Wohnung 15,45 Euro pro Quadratmeter betragen. Nach dem Berliner Mietspiegel liegt sie für eine Wohnung der hier vorliegenden Größe und Baualtersklasse in einfacher Wohnlage aber bei höchstens 7,27 Euro. Der Möblierungszuschlag müsste hier rechnerisch monatlich 245,40 Euro betragen – was bedeuten würde, dass die Einrichtung einen Zeitwert von 12.270 Euro hat.
Durch die zahlreichen Schlupflöcher, die das Gesetz zur Mietpreisbremse lässt, dürfte diese Miete dennoch rechtmäßig sein, etwa weil schon der Vormieter eine so hohe Miete gezahlt hat. Dass aber der Senat ein landeseigenes Unternehmen bisher nicht dazu verpflichtet, sich den wohnungspolitischen Zielen gemäß zu verhalten, gibt ein außerordentliches schlechtes Vorbild für private Vermieter.
Jens Sethmann
Achtung: Was ist „vorübergehender Gebrauch“?
Vermieter, die es sich ganz einfach machen wollen, versuchen, ihre möblierten Wohnungen zu „Wohnraum für den vorübergehenden Gebrauch“ zu deklarieren. Für diesen gilt die Mietpreisbremse überhaupt nicht. Da möblierte Wohnungen tatsächlich von ihren Mietern häufig nicht als Dauerlösung gesehen werden, erscheint der „vorübergehende Gebrauch“ auf den ersten Blick auch plausibel. Doch damit diese Ausnahme von der Mietpreisbremse wirksam wird, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein: Das Mietverhältnis muss aufgrund besonderer Umstände nach dem Willen beider Vertragsparteien nur auf eine relativ kurze Dauer angelegt sein. Dazu gehört ein „Vertragszweck, der sachlich die Kurzfristigkeit der Gebrauchsüberlassung begründet und so das Mietverhältnis in Übereinstimmung mit seiner kurzen Dauer nur als ein Durchgangsstadium erscheinen lässt“ (OLG Bremen vom 7. November 1980 – 1 UH 1/80(a)). Das Ende muss nicht schon sicher feststehen, aber absehbar sein. Auch bei einem befristeten Mietvertrag ist nicht ohne Weiteres von einem vorübergehenden Gebrauch auszugehen. Typische Beispiele für Mietverhältnisse auf vorübergehende Dauer sind Ferienwohnungen, Monteurzimmer oder Mietverhältnisse für die Dauer einer Messe oder einer Kur – also für kurze Aufenthalte, für die man sich nicht in den Räumen einrichtet. Vermieter können also nicht einfach möblierte Wohnungen gegen den Willen des Mieters zu „Wohnraum für den vorübergehenden Gebrauch“ erklären, um so die Mietpreisbremse zu umgehen.
js
Möbliertes Wohnen – Vom Umgang mit dem Inventar
Wer möbliert wohnt, muss sich nicht um die Einrichtung kümmern. Ein Bett, ein Tisch und die Stühle, ein Schrank und die Küche sind vorhanden. Der Vermieter muss alles instand und funktionsfähig halten. Aber ganz sorglos kann der Mieter mit dem fremden Mobiliar auch nicht umgehen.
„Gehe ich eigentlich bei einer möblierten Wohnung ein größeres Risiko ein, was Renovierung und Schadensersatz betrifft?“, fragt ein Ratsuchender unsicher seinen Mieterberater. Diese Frage dürften sich auch viele andere stellen, die zum ersten Mal eine möblierte Wohnung beziehen.
„Zunächst gilt hier der gleiche Grundsatz wie für jede andere Mietwohnung“, erklärt Frank Maciejewski vom Berliner Mieterverein (BMV). „Der Vermieter hat hinzunehmen, was durch übliches Wohnen abgenutzt wird oder kaputt geht.“ Der vertragsgemäße Gebrauch, so regelt es Paragraf 538 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), kann zu Veränderungen und auch Verschlechterungen der Mietsache führen, die dem Mieter nicht anzulasten sind. Der Kratzer im Parkett, der Fettfleck an der Wand über dem Herd, die schief hängende Schranktür müssen vom Vermieter repariert werden. Unsachgemäßer Umgang oder gar schuldhaftes Verhalten eines Mieters dagegen gehen jedoch auf dessen Rechnung.
Die Beweislast, also der Nachweis, wer den Schaden verursacht hat, liegt auf Seiten des Antragstellers – und damit wohl meist beim Vermieter, weil der den Schaden ja ersetzt haben will. Aber da es für befristete Mietverträge nur einen eingeschränkten Kündigungsschutz gibt, dürfte der Mieter bei etwaigen Streitigkeiten eher den Kürzeren ziehen: Entweder er gibt nach, zahlt und kann bleiben – oder er widersetzt sich und muss sich im schlimmsten Fall eine andere Wohnung suchen. Bisher, so Maciejewski, gebe es so gut wie keine Urteile zu Rechtsauseinandersetzungen über Schadensfälle in möblierten Wohnungen. Das jedoch könnte sich ändern – vor allem mit der stetig steigenden Zahl von befristeten oder auch unbefristeten Mietverhältnissen in möbliertem Wohnraum.
Was eine Wohnung zur möblierten Wohnung macht, ist indessen nicht definiert. Allenfalls gilt, dass mindestens die Hälfte der für eine Haushaltsführung erforderlichen Einrichtungsgegenstände vorhanden sein sollen – eine recht vage Beschreibung. Garderobe, Schrank, Tisch und Stühle, eine Sitzecke im Wohnzimmer, Lampen, Gardinen und Bettwäsche gehören im Wesentlichen dazu, meist auch eine gebrauchsfähige Einbauküche mit Herd und Kühlschrank. Weitere Elektrogeräte wie Espressomaschine und Geschirrspüler sind ebenfalls durchaus üblich, und nicht selten sind die Wohnungen auch mit diversen elektronischen Unterhaltungsgeräten ausgestattet. Maciejewski weist auf die damit verbundenen Risiken hin: „Man sollte sich unbedingt die Gebrauchsanweisungen aushändigen lassen und sie auch durchlesen.“ Wer Geräte durch falsche Bedienung beschädigt, muss für deren Reparatur oder für Ersatz aufkommen.
Neben allen Gebrauchsanweisungen, auf die ein Mieter ein Anrecht hat, rät der Mietrechtsexperte auch dringend, auf einem Übergabeprotokoll beziehungsweise einer Inventarliste zu bestehen. Da sollten alle Einrichtungsgegenstände dokumentiert und deren Zustand festgehalten sein: „Es hilft im Streitfall auch, wenn man Fotos vorzeigen und Zeugen beibringen kann, die bestätigen, wie eine Wohnung und ihre Einrichtung übernommen wurde.“
Eine Fotodokumentation ist auch von Vorteil, wenn man die Wohnung umräumt und sie beim Auszug wieder in den ursprünglichen Zustand versetzen möchte. Den Sessel in eine andere Ecke, dafür ein eigenes Regal aufstellen oder gar den Esstisch austauschen, das darf der Mieter durchaus, wenn er das ursprüngliche Möbelstück sicher und geschützt unterstellt, so dass es keinen Schaden nimmt und bei Vertragsende der alte Zustand wieder hergestellt werden kann.
Rosemarie Mieder
Wann abgewohnt?
Wird ein Einrichtungsgegenstand durch Mieterverschulden unbrauchbar, so muss er für den Schaden in Höhe des Zeitwertes aufkommen. Der Vermieter kann im Regelfall also nicht den Neupreis verlangen, sondern muss sich einen Abzug „neu für alt“ gefallen lassen (Kammergericht vom 9. Juni 2005 – 8 U 211/04). Die Höhe des Abzuges richtet sich nach der normalen Lebensdauer der beschädigten Sache; für einen geringeren Abzug ist der Vermieter beweispflichtig. Ist beispielsweise bei einer 20 Jahre alten Schrankwand kein messbarer Vermögenswert mehr da, entfällt die Ersatzpflicht des Mieters ganz (Landgericht Düsseldorf vom 28. Mai 1009 – 21 S 438/97). Entsprechendes gilt bei einer 25 Jahre alten Einbauküche, so dass der Mieter bei Beschädigung oder Entfernung nicht auf Schadensersatz haftet (Landgericht Berlin vom 21. Mai 2001 – 62 S 13/01).
rm
Möbliertes Wohnen – Schlafburschen, Dienstmädchen und möblierte Herren
Der Zustrom Arbeitssuchender vom Lande bewirkte in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein immer engeres Zusammenrücken in den Mietskasernen im Norden, Nordosten und Osten Berlins. Um sich überhaupt noch eine Wohnung leisten zu können, nahmen die Armen in ihren ohnehin überbelegten Zimmern sogenannte Schlafburschen und Schlafmädchen auf. Die Bessergestellten vermieteten an „möblierte Herren“.
Die erste Berliner Volkszählung im Jahre 1861 offenbarte erschreckende Zustände in den Wohnvierteln der Arbeiter: Ein Zehntel der Bevölkerung hauste in Kellerwohnungen. Fast die Hälfte der Wohnungen hatte nur ein beheizbares Zimmer, das durchschnittlich mit 4,3 Personen belegt war. Rund 27.600 Menschen wohnten zu siebt, 18.400 zu acht und 10.700 zu neunt in einem Zimmer. In manchen Kleinwohnungen lebten 20 und mehr Menschen.
Diese verließen sehr früh am Morgen die Wohnung, um zwölf und mehr Stunden in der Fabrik zu arbeiten. Um sich überhaupt eine Wohnung leisten zu können, vermieteten sie ihre Betten beziehungsweise Strohsäcke – und die ihrer Kinder – tagsüber an noch ärmere Leute, die nachts arbeiteten und am Tag schliefen. 1871 waren 45 000 Berliner Familien gezwungen, solche Schlafstellen anzubieten. Die Statistik zählt 60.574 Schlafburschen und 19.124 Schlafmädchen, das waren acht Prozent der Einwohner von Berlin.
Das Berliner Städtische Jahrbuch berichtete 1874 von einer dreiköpfigen Familie, die in ihrer aus Stube, Kammer und Küche bestehenden Wohnung Schlafstellen an zwölf Personen beiderlei Geschlechts vermietet hatte. Ein Haushalt hatte sogar 34 Schlafgänger. 1876/1877 stieg der Anteil der Schlafleute auf rund 22 Prozent der Gesamtbevölkerung der Stadt. Von den Zimmerleuten und Maurern, die zum großen Teil aus der weiteren Umgebung kamen, war fast die Hälfte auf solche Unterkünfte angewiesen.
Die Schlafburschen und Schlafmädchen durften in der Regel nur die ihnen zugewiesenen Betten und die Toilette benutzen, nicht jedoch die Küche und die „gute Stube“. Manchmal wurden sogar die Bereiche der Wohnung, die sie nicht betreten durften, mit Kreide markiert. Die „Aftermieter“ schlossen einen schriftlichen, oft aber auch nur einen mündlichen Mietvertrag mit dem Hauptmieter, der ihnen jederzeit kündigen konnte.
Nicht viel besser als den Schlafleuten ging es den Dienstboten in den herrschaftlichen Haushalten, wo das Wohnen Bestandteil des Arbeitslohnes war. Die Dienstmädchen schliefen meist in einem Bett auf dem Korridor oder auf dem stickigen Hängeboden neben der Küche. Dorthin gelangte man nur mit einer Leiter, aufrecht stehen konnte man nicht. Rechtliche Regelungen für die Wohnverhältnisse der Dienstboten gab es nicht. Als später der Hängeboden bei Neubauten verboten wurde, schlief das Dienstmädchen oft in der Badestube auf einer Bettstelle, die abends aufgeklappt wurde.
Auch alleinstehende Frauen aus dem Bürgertum nutzten die grassierende Wohnungsnot in der Mitte des 19. Jahrhunderts, um ihre Witwenrenten aufzubessern. Private Zimmervermieterinnen durften bis zu drei Räume „mit Frühstück“ vermieten, was darüber hinausging, galt als Pensionsbetrieb. Beide Formen der Vermietung unterlagen keinen speziellen gewerblichen oder rechtlichen Bestimmungen. Die „möblierten Herren“ hießen offiziell Chambregarnist, Einmieter oder Zimmerabmieter. Und natürlich nutzten auch Frauen und Studierende diesen Service.
Die Einschränkungen bei dieser Form des Wohnens waren erheblich: Die Politur der Betten, Tische und Stühle war zu schonen, das Bad zwischen sieben und halb acht wassersparend zu nutzen. Hausschuhe waren Pflicht, damit der Teppich nicht abgelaufen wurde, elektrische Warmwasserbereiter verboten, Damen- oder Herrenbesuche waren – wenn überhaupt – nur bis 22 Uhr gestattet. Und getrickst wurde bereits damals: „Es genügt nicht, gut eingerichtete Zimmer zu vermieten, sie müssen auch gut eingerichtet bleiben, wenn sie von den Mietern bezogen werden; es dürfen nicht, wie es oft geschieht, vor dem Tage des Einzuges der Pensionäre Möbelstücke herausgenommen werden“, forderte die Frauenrechtlerin Eliza Ichenhäuser 1897. „Nach Ankunft in Berlin wollte ich in der Nähe der Universität ein möbliertes Zimmer mieten, aber der Lärm auf der Straße, die Treppenaufgänge mit mangelhafter Beleuchtung, der Zustand der Wohnungen, die Gerüche, meist auch die Wirtinnen in Berlin-Nord, haben mich in die Flucht geschlagen“, berichtete 1916 entmutigt eine Studentin.
Der Morgenkaffee war in der Miete inklusive, die monatlich im Voraus zu entrichten war. Ein „fünf Schritte langer Raum“, der gerade Platz für ein Bett bot, kostete zum Beispiel zwölf Mark im Monat. Die Bewohner möblierter Stuben hatten mündliche Mietverträge, die zum 15. eines Monats gekündigt werden konnten.
Vermieterinnen beschwerten sich häufig über aus ihrer Sicht ungeratene „Aftermieter“ und führten schwarze Listen mit den Namen von Mietprellern. Andererseits wiederum achteten auch die Eltern und Lehrer der jungen Untermieter auf den Leumund der Vermieterinnen. Direktor „Zeus“ in Heinrich Spoerls „Feuerzangenbowle“ zum „Schöler“ Hans Pfeiffer: „Ein Schüler hat keine Bude, sondern ein Zimmer bei anständigen, rechtschaffenen Leuten!“
Immer wieder werden Forderungen laut, das „unkontrollierte Zusammenleben“ und damit die Belegungsdichte der Wohnungen zu verringern – aus hygienischen und „moralisch-sittlichen“ Gründen. 1862 wird der „Bebauungsplan der Umgebungen Berlins“ („Hobrecht-Plan“), verabschiedet. Aus der Mietskaserne wird das Berliner Mietshaus. In den größeren Wohnungen muss jedes Zimmer einen direkten Ausgang zum gemeinsamen Korridor haben – für die Weitervermietung. Ende 1880 wird eine Polizeiverordnung erlassen, die verfügt, dass die Geschlechter in den Wohnungen zu trennen seien. Jedem Erwachsenen müssen mindestens 5 Quadratmeter Fußboden und 10 Kubikmeter Luft zur Verfügung stehen. Kinder sollen mit einem Drittel des Luftraums auskommen, Halbwüchsige mit zwei Dritteln. Trotzdem: Die Überbelegung blieb, denn nur mit der Untervermietung von Schlafstellen und der Nutzung von Räumen für die Heimarbeit konnten sich die Armen ein Minimum an Wohnraum finanzieren.
Rainer Bratfisch
Buchtipp: Märchen über eine graue Vorzeit
Die Kinder Albrecht und Luise wohnen mit ihrer Mutter in einer Altbauwohnung mit Außentoilette irgendwo in Berlin. Über ihnen, unter dem Dach, lebt der alte Herr Schumpeter, der noch nicht einmal elektrischen Strom hat. Er erzählt den Kindern äußerst anschaulich von den Schlafburschen und Schlafmägden früherer Zeiten, die tagsüber ein Bett zum Schlafen mieteten, da sie sich keine eigene Wohnung leisten konnten. Was für die Kinder wie ein Märchen aus grauer Vorzeit klingt, wird bald zur Wirklichkeit: In ihrer Wohnung leben tagsüber fremde Menschen, als Relikte aus vergangenen Zeiten. Deren Leben ist so eintönig, dass die Zeit für sie stehen bleibt. „Sie lebten nur noch nach der Uhr und nicht mehr nach dem Kalender“, so Schumpeter. Aber dieses wunderbare Kinderbuch hat ein Happy End, denn: Das Leben geht weiter …
rb
Möbliertes Wohnen – Luxus für den modernen Nomaden
Hell und modern, funktional und stylisch kommen sie daher – und nicht selten mit Blick über die City der Großstadt: Möblierte Wohnungen der Luxusklasse. Hier steigen Geschäftsreisende, arrivierte Künstler, Wissenschaftler, hohe Beamte und auch jene ab, die als digitale Nomaden um den Globus reisen. Ihnen gemeinsam ist: Sie können den hohen Preis bezahlen.
Noch prangt am Büroturm nahe der Möckernbrücke das Zeichen der Postbank. Aber wenn es nach den Plänen des Eigentümers, einem Leipziger Immobilienunternehmen, geht, könnten schon bald die Bauarbeiten beginnen: Das 1971 fertiggestellte Bürohochhaus soll zu einem „Vertical Village“, einem Dorf im Turm werden. Vorgesehen ist eine Mischung aus Wohnen, Arbeiten, Dienstleistungen, Gewerbe und Restaurants, und neben Mietwohnungen sind auch 320 teilmöblierte Apartments geplant. Die Ein- bis Zweizimmerwohnungen werden einen wunderbaren Blick von weit oben auf die Berliner City bieten und modern und funktional ausgestattet sein: Küche, Garderobe, Schlafzimmerschrank als Raumteiler – auf Wunsch der Mieter werden die Apartments auch komplett eingerichtet. Der Preis solch luxuriösen Wohnens steht noch nicht fest, aber sicher ist: Was immer sie auch kosten werden – sie werden ihre Mieter finden.
„Die Nachfrage nach möblierten Apartments, die für einen längeren Zeitraum zu einem Komplettpreis gemietet werden können, ist in den letzten Jahren enorm gestiegen“, bestätigt Ulrich Kaliner von der landeseigenen Berlinovo Immobilien Gesellschaft mbH. Von den 6500 möblierten Apartments dieses großen Berliner Vermieters sind circa 1000 Apartments besonders luxuriös ausgestattet und befinden sich in nachgefragter Citylage, etwa auf der Fischerinsel, nahe dem Hauptbahnhof oder dem Potsdamer Platz. Vermietet werden die 30 bis 68 Quadratmeter großen Ein- und Zweizimmerapartments unter dem Label „Central Home“ zwischen 620 und 1445 Euro.
Bei einer Auslastung von 92 Prozent ist Leerstand kein Thema. Hier ziehen Geschäftsleute und Manager ein, die für Wochen oder Monate wegen eines Projekts oder eines Firmenumzuges eine Unterkunft brauchen. Auch Unternehmensberater, IT-Spezialisten, Wirtschaftsprüfer, Wissenschaftler, Künstler und Neuberliner, die sich erst einmal nach einer Wohnung umschauen müssen. Kaliner: „Ein Hotelzimmer ist für einen längeren Zeitraum zu unpersönlich und ganz einfach auch zu teuer.“ Bei der Berlinovo unterschreiben die Nutzer einen unbefristeten Mietvertrag, der dem Mieter eine monatliche Kündigungsfrist einräumt und von Vermieterseite in den ersten sechs Monaten nicht gekündigt werden kann. Wer sich für ein solches „Serviced Apartment“ der Luxusklasse entscheidet, will seine Privatsphäre, verbunden mit Vorzügen, die ein gutes Hotel bietet, wie Reinigung und Wäscheservice, durchaus auch die Vermittlung vom Mietwagen oder Theaterkarten. Vor allem aber wird eine anspruchsvolle Ausstattung erwartet.
Auch Christine Kandler, Geschäftsführerin von Crocodilian, einer Berliner Agentur, die seit elf Jahren Apartments von privaten Vermietern für Wohnen auf Zeit vermittelt, betont die hohen Erwartungen der Kundschaft: „Das darf nicht etwa nach einer gerade leer stehenden Privatwohnung aussehen.“ Modernes skandinavisches Design, ein schönes Bad, die Küche mit besten Geräten ausgestattet und schneller Internetzugang sind Standard. „Unsere Kunden sind meist jünger, kommen aus unterschiedlichen Ländern und haben schon an vielen Orten gewohnt.“
„Urban nomads“ werden sie genannt, städtische Nomaden, die überall dort arbeiten können, wo sie einen schnellen Internetzugang haben – sei es in Hongkong, Tel Aviv oder Berlin. Seit die deutsche Hauptstadt sich zu einem Habitat für junge Unternehmen in der digitalen Wirtschaft entwickelt hat, lässt sich hier auch viel Geld verdienen. „Und wenn jemand beispielsweise aus London kommt, dann ist es für den nicht außergewöhnlich, bis zu 2000 Euro für ein Apartment zu zahlen“, so Christine Kandler.
Klicks auf Internetplattformen wie Homelike oder Wunderflats zeigen allerdings, dass auch dies in Berlin längst keine Spitzenpreise sind. So kosten die 45 Quadratmeter großen „Executive Apartments“ an der Friedrichstraße, nahe den Linden und dem Brandenburger Tor beispielsweise monatlich 3450 Euro. Christine Kandler: „Derzeit schießen die Anbieter im Netz wie Pilze aus dem Boden.“
So steht am Frankfurter Tor ein Apartmenthaus unmittelbar vor der Fertigstellung, in dem es nach Auskunft des Investors – der internationalen Cresco Capital Group – 567 sogenannte Mikroapartments vorwiegend für diesen mobilen Kundenkreis geben wird. Ausgestattet mit einem attraktiven Inventar, großzügigen Lobbyflächen sowie Einzelhandel und Gewerbe sollen die 20 bis 25 Quadratmeter großen Wohnungen – nach bisherigen Veröffentlichungen – um die 20 Euro pro Quadratmeter warm kosten. Nicht zuletzt auch wegen dieser Preise stand das neue Quartier im Bezirk in der Kritik. Mittlerweile werden aber auch schon in Studentenwohnheimen Mietpreise bezahlt, die – gemessen an durchschnittlichen Wohnungen – exorbitant sind: Standard-Wohnungen mit Größen von 17 bis 20 Quadratmetern in einem Kreuzberger Haus kosten mehr als 700 Euro monatlich.
Im Studentendorf Adlershof, betrieben von einer Genossenschaft und ausgestattet mit vielen Extras wie Kita, Garten, Fitnessstudio und Waschsalon, sind für die möblierten Einzimmerapartments von 22 Quadratmetern Größe 450 Euro pro Monat zu zahlen. Selbst wenn die Betriebskostenpauschale inbegriffen ist, sind das 20,45 Euro pro Quadratmeter – ein stolzer Preis.
Rosemarie Mieder
Co-Living
Auf „Zeit online“ war zu lesen: „In dieser WG werden nicht Putzpläne, sondern Businesspläne zusammen geschrieben.“ Im Blick hatten die Autoren „Co-Living“, eine Wohnform für den modernen urbanen Nomaden. Die Idee ist, eine Büro- und Wohngemeinschaft unter einem Dach zu vereinen, die Mauer zwischen Arbeit und Privatleben niederzureißen und Kreativität, Austausch und Gemeinschaft zu ermöglichen. Co-Living hat seinen Ursprung in Kalifornien, wo 2006 eines der ersten derartigen Wohnprojekte gegründet wurde. Der neue Trend zum Mix aus Büro- und Wohngemeinschaft ist mittlerweile auch in bundesdeutschen Großstädten angekommen.
rm
10.07.2019