Um zu überprüfen, ob eine Miete bei Wiedervermietung korrekt berechnet wurde und der Mietpreisbremse unterliegt, muss man einiges wissen: Wie berechnet sich die Miete? Welche Ausnahmen gibt es? Was tun, wenn man hinter der verlangten Miete eine überhöhte Forderung vermutet? Diese und weitere Fragen beantwortet der folgende Beitrag.
1. Wann und wo gilt die Mietpreisbremse?
Am 1. Juni 2015 ist das Mietrechtsnovellierungsgesetz in Kraft getreten, in dem die Begrenzung der Wiedervermietungsmieten („Mietpreisbremse“) geregelt ist. Darüber hinaus hat Berlin als erstes Bundesland die erforderliche Rechtsverordnung zum 1. Juni 2015 erlassen. Mit dieser wird Berlin als Gebiet mit „angespanntem Wohnungsmarkt“ ausgewiesen – Voraussetzung dafür, dass die Mietpreisbremse angewendet werden kann.
2. Wann unterfällt ein Mietvertrag zeitlich der Mietpreisbremse?
Es kommt darauf an, wann der Mietvertrag zustande kommt. Es gilt das Datum der letzten Unterschrift unter den Mietvertrag. Wird diese nach dem 31. Mai 2015 geleistet, findet die Mietpreisbremse grundsätzlich Anwendung. Nicht zu verwechseln ist dieser Zeitpunkt mit dem im Mietvertrag vereinbarten Beginn des Mietverhältnisses, der häufig später liegt.
3. In welchen Fällen ist die Mietpreisbremse inhaltlich anwendbar?
Sie gilt bei neuen Mietverträgen in bestehenden Gebäuden bei den sogenannten Wiedervermietungsmieten. Mietverträge für neu errichtete Wohnungen, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet werden, fallen nicht unter die Mietpreisbremse. Auch Mieten nach umfassender Modernisierung sind von der Mietpreisbremse ausgenommen. Für bestehende Mietverhältnisse hat die Mietpreisbremse keine Bedeutung, auch dann nicht, wenn die Miete bereits über der Zehn-Prozent-Kappungsgrenze liegt. Der Vermieter ist nicht verpflichtet, die Miete abzusenken.
4. Ist eine Rückforderung zu viel gezahlter Miete möglich, wenn der Mietvertrag unterschrieben und die Miete ohne Vorbehalt gezahlt worden ist?
Eine spätere Rückforderung überhöhter Miete ist grundsätzlich möglich. Entscheidend ist jedoch, dass die überhöhte Miete gegenüber dem Vermieter „qualifiziert“ gerügt wird. Eine Rückforderung überzahlter Miete ist ab dem Zeitpunkt möglich, an dem gerügt worden ist. Der Zugang der Rüge sollte nachweisbar sein, es empfiehlt sich also eine Zustellung per Einschreiben, Einwurf unter Zeugen oder E-Mail mit Lesebestätigung. Die Rüge muss begründet werden, also die zulässige Miete anhand des Berliner Mietspiegels für die betroffene Wohnung zuzüglich des Zehn-Prozent-Zuschlags ermittelt und dargelegt werden.
5. Wie wird die zulässige Miethöhe ermittelt?
Als Faustregel gilt: ortsübliche Vergleichsmiete (nettokalt, ohne Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen) plus zehn Prozent. Zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete der betreffenden Wohnung ist der Berliner Mietspiegel 2015 heranzuziehen. Schwierig wird es, wenn der Mietspiegel nicht anwendbar ist, weil es sich zum Beispiel um ein Einfamilienhaus handelt oder das einschlägige Mietspiegelfeld ein Leerfeld ist. Dann bleibt der Bezug auf ein benachbartes Mietspiegelfeld. Natürlich wäre auch ein Sachverständigengutachten möglich, aber aufgrund der hohen Kosten ist es nicht für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete zu empfehlen.
6. Wie verlässlich ist die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete mit dem Berliner Mietspiegel?
Zwar hat das Amtsgericht Charlottenburg in einem Urteil den vorherigen Berliner Mietspiegel 2013 als nicht qualifizierten Mietspiegel bewertet. Das Urteil dieser Einzelfallentscheidung entzieht dem Berliner Mietspiegel aber nicht generell die Eigenschaft als qualifizierter Mietspiegel. Hierzu müsste sich vielmehr eine Tendenz in der Rechtsprechung des Landgerichts Berlin abzeichnen, den Mietspiegel nicht mehr als qualifiziert anzuerkennen (hierzu auch unsere Titel-Geschichte ab Seite 14: „Berliner Mietspiegel 2015: Zwischen Aufwertung und Anfeindung“). Das ist nicht der Fall. Am 18. Mai 2015 wurde der neue Berliner Mietspiegel 2015 als qualifizierter Mietspiegel veröffentlicht. Er ist für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete und damit zur Überprüfung der korrekten Miethöhe bei Wiedervermietungsmieten im Sinne der Mietpreisbremse geeignet.
7. Das Mietrechtsnovellierungsgesetz nimmt Wohnungen mit umfassender Modernisierung von der neuen gesetzlichen Regelung aus. Was versteht man darunter?
Nach einer „umfassenden Modernisierung“ findet die Mietpreisbremse keine Anwendung. Bei der ersten Vermietung nach der umfassenden Modernisierung kann der Vermieter die Miethöhe frei bestimmen, unabhängig von der Zehn-Prozent-Grenze. Eine umfassende Modernisierung wird angenommen, wenn die Modernisierungsinvestitionen mehr als ein Drittel des notwendigen Aufwandes für eine vergleichbare Neubauwohnung betragen. Bei der zweiten und jeder weiteren Vermietung nach einer umfassenden Modernisierung ist die Mietpreisbremse zwar grundsätzlich wieder anwendbar. Aber hier dürfte oft der Ausnahmetatbestand greifen, wonach der Vermieter das Niveau der Miete aus dem vorangegangenen Mietverhältnis nicht zu unterschreiten braucht, auch wenn die Miete über der Zehn-Prozent-Grenze liegt.
8. Und worin unterscheiden sich die nicht von der Regelung ausgenommenen Modernisierungen im Sinne des § 555 d BGB?
Erreichen Modernisierungen nicht den Kostenrahmen einer „umfassenden Modernisierung“, wie in der letzten Frage erläutert, dann ist die Mietpreisbremse anwendbar, allerdings mit Einschränkungen. Hat der Vermieter innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Mietvertragsabschluss modernisiert, darf er auf die ortsübliche Vergleichsmiete der nicht modernisierten Wohnung zuzüglich der zehn Prozent Wiedervermietungszuschlag die Modernisierungsumlage addieren, also jährlich elf Prozent der Modernisierungskosten.
9. Welche Bedeutung hat der in dem Mietrechtsnovellierungsgesetz verankerte Auskunftsanspruch?
Der Mieter kann vom Vermieter Auskunft über diejenigen Tatsachen verlangen, die für die Zulässigkeit der vereinbarten Miete maßgeblich und nicht allgemein zugänglich sind. Existiert ein qualifizierter Mietspiegel, kann der Mieter die ortsübliche Vergleichsmiete in der Regel eigenhändig ermitteln und der Auskunftsanspruch dient allenfalls der Überprüfung, ob eine gerichtliche Rückforderung erfolgreich sein wird. Keinesfalls ist das Auskunftsbegehren Voraussetzung für die gegebenenfalls gerichtliche Durchsetzung des Rückforderungsanspruchs einer überzahlten Miete.
10. Was hat es mit der Neuregelung des „Bestellerprinzips“ auf sich?
In dem Mietrechtsnovellierungsgesetz wurde neben der Mietpreisbremse auch das sogenannte „Bestellerprinzip“ für die Kosten eines Maklers neu geregelt. Entgegen der bislang üblichen Praxis zahlt ab dem 1. Juni 2015 derjenige die Kosten des Wohnungsmaklers, der ihn beauftragt hat. Dabei kommt es auf das Zustandekommen des Maklervertrages, also nicht auf den Zeitpunkt des Mietvertrages an. Bei Maklerverträgen, die ab dem 1. Juni 2015 abgeschlossen wurden, greift das Bestellerprinzip. Ist der Mietvertrag nach dem 1. Juni 2015 unterschrieben, der Kontakt mit dem Makler aber vor diesem Datum erfolgt, wird nach der bislang gültigen Praxis verfahren.
Wibke Werner
- Aktion Mietpreisüberprüfung des Berliner Mietervereins
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mit Musterbrief zur qualifizierten Rüge - MietCheck – Überprüfung von Miethöhen bei neuen Mietverträgen
- 10 Fragen zum Mietrechtsnovellierungsgesetz:
Was Sie über die Mietpreisbremse wissen müssen - Mietspiegelwert-Berechnung: www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/mietspiegel/
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03.06.2016