Auf dem Berliner Immobilienmarkt tummelt sich neuerdings ein Firmengeflecht, das Mieter, vor allem in Neukölln und Kreuzberg, in Aufruhr versetzt: die ALW/BOW-Gruppe. Deren – weniger neues – Geschäftsmodell: Mietshäuser kaufen und sie anschließend in Eigentumswohnungen umwandeln.
Mittlerweile hat sich eine Mieterinitiative „Stop BOW-ALW“ gebildet, die sich regelmäßig zum Erfahrungsaustausch trifft. Mieter aus verschiedenen Häusern berichten über die immer gleichen Entmietungsmethoden: Abmahnungen wegen Nichtigkeiten wie Schuhe vor der Tür, Kündigungen wegen Zahlendrehern in der Überweisung und allerhand Bemühungen, um die Miete in die Höhe zu treiben, etwa fragwürdige Modernisierungsmaßnahmen. Vereinzelt gab es Eigenbedarfskündigungen, zum Teil werden auch Abfindungen für einen Auszug geboten. Die Verunsicherung unter den Mietern ist groß.
Viele Häuser befinden sich in Milieuschutzgebieten, wo die Umwandlung in Eigentumswohnungen genehmigungspflichtig ist. Doch die ALW, zu deren Geflecht die Gesellschaften BOW 1, BOW 2 und BOW 3 gehören, nutzt das altbekannte Schlupfloch: Sofern sich der Eigentümer verpflichtet, sieben Jahre lang nur an die Mieter zu veräußern, wird die Umwandlungsgenehmigung ohne Probleme erteilt.
Eines der betroffenen Häuser ist die Friesenstraße 14. Die Wohnungen werden bereits als „Altbaujuwel im Dornröschenschlaf“ offeriert – zu stattlichen Preisen. Zwar sind die Mieter mindestens zehn Jahre vor Kündigung geschützt. Doch in dieser Zeit „tickt die Uhr“, wie es eine Mieterin formuliert. Viele wohnen seit Jahrzehnten hier, die ständigen Einschüchterungsversuche inklusive Gerichtsverfahren, setzen ihnen zu.
Über 120 Mieter haben sich nun in einem Offenen Brief an Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher gewandt. Sie fordern einen wirksamen Schutz vor der Verdrängung aus ihrem Zuhause. Wenn das Schlupfloch nicht endlich geschlossen wird, bedeute der Kauf eines Hauses durch die BOW „Bald Ohne Wohnung“. Die Initiative unter dem Dach von „Bizim Kiez“ setzt zudem auf Öffentlichkeit. „Mein ehemaliger Hauseigentümer hat mir gesagt, dass er nie an diese Leute verkauft hätte, wenn er deren Vorgehen geahnt hätte“, sagt ein Mieter aus der Reichenberger Straße 55. Im Fall der Liberdastraße 10 hat der Bezirk vor einigen Monaten – erstmals in Neukölln – sein Vorkaufsrecht wahrgenommen, nachdem das Haus an die BOW verkauft worden war.
Birgit Leiß
Weitere Informationen: www.bizim-kiez.de/entmietung-bow-alw-immobilien
Kontakt: stop-bow-alw@bizim-kiez.de
28.03.2022