Schritt 2: Mieterversammlung –
Rechtslage ermitteln, Ziele definieren
Die Koordinatorin kann Ihnen für die Planung der Mieterversammlung wichtige Tipps geben und auf der Versammlung Auskünfte zur allgemeinen Rechtslage sowie über weitere Hilfen geben.
Planung: Ein einfacher Einladungstext mit Datum, Ort und Uhrzeit ist rasch formuliert und als Flyer in die Briefkästen der Nachbarinnen verteilt. Bei der Raumsuche sollte auf die Größe und eine eventuelle Raummiete geachtet werden. Sollte sich die Raumsuche schwierig gestalten, kann eine erste Versammlung auch in den Räumen des Berliner Mietervereins (BMV) stattfinden.
Anwesenheitslisten und eine Spendenkasse sollten auf keiner Mieterinnenversammlung fehlen. In die Anwesenheitslisten können die E-Mailadressen der anwesenden Nachbarn eingetragen und später in einem Adressverteiler zusammengefasst werden. Dieser Verteiler kann in einem Dokument angelegt, für das Versenden der E-Mails in Gänze kopiert und unter BCC: in die zu versendenden E-Mails eingefügt werden. Sollte auf der Mieterversammlung für eine zentrale E-Mailadresse der Mieter-Initiative gestimmt werden, bieten verschiedene Webmailer ebenfalls Listen- beziehungsweise Gruppenfunktionen an (z.B. www.web.de).
Die Rechtsberater und Koordinatorinnen des BMV können auf einer Mieterversammlung einen ersten Überblick zur Rechtslage geben und mit den Anwesenden erste Schritte zur Bildung einer Mieterinnen-Initiative besprechen.
Vielen Mieterinnen ist es wichtig, weitere Schritte, Aktivitäten und Ziele demokratisch abzustimmen sowie Sprecherinnen und Sprecher, Schriftführer, Flyerverantwortliche etcetera zu bestimmen.
In größeren Wohnanlagen bietet sich zudem die Bildung verschiedener Arbeitsgruppen wie beispielsweise AG Recht, AG Medien, AG Politik an. In diesen AGen können im kleineren Kreis nächste Schritte erarbeitet, diskutiert sowie Informationen gesammelt werden. Die AGen können wichtige Informationen und Planungen an alle Mieterinnen per Mail oder Briefkastenflyer weitergeben sowie Anregungen aufnehmen. Die Zusammenarbeit mit dem BMV, den Vertreterinnen der Medien sowie gegebenenfalls politischen Ansprechpartnern wird so vereinfacht. Protokollmitschriften jeglicher Treffen dienen im Verlauf der Initiativenarbeit als Grundlage für Pressetexte sowie als Informationsquelle für die gesamte Mietergemeinschaft.
In 7 Schritten zur aktiven Mieter-Initiative
- Wozu dient dieser Leitfaden?
- 1 Kontakt zum Berliner Mieterverein
- 2 Mieterversammlung – Rechtslage ermitteln, Ziele definieren
- 3 Baurechtliche Genehmigungen von Behörden
- 4 Kontaktaufnahme mit Bezirksverwaltung und Bezirkspolitik
- 5 Informationsfluss zu relevanten Akteuren des Berliner Senats und Berliner Abgeordneten der Wohnungspolitik
- 6 Vernetzung und Erfahrungsaustausch mit anderen Berliner Mieter-Initiativen
- 7 Presse-, Öffentlichkeitsarbeit und Protestaktionen
- Best-Practice-Beispiele
Ein gemeinsames Ziel ist wichtig!
Es geht auch darum, die möglicherweise unterschiedlichen Interessen der Nachbarinnen aufzunehmen und nach Möglichkeit einen Konsens zu finden, den alle tragen können und wollen.
Dabei bestimmen sich die Ziele ausgehend vom jeweiligen Begehren der Vermieterin, zum Beispiel:
Abrisswünsche des Vermieters: Hier geht es um die Existenz (des Mietverhältnisses). Ziel ist zumeist der Erhalt der Wohnungen. Selbst wenn öffentlich-rechtlich der Abriss nicht verhindert wird, der Vermieter muss zur Auflösung des Mietverhältnisses kündigen – in der Regel wegen „Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung“. Mit einer solchen Kündigung ist der Vermieter nicht automatisch erfolgreich. Hier ist Standhalten die oberste Maxime. Lassen sich immer mehr Mieter „rauskaufen“, werden die Wohnverhältnisse für die verbleibenden Mieterinnen nach und nach unerträglich. Mit der Folge, dass der Widerstand bröckelt. Aber: Im Mieterverein wurden Fälle betreut, in denen diese Kündigungen für unwirksam erklärt wurden und Mieter mehr als 10 Jahre dem Abrisswunsch des Eigentümers trotzen konnten.
Modernisierung: In den weitaus meisten Fällen geht es vorrangig darum, die (angekündigten) Mieterhöhungen nicht ohne weiteres in Kauf zu nehmen und insbesondere zahlungsschwächere Mieter vor Verdrängung aus ihrer Wohnung und ihrem gewohnten Umfeld zu schützen. Dies kann durch sogenannte Modernisierungsvereinbarungen geschehen, die mit dem Vermieter verhandelt werden. Diese Vereinbarungen sollten über das hinausgehen, was Mieterinnen ohnehin rechtlich beanspruchen können. Vermieter sind zu solchen Vereinbarungen mitunter dann bereit, wenn sie damit einen Verzicht auf rechtliche Auseinandersetzungen erhalten und/oder abhängig sind von behördlichen Genehmigungen. In den Vereinbarungen sollte die Mietendeckelung, der Umgang mit mietereigenen Einbauten, Abzug fälliger Instandsetzung, Ablauf von gegebenenfalls erforderlichen Zwischenumsetzungen, Mietminderung, Kostenübernahme für außergewöhnliche Aufwendungen, etcetera geregelt sein. Kommt eine solche Vereinbarung nicht zustande, sollte sichergestellt werden, dass der Vermieter die sogenannten „Härtefälle“ ohne gerichtliche Auseinandersetzung sofort akzeptiert, damit diese Mieter nicht aus Furcht vor der Mieterhöhung, ausziehen.
Verkauf und Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen: Mieter, deren Wohnungen von einer Umwandlung in Eigentumswohnungen betroffen sind, sehen sich neben dem erhöhten Risiko von Eigenbedarfskündigungen häufig ebenfalls von aufwendigen Modernisierungen bedroht, die nicht selten das Ziel der „Entmietung“ haben. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen selbst kann in der Regel nicht verhindert werden. Die Kündigungssperrfristverordnung erlaubt Eigenbedarfskündigungen jedoch erst 10 Jahre nach grundbuchlicher Eintragung des ersten Verkaufs. Oberste Ziele sind daher: Nicht einschüchtern lassen, gegenüber Erwerbern klarmachen, dass ein großes Interesse besteht, wohnen zu bleiben. [Zu den begleitenden Modernisierungsmaßnahmen siehe Absatz weiter oben zu Modernisierungen.] In den sogenannten Milieuschutzgebieten (siehe Schritt 3) ist die Umwandlung genehmigungspflichtig. Der Verkauf eines Wohngebäudes kann in der Regel nicht verhindert werden. Damit erhöht sich das Risiko, dass die neue Eigentümerin die Miete deutlich erhöht oder in Eigentum umwandelt. In Milieuschutzgebieten kann das jeweilige Bezirksamt ein Vorkaufsrecht ausüben. Das Haus wird dann in der Regel einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft übertragen; der Mieterschutz ist dort stärker ausgeprägt. Bei einer besonders aktiven Mieterschaft und einem noch niedrigen Kaufpreis kann aber auch der Erwerb durch eine Zwischenfinanzierungsgesellschaft in Frage kommen, über die die Mieterinnen mitbestimmen können.
Infoblätter des Berliner Mietervereins
Zu vielen der hier aufgeführten mietrechtlichen Themen bietet wir Ihnen einen ersten Überblick in den Infoblättern des Berliner Mietervereins.
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28.03.2022