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Mieter haben ein Recht darauf, in ihrer Wohnung ungestört zu leben. Deshalb können sie sich gegen unzulässigen Lärm wehren. Nicht jedes Geräusch ist verboten. Überempfindliche müssen gegebenenfalls störende Geräusche hinnehmen. Etwas anderes gilt nur, wenn sie vorübergehend schwer erkrankt sind. Ein Geräusch ist erst dann unzulässig, wenn es ein normal empfindlicher Durchschnittsmensch nicht mehr erträgt, es sei denn, es ist ortsüblich oder unvermeidlich.
Beispiel: Anwohner einer verkehrsreichen Straße werden Lärm erdulden müssen, den Besitzer einer Wohnung in einer ruhigen Nebenstraße nicht hinzunehmen brauchen.
Bei Lärmbelästigungen sollten Mieter grundsätzlich die zwei Wege zur Abhilfe im Auge behalten.
- Einmal ist Lärm von einiger Erheblichkeit ein Mietmangel. Prüfen Sie Ihre mietrechtlichen Gewährleistungsrechte (siehe Info Nr. 12 und Info Nr. 79)! Daneben sind möglicherweise besondere mietvertragliche Vereinbarungen zu beachten.
- Zum anderen werden die Bürger – nicht nur die Mieter – in Berlin durch das Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin (LImSchG Bln) in der Fassung vom 05.12.2005 geschützt (siehe weiter unten). Die Einhaltung des LImSchG Bln überwachen die Bezirksämter sowie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz.
Einzelfälle:
Aufzug: Lärmbelästigungen durch eine Aufzugsanlage müssen durch geeignete Maßnahmen auf das entsprechend heutigen Schutzbestimmungen zulässige Maß verringert werden (AG Schöneberg WuM 82, 183).
Badewanne: Auch nach 22.00 Uhr darf der Mieter baden – allerdings höchstens 30 Minuten (OLG Düsseldorf WuM 91, 288). Zum üblichen Verhalten gehört auch das Betätigen der Wasserspülung und das Laufenlassen von Wasser. Die damit verbundenen Geräusche berechtigen selbst dann nicht zur Mietminderung, wenn sie nach 22.00 Uhr auftreten (AG Münster WuM 83, 236).
Baulärm: Lärm von einer Baustelle berechtigt den Mieter auch dann zur Mietminderung, wenn der Vermieter die Störung dulden muss, ohne dass ihm dafür eine Ausgleichszahlung durch den Nachbarn zusteht (BayObLG RE WuM 87, 112; LG Hannover WuM 86, 311; LG Göttingen WuM 86, 114). Siehe auch zur Geräte- und MaschinenlärmschutzVO unter dem Stichwort „Rasenmähen“.
Bohrmaschine: Der Einsatz von Bohrmaschinen ist heute für viele selbstverständlich geworden. Der damit verbundene Lärm muss von den übrigen Bewohnern hingenommen werden, wenn die allgemeinen Ruhezeiten (nach der Geräte- und MaschinenlärmschutzVO; siehe unter dem Stichwort „Rasenmähen“) eingehalten werden.
Familienfeiern: Der Mieter ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass bei Familienfeiern auf die Interessen der Nachbarn die erforderliche Rücksicht genommen wird. Insbesondere muss ab 22.00 Uhr auf die Einhaltung der Nachtruhe geachtet werden. Übermäßiger Partylärm ist vertragswidrig und berechtigt den Vermieter, dem Mieter nach einer erfolglosen Abmahnung fristlos zu kündigen (AG Köln WuM 87, 21; WuM 74, 150).
Aber: (Garten-)Feste, die sich in üblichem Umfang halten, müssen von den Nachbarn hingenommen werden (LG Frankfurt WuM 89, 575). Bei besonderen Anlässen ist es auch zumutbar, dass Mitmieter einmal gestört werden (AG Bremen WuM 57, 185). Diese Störungen müssen aber auf Ausnahmefälle beschränkt sein (Hochzeit, Silvester- oder Karnevalsfeier); außerdem ist ein Ausdehnen der Feier bis in die frühen Morgenstunden ohne Rücksicht auf die Nachbarn unzulässig (AG Bremen WuM 57, 185). Hier kann sogar ein Bußgeld verhängt werden (OLG Düsseldorf WuM 90, 116). Es gibt kein allgemeines Recht, einmal im Monat die Nachtruhe der Nachbarn stören zu dürfen (OLG Düsseldorf WuM 90, 116). In jedem Falle sollte man, wenn man Feste feiern möchte, vorher mit seinen Nachbarn sprechen.
Fluglärm: In der Nähe eines Flughafens ist Fluglärm ortsüblich und deshalb hinzunehmen. Allerdings hat das Landgericht Kiel (WuM 79, 128) entschieden, dass bei der Festsetzung der ortsüblichen Vergleichsmiete ein Abschlag von 10 Prozent vorgenommen werden muss, wenn die Wohnung bei starkem Fluglärm beeinträchtigt wird (ähnlich LG Wiesbaden WuM 81, 164; vgl. auch LG Berlin GE 89, 509 und GE 96, 327).
Garage: Führt das Öffnen des Garagentores zur Störung der Nachtruhe, darf die Garage von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr nicht benutzt werden (OLG Düsseldorf WuM 91, 438).
Gaststätten und Diskotheken: Unzureichende Schallschutzmaßnahmen berechtigen den Mieter zur Mietminderung (AG Rheine WuM 85, 260). Der Betrieb in Biergärten, insbesondere auch Musikdarbietungen, kann eingeschränkt werden und ist nach 22.00 Uhr regelmäßig unzulässig. Nächtlicher Lärm (ab 22.00 Uhr) von abfahrenden Diskotheken-Besuchern, hervorgerufen durch Schlagen von Autotüren, Anfahrvorgängen, lautes Gelächter und Gespräche auf der Straße, muss von den Nachbarn nicht hingenommen werden. Es sei denn, dieser Lärm ist in dem Wohngebiet allgemein üblich oder der Betreiber der Gaststätte hat eine öffentlich-rechtliche Ausnahmegenehmigung. Notfalls muss der Gastwirt den Betrieb schon ab 21.30 Uhr einstellen (OLG Frankfurt DWW 85, 208). Bei erheblichen Lärmbelästigungen können Mieter sich auch an das Umweltamt wenden und auf diesem Weg für eine Verlängerung der Sperrzeit sorgen. Bei einer Abwägung zwischen dem Ruhebedürfnis der Mieter und den wirtschaftlichen Interessen des Gastwirts geht die ungestörte Nachtruhe des Mieters vor. Eine Vorverlegung der Sperrstunde, beispielsweise auf 22 Uhr, ist möglich (Bay VGH DWW 89, 172; VGH Baden-Württemberg DWW 86, 297).
Gegen Gewerbelärm kann man durch Einschalten des Umweltamtes vorgehen und u.U. Maßnahmen fordern, die nach dem Stand der Technik die Lärmbenachteiligungen beseitigen, sie müssen aber wirtschaftlich vertretbar sein. Solange ein Genehmigungsverfahren, zum Beispiel für eine Baugenehmigung, noch läuft, können die Eigentümer von Nachbargrundstücken, nicht aber Mieter (str.), hiergegen Einspruch erheben. Auch Mieter haben aber zivilrechtliche Unterlassungs- und Abwehransprüche.
Hundegebell: Wenn ein Hund in der Nachbarschaft gelegentlich bellt, so ist dies zumutbar (AG Hamburg-Wandsbek 716 C 114/90). Zieht sich das Gebell über mehrere Stunden oder den ganzen Tag, so muss es nicht hingenommen werden, auch nicht bei einem Wachhund (OLG Düsseldorf WuM 90, 400). Ein Hundebesitzer, der etwa seinen großen Schäferhund in einer Wohngegend den ganzen Tag über bellen lässt, kann sogar bestraft werden wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit ruhestörendem Lärm (so AG Hannover ZMR 65, 223).
Jahrmärkte, Festwiesen und Straßenfeste: Während im Regelfall die allgemeine Sperrzeit von Gaststätten erst um 5.00 Uhr morgens beginnt, muss Lärm und Musik auf Jahrmärkten, Rummelplätzen, bei Kirmesveranstaltungen usw. schon um 22.00 Uhr zu Ende sein (vgl. BGH WuM 90, 252). Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz kann von diesem Grundsatz allerdings Ausnahmen zulassen.
Kinderlärm: Schreit ein Säugling in der Nacht, so ist es nur dann eine erhebliche Belästigung, wenn die Mutter daran schuld ist (LG Berlin JR 53, 24). Der Lärm spielender Kinder muss in gewissem Umfang von jedem Hausbewohner hingenommen werden (LG München WuM 87, 121; AG Hannover WuM 87, 218), selbstverständlich dürfen Kinder in einer Wohnung spielen und dabei lachen, weinen und schreien. Allerdings müssen die Eltern, insbesondere während der allgemeinen Ruhezeit – mittags von 13.00 bis 15.00 Uhr und abends ab 22.00 Uhr bis zum nächsten Morgen 7.00 Uhr – darauf achten, dass Mitbewohner nicht unzumutbar gestört werden (siehe auch Info Nr. 95).
Kirchenglocken: Liturgisches Glockengeläute stellt im herkömmlichen Rahmen regelmäßig keine erhebliche Belästigung, sondern eine zumutbare, sozialadäquate Einrichtung dar. (BVerwG BBauBl 96, 962). Etwas anderes gilt für das Schlagen der Turmuhr: In der Nachtzeit darf eine Kirchturmuhr in Wohngebieten nicht mehr die Stunde schlagen, wenn sie eine bestimmte Lautstärke überschreitet (BVerwGE 90, 164).
Musizieren: (siehe Info Nr. 94)
Radio und Fernsehen: Dürfen nur so laut eingestellt werden, dass sie die Mitbewohner nicht objektiv unzumutbar stören (vgl. § 5 LImSchG Bln).
Rasenmähen: Am 6. September 2002 ist die neue Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung (32. BImSchV) in Kraft getreten (BGBl. I, Seite 3478. Die neuen Bestimmungen gelten insbesondere für Baumaschinen und Kommunalmaschinen, aber auch für motorbetriebene Gartengeräte wie Rasenmäher, Rasentrimmer, Kantenschneider, Freischneider, Heckenscheren, Laubbläser, Laubsammler, Motorkettensägen, Motorhacken, Vertikutierer und Schredder. Diese Geräte dürfen in Wohngebieten an Sonn- und Feiertagen nicht betrieben werden. An Werktagen gilt das Betriebsverbot von 20.00 Uhr bis 7.00 Uhr. Für Freischneider, Grastrimmer, Graskantenschneider, Laubbläser und Laubsammler gilt darüber hinaus ein Betriebsverbot auch an Werktagen in der Zeit von 7.00 bis 9.00 Uhr, 13.00 bis 15.00 Uhr und 17.00 bis 20.00 Uhr. Ausgenommen von diesen Beschränkungen sind Geräte und Maschinen, die mit bestimmten Umweltzeichen der Europäischen Union gekennzeichnet sind und damit als lärmarm gelten.
Spielplätze: Lärm und Geräusche von einem herkömmlichen Kinderspielplatz müssen hingenommen werden. Spielplätze – auch in reinen Wohngebieten – sind nicht nur zulässig, sondern geboten, um den Kindern gefahrlose Spielmöglichkeiten in zumutbarer Entfernung ihrer Wohnung zu schaffen (OVG Koblenz WuM 85, 378; VG Münster WuM 83, 176). Gleiches gilt auch für einen Bolzplatz. Das OVG Münster (WuM 87, 269) erklärte hierzu wörtlich: „Junge Menschen müssen sich austoben können; die dabei gezeigten Lebensäußerungen, auch die erzeugten Geräusche, sind grundsätzlich allen anderen Menschen zumutbar. Wer Kinderlärm als lästig empfindet, hat selbst eine falsche Einstellung zu Kindern …“ Es dürfen aber die Interessen der Anlieger nicht völlig unberücksichtigt bleiben. Das Gebot der Rücksichtnahme muss beachtet werden, alles andere wäre rücksichtslos. Das OVG Münster fordert daher Nebenbestimmungen für Bolzplätze, zum Beispiel Begrenzung des Personenkreises, der den Spielplatz benutzen darf oder Regelungen der Öffnungszeiten. Auch bei einer Jugendfreizeitstätte müssen die Anwohner in der Zeit bis 22.00 Uhr etwas mehr Lärm hinnehmen als sonst in einem reinen Wohngebiet (BGH WuM 93, 277).
Staubsauger: Sie sollen grundsätzlich während der Ruhezeit in den Mittagsstunden und in der Nachtzeit nicht in Betrieb genommen werden.
Taxistand: Ein Taxistand, der durch seinen regen Betrieb die Anwohner stört oder gar deren Nachtruhe beeinträchtigt, muss für die Zeit von 21.00 bis 7.00 Uhr verlegt werden (OVG Koblenz DWW 85, 292).
Tennisplätze und andere Sportanlagen: Ein unmittelbar an der Grundstücksgrenze gelegener Fußball- oder Tennisplatz führt zu einer Störung der Wohnruhe und deswegen zu einer Verletzung des Rücksichtsnahmegebots. Zeitlich begrenzte Störungen reichen aus. Hier ist vor allem die besondere Art des Lärms von Bedeutung, zum Beispiel die Impulshaltigkeit der Aufschlaggeräusche und deren Monotonie beim Tennis oder das Treten des Balles, Pfeifen und Zurufe beim Fußball (Bundesverwaltungsgericht baurecht 85, 652; OVG Hamburg baurecht 86, 73).
Verkehrslärm: Jedermann weiß, dass es verboten ist, unnötigen Lärm bei der Benutzung von Kraftfahrzeugen zu machen. Darüber hinaus gibt es aber viele andere Vorschriften zum vorbeugenden Schutz für Anlieger; zum Beispiel können Nachtparkverbote für schwere LKW in Wohngegenden oder andere Verkehrsbeschränkungen angeordnet werden; auch die Einrichtung von verkehrsberuhigten Bereichen und Fußgängerzonen hilft oft den Anwohnern. Schon manch eine Bürgerinitiative hat verkehrsbeschränkende Maßnahmen durchgesetzt.
Waschmaschinen: Während des Tages sind die durch Wasch- oder Spülmaschinen verursachten Geräusche grundsätzlich zumutbar.
Was kann ein Mieter tun, wenn er durch unzulässigen Lärm gestört wird?
- Er kann gegen den vorgehen, der den Lärm verursacht. Hilft ein Gespräch nicht, kann er unter Umständen eine Einstweilige Verfügung beantragen.
- Der Mieter informiert die nach der LärmVO zuständige Verwaltungsbehörde. Die Verwaltungsbehörde kann zum Beispiel die störende Musikanlage in einer Diskothek so verplomben, dass sie nicht mehr zu laut eingestellt werden kann. Sie kann ein Bußgeld androhen, wenn die Fenster nicht geschlossen gehalten werden usw. In dringenden Fällen (nachts, am Wochenende) kann auch die Polizei gerufen werden. Beruht der Lärm darauf, dass ein Nachbar behördliche Auflagen nicht einhält, kann das Umweltamt eingeschaltet werden; der Mieter kann aber auch selbst direkt gegen den Nachbarn vorgehen (BGH WuM 93, 275).
- Der Mieter muss sich nicht selbst um den Lärm kümmern. Er kann von seinem Vermieter verlangen, dass dieser dafür sorgt, dass der Lärm aufhört. Hierzu ist der Vermieter nach dem Mietvertrag verpflichtet, denn er muss die Wohnung in einem zu dem vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand halten, auch wenn damit hohe Kosten verbunden sind (LG Hamburg WuM 84, 79). Auch hier kann der Mieter sich natürlich vom Mieterverein unterstützen lassen.
- Der Mieter kann die Miete kürzen (siehe Info 12 und Info 79). Eine Minderung um 10 bis 20 Prozent ist zum Beispiel zulässig, wenn er nachts nicht schlafen kann, weil die Musik aus einer Diskothek sehr laut zu hören ist (AG Köln WuM 78, 173; AG Gelsenkirchen WuM 78, 66). Auch bei Wort- und Klopfgeräuschen aus Gaststätten kann die Miete um 11 Prozent gekürzt werden (LG Köln WuM 87, 272).
- Der Mieter kann die Wohnung fristlos kündigen, wenn der Lärm so stark ist, dass er die Gesundheit des Mieters gefährdet (§ 569 Abs. 1 BGB). Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn andauernd aus einer unter der Wohnung liegenden Gaststätte die Nachtruhe gestört wird (AG Kerpen WuM 78, 68).
- Der Mieter kann den Störer auf Schadenersatz verklagen (§ 823 BGB).
Was kann der Vermieter tun, wenn sein Mieter mit unzulässigem Lärm stört?
- Er kann den lauten Mieter auf Unterlassung verklagen.
- Er kann von ihm Schadenersatz fordern, etwa wenn andere Mieter die Miete wegen des Lärms gekürzt haben.
- Er kann dem lauten Mieter kündigen (nach Abmahnung und gegebenenfalls fristlos).
Weitere Informationen
Der Erfolg im Kampf gegen Lärmbelästigungen hängt oft davon ab, dass man im Einzelfall den richtigen Adressaten in Anspruch nimmt (den Störer, den Vermieter, die zuständige Behörde) und dass man bei schwierigen Fällen die Auskunft von Spezialisten zur technischen Beurteilung und zur Lärmmessung einholt.
In Berlin sind für den Vollzug des LImSchG Bln zuständig:
- die 12 örtlichen Bezirksämter und
- die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Abt. Immissionsschutz),
Brückenstraße 6, 10179 Berlin, Tel.: 90 25 – 0
Neben der Rechtsberatung des Berliner Mieterverein e.V. stehen folgende weitere Auskunftsstellen zur Verfügung:
- Deutscher Arbeitsring für Lärmbekämpfung e.V.,Frankenstr. 25, 40476 Düsseldorf, Tel. 0211/488499 (Allgemeine Auskünfte, Organisationsfragen, Zuständigkeiten)
- Gesellschaft für Lärmbekämpfung e.V., Aktionszentrum Umweltschutz,Theodor-Heuss-Platz 7, 14052 Berlin, Tel. 030/3015644 (Allgemeine Auskünfte, Technischer Schallschutz, Öffentlichkeitsarbeit)
- Verein Deutscher Ingenieure – VDI-Kommission Lärmminderung, Postfach 101139,
40002 Düsseldorf, Tel. 0211/62 14-250 (Allgemeine Lärmfragen – Benennung von Sachverständigen)
Sonderproblem: Ruhezeiten
Oft hört man, dass während allgemeiner Ruhezeiten kein Lärm im Mietshaus gemacht werden darf. Was ist darunter konkret zu verstehen?
Jeder Mieter darf „wohnen“, auch wenn das mit Geräuschen verbunden ist. Allerdings darf er hierdurch andere Mitbewohner nicht stören. Dies gilt vor allen Dingen während der allgemeinen Ruhezeiten (mittags 13.00 bis 15.00 Uhr und von 22.00 Uhr abends bis 7.00 Uhr morgens). Während sich die nächtlichen Ruhezeiten unmittelbar aus gesetzlichen Vorschriften, den Lärmschutzverordnungen bzw. Landes-Immissionsschutzgesetzen der Bundesländer, ergeben, basieren Mittagsruhezeiten auf der – meistens in der mit zum Mietvertrag gehörigen – Hausordnung direkt oder aber auf der Auslegung einer Hausordnung durch die Rechtsprechung (KG Berlin WuM 92, 387; BayObLG WuM 87, 39; LG Nürnberg-Fürth DWW 96, 50; LG München I DWW 91, 111).
Aus den vertraglichen Vereinbarungen der Hausordnung ergeben sich Rechte des Vermieters, vom Mieter eine eingeschränkte Lärmentwicklung einfordern zu können.
Auch im Rahmen von Abwehransprüchen der Mieter untereinander aus §§ 861, 1004 BGB sind die üblichen zeitlichen Einschränkungen zur Lärmentwicklung heranzuziehen. Selbst ohne Hausordnung besteht die vertragliche Nebenpflicht, ortsübliche – in den Lärmschutzverordnungen bzw. Landes-Immissionsschutzgesetzen bzw. Landes-Immissionsschutzgesetzen der Bundesländer enthaltene – Ruhezeiten einzuhalten.
Die Regelungen der Hausordnung müssen vereinbart werden, um Wirksamkeit entfalten zu können. Die Hausordnung ist in der Regel Bestandteil des Vertrages und kann nicht einseitig geändert werden, vor allem nicht durch Erweiterung der Verpflichtungen für eine Vertragspartei (LG Düsseldorf v. 2.10.1957 – 7 S 272/57 -, ZMR 58, 10). Eine einseitige Festsetzung oder Änderung der Hausordnung während des laufenden Mietverhältnisses bindet die Mieter nicht. Eine Klausel im Mietvertrag, nach der eine geänderte Fassung der Hausordnung durch Aushang am „Schwarzen Brett“ zum Vertragsinhalt wird, ist gemäß § 307 BGB unwirksam (LG Hildesheim v. 1.12.1995 – 2 O 468/95 -, VuR 96, 130).
Üblicherweise enthält die Hausordnung eine Klausel, wonach ruhestörende Geräusche zwischen 13 Uhr und 15 Uhr und – vor allem – zwischen 22 Uhr und 7 Uhr morgens, also in den so genannten Ruhezeiten, vermieden werden müssen. Dabei lehnt sich die Hausordnung an die alte Verordnung zur Bekämpfung des Lärms (LärmVO) bzw. an das neue Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin (LImSchG Bln) an, wonach es verboten ist, einen solchen Lärm zu verursachen, durch den andere Personen in der Nachtruhe gestört werden. Nach §§ 3, 4 LImSchG Bln ist es an Werktagen von 22 Uhr bis 6 Uhr morgens sowie an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen verboten, Lärm zu verursachen, durch den andere Personen in ihrer Ruhe objektiv unzumutbar gestört werden können. Ein Verstoß gegen das Landes-Immissionsschutzgesetz stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die ein Bußgeld zur Folge haben kann. Gleichzeitig geht damit allerdings ein Verstoß gegen die Hausordnung einher, der den Vermieter berechtigt, den Mieter wegen vertragswidrigen Verhaltens abzumahnen.
Demgemäß stellt eine Abmahnung die schriftliche oder mündliche Aufforderung dar, ein vertragswidriges Verhalten zu unterlassen. Eine Abmahnung ist in der Regel bei vertragswidrigem Verhalten notwendig, da der Vermieter wegen eines vertragswidrigen Verhaltens nach der Rechtsprechung nicht sofort vor Gericht ziehen kann und dem Mieter dieses Verhalten für die Zukunft durch die gerichtliche Entscheidung verbieten lassen kann. Der Vermieter muss also den Mieter erst ermahnen, sein Verhalten zu ändern, bevor er beispielsweise fristlos kündigen darf. Ob eine berechtigte Abmahnung vorliegt, ist daher an der Hausordnung und dem Landes-Immissionsschutzgesetz zu messen.
Dabei gilt der Grundsatz, dass jeder Mieter ein Recht darauf hat, in seiner Wohnung ungestört zu leben. Dieser Grundsatz verbietet aber dem Nachbarn nicht jedes Geräusch. Erst dann, wenn ein normal empfindlicher Durchschnittsmensch über Gebühr beeinträchtigt wird – und das Geräusch nicht ortsüblich oder unvermeidlich ist – ist eine Störung gegeben. Daraus folgt auch, dass Geräusche im Zuge einer vertragsgemäßen Nutzung der Wohnung nicht unzulässig sein können. Bezüglich des Lärmpegels kommt es auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen (vgl. BGH, DWW 1993, 70; BGH, ZMR 1993, 269) im Verhältnis zur bestimmten Lärmquelle (zum Beispiel Bohrlärm im Gegensatz zu Radiomusik) an. In diesem Zusammenhang gibt es auch den Begriff der Zimmerlautstärke, die dann gewahrt ist, wenn die Geräusche außerhalb der geschlossenen Wohnung nicht mehr oder kaum noch vernommen werden können (LG Berlin, DWW 1988, 83; AG Neuss, DWW 1988, 355; AG Düsseldorf, DWW 1988, 357).
Auch wenn nach der Hausordnung die Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr morgens unter einem besonderen Schutz steht, darf trotzdem gebadet werden, allerdings höchstens für dreißig Minuten, so das OLG Düsseldorf (WuM 91, 288). Zum üblichen, vertragsgemäßen Verhalten gehört auch das Betätigen der Wasserspülung und die Entnahme von warmem Wasser, ähnliches gilt für spätabendliches Duschen.
Das Betreiben von Haushaltsgeräten wie Brotschneidemaschine, Fön oder elektrischer Zahnbürste unterliegen keinerlei Beschränkungen, da es sich bei derartigen Geräten um solche des täglichen Bedarfs handelt, deren Benutzung von den Lebensgewohnheiten der Mieter abhängig ist.
Allgemein dürfte gelten, dass jeder Mieter ein gewisses Maß an Rücksicht zeigen muss, wobei die Grenzen des Zulässigen nicht in jedem Fall ausgeschöpft werden sollten.
Dokumentation:
Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin
(LImSchG Bln) vom 05.12.2005 – Auszug –
§ 1 Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen
(1) Das Gesetz gilt für die Errichtung, den Betrieb, die Änderung, die Stilllegung und die Beseitigung von nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen im Sinne des § 22 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie für das Verhalten von Personen, soweit hierdurch schädliche Umwelteinwirkungen verursacht werden können.
(2) Die Begriffe der schädlichen Umwelteinwirkung, der Immission, der Emission, der Luftverunreinigung, der Anlage, des Betriebsbereiches und des Standes der Technik werden im Sinne von § 3 Abs. 1 bis 6 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwendet. Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind auch Fahrzeuge, soweit sie nicht zum Personen- oder Güterverkehr auf öffentlichen Verkehrswegen oder im Luftraum eingesetzt werden.
§ 2 Immissionsschutzpflichten
(1) Jeder hat sich so zu verhalten, dass schädliche Umwelteinwirkungen vermieden werden, soweit dies nach den Umständen des Einzelfalles möglich und zumutbar ist. Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, hat durch geeignete Maßnahmen für die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes zu sorgen.
(2) Tiere sind so zu halten, dass niemand durch die Immissionen, die durch sie hervorgerufen werden, erheblich belästigt wird. Vorschriften für die landwirtschaftliche Tierhaltung bleiben unberührt.
(3) Es ist nicht zulässig, lärm- oder abgaserzeugende Motoren unnötig zu betreiben.
(4) Bei der Errichtung und dem Betrieb von Anlagen ist Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen zu treffen, soweit dies nach der Art der Anlage zumutbar und im Einzelfall nicht unverhältnismäßig ist.
§ 3 Schutz der Nachtruhe
Von 22.00 bis 06.00 Uhr ist es verboten, Lärm zu verursachen, durch den jemand in seiner Nachtruhe gestört werden kann.
§ 4 Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe
An Sonn- und gesetzlichen Feiertagen ist es verboten, Lärm zu verursachen, durch den jemand in seiner Ruhe erheblich gestört wird.
§ 5 Tonwiedergabegeräte und Musikinstrumente
Tonwiedergabegeräte und Musikinstrumente dürfen nicht in einer Lautstärke benutzt werden, durch die jemand erheblich gestört wird. Weitergehende Einschränkungen nach den §§ 3 und 4 gehen vor.
§ 6 Einschränkungen
(1) Die Verbote der §§ 3 und 4 gelten nicht für Geräusche, die verursacht werden durch
1. das Glockenläuten zu kirchlichen Zwecken,
2. Maßnahmen, die der Verhütung oder Beseitigung einer Notlage dienen,
3. Maßnahmen, die der Winterglätte- und Schneebekämpfung dienen,
4. Ernte- und Bestellungsarbeiten landwirtschaftlicher Betriebe zwischen 5.00 Uhr und 6.00 Uhr sowie zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr.
(2) Die Regelungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung vom 29. August 2002 (BGBl. I S. 3478), die durch Artikel 23 des Gesetzes vom 6. Januar 2004 (BGBl. I S. 2) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung gelten für öffentliche Straßen im Sinne des § 2 des Berliner Straßengesetzes und nichtbundeseigene Schienenwege nur für die Zeit zwischen 22.00 und 6.00 Uhr. Weitergehende Einschränkungen nach § 4 gehen vor.
§ 7 Öffentliche Veranstaltungen im Freien
(1) Öffentliche Veranstaltungen im Freien bedürfen einer Genehmigung nach § 11, wenn von ihnen störende Geräusche für Dritte zu erwarten sind.
(2) Öffentliche Motorsportveranstaltungen außerhalb von Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz bedürfen einer Genehmigung nach § 11, wenn von ihnen störende Geräusche für Dritte zu erwarten sind. Dies gilt nicht für Motorsportveranstaltungen, die ausschließlich auf nicht für diese Veranstaltungen gesperrten öffentlichen Straßen stattfinden und bei denen nur Fahrzeuge eingesetzt werden, die den allgemeinen straßenverkehrsrechtlichen Zulassungsvorschriften entsprechen, oder von denen offensichtlich keine störenden Geräusche für Dritte zu erwarten sind.
§ 8 Sonstige Immissionen
Zur Abwehr anderer Immissionen als Luftverunreinigungen oder Geräusche gelten für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, § 22 Abs. 1 Satz 1, §§ 24 bis 26, 29 Abs. 2 und § 31 des Bundes-Immissionsschutz-gesetzes entsprechend.
§ 9 Begrenzung von Staubemissionen
Bei der Errichtung, dem Betrieb, der Änderung, Stilllegung und Beseitigung von Anlagen und bei sonstigen Betätigungen sind die Entstehung und Ausbreitung von Stäuben durch geeignete Maßnahmen zu unterbinden. Soweit die Entstehung und Ausbreitung von Stäuben nicht verhindert werden können, sind diese durch geeignete Maßnahmen zu vermindern.
§ 10 Zulassung von Ausnahmen
(1) Die zuständige Behörde kann für den Betrieb von Anlagen auf Antrag Ausnahmen von den Verboten der §§ 3 bis 5 widerruflich zulassen, wenn die Störung unbedeutend ist oder das Vorhaben Vorrang vor den Ruheschutzinteressen Dritter hat.
(2) Die zuständige Behörde kann für den Betrieb von Schankvorgärten auf Antrag Ausnahmen von den Verboten der §§ 3 bis 5 widerruflich zulassen, soweit schutzwürdige Belange Dritter angesichts der örtlichen Gegebenheiten nicht erheblich beeinträchtigt werden.
(3) Ausnahmen nach Absatz 1 und 2 sollen zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen mit Nebenbestimmungen erteilt werden.
§ 11 Genehmigung von öffentlichen Veranstaltungen im Freien
Die zuständige Behörde kann bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses für öffentliche Veranstaltungen im Freien und für öffentliche Motorsportveranstaltungen außerhalb von Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz auf Antrag widerruflich eine Genehmigung erteilen, wenn dies im Einzelfall unter Berücksichtigung des Schutzbedürfnisses der Nachbarschaft zumutbar ist. Ein öffentliches Bedürfnis liegt in der Regel vor, wenn das Vorhaben auf historischen, kulturellen oder sportlichen Umständen beruht oder sonst von besonderer Bedeutung ist. Genehmigungen sollen zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen mit Nebenbestimmungen erteilt werden. In dem Umfang, in dem eine Genehmigung erteilt ist, gelten die Vorschriften der §§ 3 bis 5 nicht.
§ 12 Anordnungen im Einzelfall
Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen.
§ 13 Verordnungsermächtigung
…
§ 14 Ausführungsvorschriften
…
§ 15 Bußgeldvorschriften
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1. entgegen § 2 Abs. 2 ein Tier außerhalb landwirtschaftlicher Tierhaltungen so hält, dass jemand durch Immissionen, die durch das Tier hervorgerufen werden, erheblich belästigt wird,
2. entgegen § 2 Abs. 3 einen lärm- oder abgaserzeugenden Motor unnötig betreibt,
3. entgegen § 3 ohne eine zugelassene Ausnahme nach § 10 oder eine Genehmigung nach § 11 Lärm verursacht, durch den jemand in seiner Nachtruhe gestört werden kann,
4. entgegen § 4 ohne eine zugelassene Ausnahme nach § 10 oder eine Genehmigung nach § 11 Lärm verursacht, durch den jemand in seiner Ruhe erheblich gestört wird,
5. entgegen § 5 ohne eine zugelassene Ausnahme nach § 10 oder eine Genehmigung nach § 11 durch die Benutzung eines Tonwiedergabegerätes oder Musikinstrumentes Lärm erzeugt, durch den jemand erheblich gestört wird,
6. entgegen § 7 Abs. 1 ohne eine Genehmigung nach § 11 eine öffentliche Veranstaltung im Freien durchführt,
7. entgegen § 7 Abs. 2 Satz 1 ohne eine Genehmigung nach § 11 eine öffentliche Motorsportveranstaltung durchführt,
8. einer vollziehbaren Auflage einer zugelassene Ausnahme nach § 10 oder einer Genehmigung nach § 11 zuwiderhandelt, oder sie nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erfüllt,
9. einer vollziehbaren Anordnung nach § 12 zuwiderhandelt,
10. einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.
§ 16 Einziehung
Sachen, auf die sich eine Ordnungswidrigkeit nach § 15 bezieht, dürfen eingezogen werden. Hierzu zählen insbesondere:
1. Musikinstrumente,
2. elektroakustische Übertragungs- und Verstärkeranlagen oder Teile davon,
3. Tonwiedergabegeräte oder Teile davon,
4. Schreckschusspistolen,
5. Motorsportgeräte oder Teile davon,
6. elektrisch oder mit Verbrennungsmotoren angetriebene Werkzeuge,
7. Baumaschinen oder Teile davon,
8. Fahrgeschäfte oder Teile davon,
9. mit Druckluft oder Gas betriebene Signalhörner.
Tiere dürfen ebenfalls eingezogen werden.
§ 17 Änderung von Rechtsvorschriften
…
§ 18 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung zur Bekämpfung des Lärms vom 23. März 2004 (GVBl. S.148) außer Kraft.
07.06.2018