„Glücklich wohnen“ lautet der Slogan des Investors „Buwog Group“. Für die Bewohner in der Gontermannstraße klingt das wie Hohn. Durch eine energetische Modernisierung sollen sich ihre Mieten im Schnitt um 2,81 Euro pro Quadratmeter verteuern. „Wir sind kleine Leute, wir können uns diese massiven Mieterhöhungen nicht leisten“, sagen die Mieter. Sie wollen kämpfen.
Es geht um 232 Wohnungen in der Fritz-Bräuning-Siedlung. Die 20er-Jahre-Bauten in der Gartenstadt Neu-Tempelhof waren bis 1998 im Besitz der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land. Der jetzige Eigentümer, die Tempelhofer Feld GmbH, gehört zur börsennotierten deutsch-österreichischen Buwog Group. Im Jahresgeschäftsbericht 2015/2016 heißt es ganz unverblümt, man könne durch „gezielte Modernisierungen“ die Auswirkungen der Mietpreisbremse dämpfen.
Im Falle der Gontermannstraße sieht das so aus: Nach Einbau neuer Kunststofffenster und einer Wärmedämmung soll die Miete in den überwiegend 65 Quadratmeter großen Wohnungen um rund 185 Euro steigen. Die Maßnahmen seien für sie größtenteils unwirtschaftlich, kritisieren die Mieter. Über vier Millionen Euro sollen allein die Fassadendämmung und der Austausch der alten Doppelkastenfenster kosten. Dem steht eine Energieeinsparung von maximal 15 Euro pro Wohnung im Monat gegenüber. So haben es jedenfalls zwei von der Mieterinitiative beauftragte Architekten errechnet.
Die Buwog Group nennt diese Zahlen „nicht nachvollziehbar“. Die konkreten Kostenersparnisse könne man jedoch nicht nennen, das hänge von verschiedenen Faktoren ab. Für Härtefälle gebe es Sonderlösungen, heißt es in der Stellungnahme an das MieterMagazin. Etwa 70 Prozent der Mieter könnten sich auf dieses gesetzliche Recht der Härtefallregelung berufen – mit ungewissem Ausgang. Der Berliner Mieterverein hat bereits im Februar eine Mieterversammlung durchgeführt. Die Modernisierungsankündigung sei formal unwirksam, allerdings ist die energetische Modernisierung mit juristischen Mitteln langfristig nicht zu verhindern.
Dass die Siedlung in einem Erhaltungsgebiet liegt, nutzt den Mietern wenig. Die Erhaltungssatzung bezieht sich nur auf das historisch einheitliche Erscheinungsbild. Soziale Aspekte spielen keine Rolle. Allerdings müssen bauliche Veränderungen beantragt und genehmigt werden.
Der neue Baustadtrat von Tempelhof-Schöneberg sieht dennoch kaum Chancen, die Baugenehmigung zu verweigern: „Wir werden aber genau hinschauen, ob das Erscheinungsbild beeinträchtigt wird“, sagt Jörn Oltmann (Grüne). Die Mieterinitiative befürchtet, dass das stilprägende Element der Loggien durch die Fassadendämmung vernichtet würde. Der Baustadtrat unterstützt die Mieterinitiative und hatte für den 20. April zu einem Runden Tisch geladen. Die Buwog Group hatte ihre Teilnahme zugesagt. „Eins ist klar“, so Stadtrat Oltmann: „diese Modernisierung ist ohne jedes Augenmaß.“
Birgit Leiß
05.02.2018