Der Bundesrat hat Anfang November Nachbesserungen bei den gesetzlichen Regelungen der geplanten „Mietpreisbremse“ angemahnt. Sie decken sich in vielem mit den Forderungen des Berliner Mietervereins (BMV). Doch in einigen Punkten sieht der BMV weiterhin erhebliche Defizite für den Gesetzeszweck.
Einen „angespannten Wohnungsmarkt“ müssen Orte aufweisen, in denen künftig die Mietpreisbremse gelten soll. Und dafür hat die Bundesregierung diverse Kriterien in ihren Gesetzentwurf hineingeschrieben. An dieser Stelle rebelliert der Bundesrat als Vertretung der Länder. Die Länder seien selbst in der Lage, Gebiete mit Wohnungsnot zu definieren. Neben diesen Festlegungen will der Bundesrat auch eine Forderung gestrichen sehen, die die Bundesländer zu Aussagen verpflichtet, wie sie einer Wohnungsmangellage begegnen wollen.
Während Regierung und Bundesrat Neubauten von der Mietbegrenzung generell ausnehmen, hält der Berliner Mieterverein dagegen, dass dies die Ausbildung zweier unterschiedlicher Angebotsmärkte befürchten lässt – zumal jede Neuvermietung einer Neubauwohnung in diesen fünf Jahren wieder zu einer ungebremsten Mieterhöhung führen kann.
Überraschenderweise konform geht die Länderkammer mit der Absicht der Regierung, die Geltungsdauer der Mietpreisbremse auf insgesamt fünf Jahre zu beschränken. Da die Preisbremse nur im Fall einer angespannten Wohnungsmarktlage – und ausschließlich dort – angewendet wird, fragt sich der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, welchen Zweck eine zeitliche Begrenzung erfüllen soll. Wild: „Die Preisbremse wirkt langfristig, eine zeitliche Begrenzung lässt befürchten, dass der Effekt ins Leere verpufft.“
Einig ist sich die Mieterorganisation mit der Einschätzung des Bundesrats, dass ein Mieter eine überhöhte Miete nicht erst für die Zeit zurückfordern kann, ab der er ihre Richtigkeit infrage gestellt hat. Die Kritiker des Entwurfs befürchten, dass es geradezu eine Einladung an die Vermieter wäre, überhöhte Mieten zu verlangen, wenn sie nicht rückwirkend vom Mieter zurückgefordert werden können. Auch könnte ein Mieter viel Geld verlieren, wenn er sich die Auskunft über die zutreffende Miete durch ein Gerichtsverfahren verschaffen müsste, dass sich monatelang hinzieht.
Mit der Frage, ob eine geforderte Miete rechtens ist, wird ein Mieter auch im Fall weiterer Ausnahmeregelungen konfrontiert. So will der Entwurf der Bundesregierung – in diesen Punkten von der Länderkammer unwidersprochen – einen Bestandschutz für Mieten festschreiben, die schon vor Inkrafttreten der Mietpreisbremse überhöht waren. Ebenso wie die von der Preisbremse ausgenommenen Umlagen vergangener Modernisierungen dürfte das dazu führen, dass Mieter damit überfordert sind, eine Miete als gesetzlich korrekt einzuschätzen. In der Regel müsste also schon unmittelbar nach Vertragsabschluss eine Auskunft beim Vermieter eingefordert und bei Überschreitung der Mietpreisbremse eine Rüge erteilt werden, die das Verhältnis von Anfang an belaste, weil dem Vermieter unterschwellig eine Gesetzesmissachtung unterstellt wird.
BMV-Geschäftsführer Reiner Wild sieht die angestrebten Effekte der Preisbremse durch die zahlreichen Ausnahmen insgesamt in Gefahr. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens muss nun zugunsten der Mieter nachgebessert werden, sonst wird die Mietpreisbremse verpuffen.
Udo Hildenstab
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03.06.2016