Ein Wohnungsunternehmen ignoriert Duldungsverweigerungen, beginnt stattdessen mit Dämmarbeiten und hat nun einstweilige Verfügungen auf dem Tisch. Im Gegenzug erstattet es Strafanzeige wegen eines ausgehängten Fensterflügels. Der Konflikt in einer Siedlung des Immobilienunternehmens Vonovia (vormals: Deutsche Annington) spitzt sich zu.
Ein Kompromiss schien im Sommer diesen Jahres möglich: Anwohner der Schmargendorfer Siedlung um Orber, Charlottenbrunner und Salzbrunner Straße hatten sich gegen angekündigte Modernisierungsmaßnahmen zur Wehr gesetzt, und ihre Vermieterin Vonovia hatte auch tatsächlich von einigen Umbauten abgesehen. Dann aber spitzte sich der Konflikt zu. Besonders eine Dämmung – 12 Zentimeter Styropor auf 50 Zentimeter dicke Außenwände – hatten die Mieter abwehren wollen, ebenso den Austausch ihrer gut erhaltenen Holzfenster gegen Kunststofffenster mit breiteren Rahmen und damit kleineren Scheiben. Das Ergebnis einer solchen Modernisierung wäre alles andere als effizient, so die ärgerlichen Mieter: dunklere Innenräume, mehr Miete, womöglich Schimmel an den Wänden und eine zweifelhafte Energieeinsparung, die nie wirklich belegt werden konnte. Roswitha R. und andere Mieterinnen und Mieter hatten die Baumaßnahmen nicht geduldet. Roswitha R.: „Aber wir sind von der Vermieterseite einfach nicht beachtet worden.“ Vonovia begann mit den Dämmarbeiten, und die entsetzten Mieter konnten erst einmal nur zusehen.
„Die Vermieterin macht hier wirklich keine gute Figur“, bestätigt auch Rechtsanwalt Christoph Müller. „Da wurde sowohl skrupellos wie auch dilettantisch vorgegangen.“ Das hätten nun alle mietrechtlichen Verfahren am Amtsgericht Charlottenburg bestätigt: In jedem Streitfall sei eine einstweilige Verfügung ausgesprochen worden. Und die bedeutet erst einmal: Baustopp bei den betreffenden Wohnungen.
Allerdings liegt inzwischen auch eine Strafanzeige von Vonovia gegen einen der Mieter auf dem Tisch: Thomas T. hatte die künftige Sichtbehinderung vor Gericht eindrucksvoll belegen wollen, für den Zweck die Scheiben entsprechend abgeklebt und einen Fensterflügel einfach mit zur Gerichtsverhandlung genommen. Das sei Diebstahl, beschuldigte ihn die Vermieterin. „Jetzt wird es auch noch skurril“, erklärt Anwalt Müller dazu.
Rosemarie Mieder
02.01.2018