Bei drei Viertel aller neu abgeschlossenen Mietverträge in Berlin liegt die Miete um mehr als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete – nach Ansicht des Berliner Mietervereins (BMV) ein klares Plädoyer für die Einführung der zurzeit diskutierten Mietpreisbremse. Allerdings: 600.000 Berliner Wohnungen kämen nicht in den Genuss der Neuregelung. Hier – so der BMV – müsse nachgebessert werden.
Im Auftrag des Berliner Mietervereins hat das Forschungsinstitut „Regiokontext“ die Angebotsmieten auf dem Berliner Markt mit den entsprechenden Mietspiegelwerten verglichen. Die beim führenden Internetportal „Immoscout24“ im Jahr 2013 in Berlin angebotenen Wohnungen bildeten die Datengrundlage, deren Zahl auf relevante 67.837 bereinigt wurde. Der Vergleich berücksichtigte Baualtersklassen und Wohnlage.
Dabei stellte sich heraus, dass die mit der Mietpreisbremse ins Auge gefasste Kappung bei 74,48 Prozent der Wohnungsangebote überschritten wird – für den Berliner Mieterverein ein deutlicher Beleg, dass die vorgesehene Mietrechtsänderung tatsächlich einen mäßigenden Einfluss auf die Berliner Mietenentwicklung hätte.
Der Mietspiegel weist einen Durchschnittswert von 5,54 Euro kalt pro Quadratmeter und Monat aus. Dieser Wert wird von über 87 Prozent der Angebote um durchschnittlich 2,50 Euro oder 47 Prozent überschritten. Die Differenz ist abhängig vom Gebäudealter: Am höchsten ist sie bei den vor 1919 errichteten Altbauten mit durchschnittlich 3 Euro pro Quadratmeter. Da dieser Gebäudebestand zum großen Teil innerhalb des S-Bahn-Rings liegt, würde die Einführung der Mietpreisbremse auch der Abwanderung einkommensschwacher Haushalte an die Stadtgrenze entgegenwirken.
Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung bereitet dem Berliner Mieterverein allerdings Sorgen. Bekanntlich sieht der derzeitige Entwurf der Mietpreisbremse vor, dass die Kappung der Neuvertragsmiete bei 10 Prozent über der Mietspiegelmiete eine Reihe von Ausnahmen zulässt. So sollen sich Vermieter unter anderem nicht an die Regelung halten müssen, wenn die vom letzten Mieter bezahlte Miete bereits über der Kappung liegt oder die Wohnung modernisiert wurde. Diese beiden Fälle würden in Berlin 600.000 Mietwohnungen betreffen – bei einer Gesamtzahl von 1.450.000 würden also über 40 Prozent des Berliner Mietwohnungsbestands von der „Bremsregelung“ ausgenommen sein.
Für dringend erforderlich hält der Berliner Mieterverein daher, die Regelungen zu überarbeiten, die der letzte Gesetzesentwurf beim Bestandsschutz für bereits überhöhe Mieten und die Ausnahmen in Modernisierungsfällen vorsieht. BMV-Geschäftsführer Reiner Wild: „Wenn die Mietpreisbremse eine Erfolgsstory werden soll, dann muss nachgebessert werden.“
uh
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03.06.2016