Seit Jahren wird in Berlin über die Einführung einer Rauchwarnmelderpflicht debattiert. Zwar sind fast alle dafür, doch die Details sind umstritten. Es gibt aber auch Stimmen, die eine staatliche Regulierung grundsätzlich ablehnen und dahinter Lobby-Interessen wittern.
Neben Brandenburg und Sachsen ist Berlin das einzige Bundesland ohne gesetzliche Pflicht zum Einbau von Rauchwarnmeldern in Wohnhäusern. Lange Zeit setzte man auf die freiwillige Nachrüstung – mit bescheidenem Erfolg. Trotz Aufklärungskampagnen ist nur ein Bruchteil der Mietwohnungen mit den lebensrettenden Geräten ausgestattet. Das soll sich nun ändern. Im Rahmen der Novellierung der Berliner Bauordnung sollen die Rauchmelder noch in diesem Jahr Pflicht werden. Der Entwurf der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sieht vor, dass in allen Räumen außer Küche und Bad Rauchmelder installiert werden müssen. Für den Neubau greift die Vorschrift sofort, für den Bestand sind Übergangsfristen vorgesehen. Zuständig für den Einbau soll der Hauseigentümer sein, die anschließende Wartung, das heißt den Batteriewechsel und die Funktionsprüfung, soll dagegen der Mieter übernehmen.
Beim Berliner Mieterverein (BMV) ist man skeptisch, ob diese Regelung praktikabel ist. „Das hätte zwar den Vorteil, dass bei Eigenvornahme Betriebskosten gespart werden, aber vermutlich werden etliche auf die Wartung verzichten“, meint Geschäftsführer Reiner Wild. Eine Kontrolle oder gar Sanktionierung ist – ebenso wie in den anderen Bundesländern – nicht vorgesehen. Unklar ist auch, wie bei einem Mieterwechsel vorzugehen ist. Denkbar sei, dass der Vermieter die jährliche Inspektion übernimmt. Die Kosten für Einbau und Wartung können in jedem Fall auf den Mieter umgelegt werden, entweder über die Betriebskosten oder im Rahmen einer nicht vom Vermieter zu vertretenden Maßnahme als Modernisierungsumlage. Auch wenn der Mieter damit finanziell belastet wird, setzt sich der Berliner Mieterverein seit langem für eine Rauchmelderpflicht ein. „Sicherheit geht vor“, so Wild.
Doch dieses Mehr an Sicherheit wird von einigen Kritikern in Frage gestellt. „Rauchmelder verhindern keine Brände, deshalb setzen wir auf Prävention“, sagt Maren Kern, Vorstandsmitglied des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU). Man beruft sich dort auf eine Statistik, wonach die Zahl der Brandtoten auch in Bundesländern ohne Installationspflicht gesunken ist. Ein statistischer Zusammenhang zwischen Rauchwarnmelderpflicht und Rückgang der Gefährdung sei nicht zu belegen.
Feuerwehr: Kritik irreführend
Bei der Berliner Feuerwehr hält man die Argumentation der Kritiker einer Rauchmelderpflicht für irreführend. Den Erfolg von Präventionsmaßnahmen könne man nie messen, meint Sprecher Sven Gerling: „Das ist wie bei der Anschnallpflicht: Niemand weiß, wie viele zusätzliche Tote und Verletzte es ohne dieses Gesetz gegeben hätte.“
Rauchmelder sorgen nach Ansicht der Feuerwehr dafür, dass Brände früher entdeckt werden und sich die Bewohner dadurch rechtzeitig in Sicherheit bringen können. Bei Bränden sterben die meisten Menschen bekanntlich nicht durch das Feuer, sondern durch Rauchgase, die unbemerkt im Schlaf eingeatmet werden. Rauchmelder retten Leben, daran bestehe kein Zweifel, so der Feuerwehrsprecher.
Für die Hersteller von Rauchmeldern wäre die Ausrüstung Hunderttausender Wohnungen ein Riesengeschäft. Heizungsablesefirmen wie „Ista“ und „Techem“ drängeln sich bereits um mögliche Aufträge zur Wartung.
Birgit Leiß
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Andere Länder – andere Vorschriften
In 13 der 16 deutschen Bundesländer sind Rauchmelder vorgeschrieben, im Saarland und in Thüringen allerdings nur für den Neubau. Ansonsten gibt es Übergangsfristen für den Bestand von bis zu neun Jahren. In den meisten Bauordnungen wird die Einbaupflicht dem Eigentümer auferlegt. Lediglich in Mecklenburg-Vorpommern ist der Mieter für die nachträgliche Montage verantwortlich. Hamburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt haben nicht festgelegt, wer sich darum kümmern muss, was eine Reihe von juristischen Fragen aufwirft. Die regelmäßige Wartung obliegt – sofern nicht anders vertraglich vereinbart – in fast allen Bundesländern dem Mieter. Die Bauordnungen von Hamburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt hüllen sich auch bei dieser Frage in Schweigen. Daher ist hier der Vermieter im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht zuständig – es sei denn, der Mieter hat das Gerät selber eingebaut. Übrigens sind in vielen Bundesländern – anders als bei der geplanten Berliner Regelung – nur in den Schlafzimmern Rauchmelder vorgeschrieben. In Brandenburg wird derzeit ebenfalls eine Rauchmelderpflicht vorbereitet.
bl
03.01.2018