Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel hat im Januar ein Sofortprogramm „Pionier-Wohnungsbau für Flüchtlinge“ angekündigt. An zehn neuen Wohnungsbaustandorten sollen als erstes Flüchtlingsunterkünfte entstehen – noch bevor die Planungen für das eigentliche Wohnquartier fertig sind.
Noch in diesem Jahr will Geisel an zehn Standorten insgesamt rund 3000 Wohnungen für Flüchtlinge bauen lassen. Die Unterkünfte sollen dabei der Wegbereiter für die weitere Entwicklung der Bauflächen hin zu einem neuen Wohngebiet sein. Mit der Ausnahmeregelung des Baugesetzbuch-Paragrafen 246 werden die Flüchtlingsquartiere schon gebaut, bevor der Bebauungsplan festgesetzt wurde und bevor die soziale Infrastruktur steht. „Was als Flüchtlingsunterkunft begonnen hat, wird zur Keimzelle für eine langfristige Entwicklung mit normalem Wohnungsbau, so dass am Ende gewachsene Nachbarschaften und lebenswerte Wohnviertel entstehen“, so Geisels Vision.
Er nimmt mit seinem Programm aber in Kauf, dass die Flüchtlinge erstmal doch ziemlich isoliert auf einem ansonsten leeren Baufeld wohnen. Man kann sich auch des Eindrucks nicht erwehren, dass der Senat die Flüchtlingsunterkünfte als ersten Fuß in der Tür nutzt, um umstrittene Wohnungsbauprojekte ohne Bürgerbeteiligung durchzudrücken. So wäre auf der Elisabethaue in Pankow der Baubeginn erst 2019 möglich, ein Pionier-Containerdorf soll hier aber schon in diesem Sommer entstehen.
Ein zweiter Standort sind die Buckower Felder, die allerdings – wie auch die Elisabethaue – weit abgelegen sind und keine gute Verkehrsanbindung haben. Weitere Pionierbauplätze hat Geisel noch nicht verraten. Ob sich private Bauherren darauf einlassen, in ihren Wohnungsbauvorhaben – etwa an der Heidestraße, an der Lehrter Straße, im Mauerpark oder in Lichterfelde-Süd – einen Block mit Flüchtlingswohnungen einzufügen, ist fraglich.
Jens Sethmann
29.02.2016