Die Mietpreisbremse erweist sich immer mehr als gerichtsfest. Auch das Amtsgericht Neukölln verurteilte am 8. September eine Vermieterin, die Miete zu senken und zu viel kassierte Miete zurückzuzahlen.
Im Juli 2015 hatte ein Mieter eine 76 Quadratmeter große Wohnung zu einer Monatsmiete von 725 Euro nettokalt angemietet. Das entspricht 9,50 Euro pro Quadratmeter. Da dies weit über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt und auch die Vormieterin nur rund 5,50 Euro pro Quadratmeter gezahlt hatte, erkannte der Mieter einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse und klagte auf eine Senkung der Monatsmiete um 221 Euro und die Rückzahlung der zu viel gezahlten Miete.
Das Amtsgericht gab ihm recht. Es ermittelte anhand des Berliner Mietspiegels 2015 eine Vergleichsmiete von 6 Euro. Da dieser Wert laut Mietpreisbremse um höchstens zehn Prozent überschritten werden darf, ist hier eine Quadratmetermiete von maximal 6,60 Euro zulässig.
Bemerkenswert ist das Urteil auch, weil es die Verfassungsmäßigkeit der Mietpreisbremse bestätigt. Der Eingriff in das Eigentum des Vermieters sei aus „Gemeinwohlerwägungen“ gerechtfertigt. Das „Verlangen überhöhter Preise in Ausnutzung einer Mangellage“ sei „eine die soziale Funktion des Eigentums missachtende Nutzung“, die von der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes nicht geschützt werde.
Zudem stärkte das Gericht erneut den Mietspiegel: Es folgte der Vermieterin nicht, die meinte, anhand von 23 Vergleichswohnungen eine ortsübliche Vergleichsmiete von 8,94 Euro herleiten zu können.
Das Amtsgericht Lichtenberg hat ein ähnliches Urteil gesprochen (MieterMagazin 11/2016, Seite 11: „Mietpreisbremse erstmals vor Gericht durchgesetzt“), das irrtümlich für das erste Mietpreisbremsenurteil gehalten wurde. Das Neuköllner Urteil ist drei Wochen älter, wurde aber erst später bekannt.
Jens Sethmann
AG Berlin-Neukölln vom 8. September 2016 – 11 C 414/15 –
Zu diesem Urteil auch unser Beitrag auf Seite 29 in dieser Ausgabe des MieterMagazins
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30.11.2016