Die Zeiten, in denen Vermieter nur sehr ungern an Wohngemeinschaften vermieteten, sind lange vorbei. Schließlich kann er mittlerweile ohne Probleme 2000 Euro für eine Vierzimmerwohnung bekommen – für Familien meist unbezahlbar. Doch rechtlich ist für Wohngemeinschaften einiges zu beachten, denn es gibt Risiken, wie der Fall einer Weddinger WG zeigt.
Als Mieter hat man nur wenig Einfluss auf die Form des Mietvertrags. Ideal wären spezielle WG-Mietverträge, aus denen hervorgeht, dass die Mitbewohner beliebig wechseln – ohne Genehmigung durch den Vermieter. In der Praxis sind solche Vereinbarungen jedoch höchst selten. Zum Glück gibt es seit einigen Jahren eine recht mieterfreundliche WG-Rechtsprechung. Demnach gilt: Sofern der Vermieter bei Vertragsabschluss wusste, dass er nicht mit mehreren Einzelpersonen, sondern mit einer WG den Vertrag abschließt, besteht ein Anspruch auf Auswechslung eines Hauptmieters (LG Berlin vom 11. Januar 2017 – 65 S 375/16).
Die vier Studierenden aus der Dubliner Straße 8 wähnten sich daher auf der sicheren Seite und können es bis heute nicht fassen, was ihnen widerfahren ist. Seit 2010 wohnten sie in der 120 Quadratmeter großen Wohnung. Mit der alten Hausverwaltung gab es nie Probleme. Doch die neue Eigentümerin mahnte die Mieter Ende 2015 wegen unerlaubter Untervermietung ab und kündigte schließlich. Das Amtsgericht Wedding kam zu dem überraschenden Schluss, dass es sich gar nicht um eine Wohngemeinschaft, sondern um eine „Mehrzahl von Personen“ handele (AG Wedding vom 21. Juli 2017 – 16 C 341/15). Eine Vermietung an vier Personen lasse nicht automatisch auf eine WG schließen. Es lägen keinerlei Hinweise vor, dass dem Vermieter bei Vertragsabschluss bekannt war, dass alle vier Zimmer getrennt bewohnt werden sollten und dass weder Verwandtschaftsverhältnisse noch Partnerschaften vorlagen, so die Richter. Daher gebe es auch keinen Anspruch, die Mitbewohner ohne Genehmigung durch den Vermieter auszuwechseln. „Eine völlig absurde Sichtweise, was sollen wir denn sonst sein als eine Wohngemeinschaft?“, meint einer der Mieter: „Aber wir hatten gehofft, dass wir das vor dem Landgericht richtig stellen können.“ Doch die 67. Zivilkammer des Landgerichts wies die Berufung in einem Beschluss wegen mangelnder Aussicht auf Erfolg ab (LG Berlin vom 19. Dezember 2017 – 67 S 245/17). Eine Verhandlung fand also nicht mehr statt.
Das Problem: Eine Regelung im Mietvertrag, wonach jede Gebrauchsüberlassung einer Genehmigung bedarf. Diese Regelung stünde – so das Gericht – einem Anspruch auf Auswechseln entgegen. Anfang August wurden die vier Mieter unter Protest vieler Unterstützer zwangsgeräumt.
Um solche Fälle zu vermeiden, empfiehlt Frank Maciejewski, Rechtsexperte beim Berliner Mieterverein, darauf hinzuwirken, dass im Mietvertrag eine entsprechende Formulierung festgehalten wird, etwa: „Die WG besteht derzeit aus folgenden Mietern …“ Das deute auf eine dynamische Zusammensetzung der Mieter hin.
Möglichkeiten der Vertragsgestaltung
Grundsätzlich gibt es unterschiedliche Möglichkeiten der Vertragsgestaltung. Oft sind alle Mitbewohner Hauptmieter. Nachteil: Der Mietvertrag kann dann nur gemeinsam aufgelöst werden. Zudem sind dann auch alle gegenüber dem Vermieter zur gesamten Mietzahlung verpflichtet und müssen gegebenenfalls für Schäden oder Vertragsverletzung durch die Mitbewohner geradestehen. Die zweite Möglichkeit: Einer wird Hauptmieter und lässt sich eine generelle Untermieterlaubnis erteilen. Dann können die neuen Mitbewohner ohne weitere Genehmigung ausgetauscht werden. Dem Vermieter müssen lediglich die Namen mitgeteilt werden. Das Problem hier wiederum: Der Hauptmieter hat dann zwar alle Rechte, aber auch alle Risiken, etwa bei Schäden oder Mietrückständen. Kündigt er die Wohnung, müssen auch die anderen ausziehen.
Birgit Leiß
Mit Vertrag fährt die GbR besser
Von einer Wohngemeinschaft spricht man im Mietrecht, wenn sich zwei oder mehrere Personen eine Wohnung teilen, ohne eine Lebensgemeinschaft zu bilden. Juristisch handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Der Berliner Mieterverein empfiehlt, wichtige Grundsätze des Zusammenlebens in einer WG-Vereinbarung festzuhalten. Auch ein Ausschluss des Kündigungsrechts des Hauptmieters gegenüber den Untermietern kann darin vereinbart werden.
bl
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26.05.2022