Berlin und seine politisch Verantwortlichen geben sich gerne familienfreundlich. Und wer am Wochenende einen Spaziergang durch die Bezirke Prenzlauer Berg oder Friedrichshain unternimmt und dort die Kolonnen von Kinderwagen schiebenden jungen Müttern und stolzen Vätern beobachtet, kann den Eindruck bekommen, dass die Hauptstadt von jungen Familien bevölkert ist. Doch diese Einschätzung trügt. An der Zahl aller Haushalte macht der Anteil der Familien mit Kindern weniger als ein Fünftel aus. Wie das Institut für soziale Stadtentwicklung (IfSS) in einer Studie kürzlich feststellte, verlassen noch immer viele Eltern mit ihren Kindern Berlin in Richtung Umland. Diese Entwicklung ist angesichts der zunehmenden Alterung der Gesellschaft besorgniserregend. Eine Stadt wie Berlin braucht junge Menschen, um so dynamisch, kreativ und innovativ zu bleiben wie ihr Ruf. Eine Zersiedlung des Umlands, zunehmende Pendlerströme und die damit verbundene Umwelt- und Verkehrsbelastung, sinkende Steuereinnahmen und leere Häuser kann niemand wollen.
Damit junge, noch einkommensschwache Familien nicht noch weiter an den Stadtrand oder gar außerhalb Berlins gedrängt werden, ist eine wirksame Steuerung durch eine aktive Stadtentwicklungspolitik nötig. Die Politik ist gefordert, auch in der Innenstadt mehr bezahlbaren Wohnraum für Familien zu schaffen. Denn eins ist klar: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, leben viele Familien gerne in der Stadt. Hier haben sie ihre sozialen Kontakte, hier können sie aus einem reichhaltigen kulturellen Angebot schöpfen und selbst etwas schaffen. Berlin kann davon nur profitieren.
Doch was macht eine Stadt familientauglich? In diesem MieterMagazin-Spezial werden verschiedene Aspekte des Themas „Familiengerechtes Wohnen“ beleuchtet: Wie sich Familienstrukturen in den letzten Jahren gewandelt haben und was diese Änderungen für den Wohnungsbau bedeuten. Was Architekten und Stadtplaner leisten müssen, um ein Wohnumfeld attraktiv für Kinder und ihre Eltern zu gestalten. Wie familiengerechte Wohnungen aussehen müssen und welches Angebot der Wohnungsmarkt für Familien bereithält.
tsc
MieterMagazin 1+2/10
Lesen Sie auch zu diesem Thema:
Der Familienbegriff im Wandel der Zeit:
Mehr Pluralität, neue Anforderungen
Die familienfreundliche Stadt:
Wohlfühl-Milieu für Groß und Klein
Die familiengerechte Wohnung:
Das Glück braucht passende Wände
Familientaugliches Wohnungsangebot:
Mittendrin ist knapp und teuer
Familien in der Stadt
Foto: Christian Muhrbeck
02.10.2016