Zum vierten Mal in diesem Jahr hat der Berliner Mieterverein (BMV) zu einem wohnungspolitischen Forum eingeladen. Am 1. Oktober ging es um den Skandal, dass viele tausend Wohnungen in Berlin leer stehen – trotz Wohnungsmangel und trotz Zweckentfremdungsgesetz.
Da ist zum Beispiel das seit 15 Jahren komplett leer stehende Eckhaus Stubenrauch-, Ecke Odenwaldstraße. Ingrid Schipper von der Nachbarschaftsinitiative Friedenau schilderte eindringlich, wie sich eine Gruppe von Menschen seit mehr als drei Jahren die Zähne daran ausbeißt, den ungesetzlichen Leerstand endlich zu beenden. Ihr Eindruck: „Gleichgültigkeit“ und eine „sehr zögerliche Haltung“ im Bezirksamt. Das Interesse gelte eher den Ferienwohnungen.
Ebenfalls auf dem Podium: Michael Karnetzki (SPD), Stadtrat für Ordnung, Nahverkehr und Bürgerdienste in Steglitz-Zehlendorf, der kürzlich mit der geplanten Einsetzung eines Treuhänders für das „Geisterhaus“ am Hindenburgdamm für Aufsehen sorgte. Der Stadtrat machte deutlich, wie kompliziert und langwierig ein solches Verfahren ist.
Dr. Klaus-Martin Groth, Rechtsanwalt und ehemaliger Verwaltungsrichter, mahnte bei der Verwaltung mehr Mut an, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Notfalls müsste man auch mal eine Schlappe vor Gericht in Kauf nehmen. Nach seiner Einschätzung gibt es beispielsweise im Fall Habersaathstraße 40-48 keinen Grund, nicht sofort die Wiedervermietung der Wohnungen anzuordnen. Wie im MieterMagazin mehrfach berichtet, will der Eigentümer diese Häuser abreißen und hat den Mietern gekündigt. Mittlerweile stehen fast alle Wohnungen leer. „Wenn, wie hier, ein Abrissantrag vom Bezirk abgelehnt wurde, hat das Einlegen von Rechtsmitteln keine aufschiebende Wirkung“, erklärte Dr. Groth. Teil des Problems sei, dass es zwei maßgebliche Regelwerke gibt: das Zweckentfremdungsgesetz und das Wohnungsaufsichtsgesetz. Die Bezirke seien personell überfordert, zudem lenke die Senatsverwaltung nicht, wie sie das eigentlich müsste: „Die Bezirke sollten um Hilfe schreien“, so Groth.
Karnetzki bestätigte, dass man sich in der Tat mehr Unterstützung vom Senat wünscht. Zwar gebe es seit März 2019 Ausführungsvorschriften über die Treuhänderregelung, aber noch seien viele Fragen offen. „Wir warten händeringend auf ein Rundschreiben von Senatorin Lompscher zum Umgang mit den Schrottimmobilien“, erklärte der Stadtrat. Der stellvertretende Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Sebastian Bartels, der die Veranstaltung moderierte, schloss sich Groths Appell an eine konsequentere Bekämpfung der Zweckentfremdung ausdrücklich an.
Birgit Leiß
www.openpetition.de/petition/online/leerstand-in-friedenau-beenden
23.10.2019