Man kann den 1960er-Jahre-Bau in der Fasanenstraße 64 unansehnlich finden. Fest steht jedoch, dass hier, in einer Seitenstraße des Kurfürstendamms, 40 sehr preisgünstige Mietwohnungen zur Verfügung standen. Das Haus ist keine Bruchbude, sondern in einem passablen Zustand. Jetzt hat der Bezirk den Abriss genehmigt.
Für die beiden letzten verbliebenen Mieter – darunter ein 82-Jähriger – hat sich das Pochen auf ihre Rechte gelohnt. Ihnen wurde vom Eigentümer ein großzügiges Angebot gemacht. Sie können zur gleichen Miete in frisch sanierte Altbauwohnungen in der Fasanenstraße 62 ziehen. 325 Euro warm für 76 Quadratmeter – danach dürften sich wohl alle Wohnungssuchenden die Finger lecken. Nur: Alle anderen Mieter wurden in den letzten Jahren rausgeekelt oder rausgekauft.
Die „Primus Projekt Fasanenstraße 64 GmbH“, die hier einen Neubau errichten will, hat großes Interesse, das Haus so schnell wie möglich freizubekommen. Der Antrag auf ein Wohngebäude mit sieben Geschossen wurde im Juni 2018 genehmigt. Bereits ein Jahr zuvor war sämtlichen verbliebenen Mietern wegen Hinderung an einer angemessener wirtschaftlicher Verwertung gekündigt worden (das MieterMagazin berichtete in Ausgabe 12/2018: „Fasanenstraße 64 – Irgendwie bekannte Masche“).
Schon aus Altersgründen hätten die beiden letzten Mieter gute Chancen gehabt, die Kündigung abzuwehren. Denn die nun erteilte Abrissgenehmigung bedeutet nicht automatisch, dass die Mieter hätten ausziehen müssen. „Ich halte die Kündigungen für nicht gerechtfertigt“, sagt Thomas Florange, Rechtsberater beim Berliner Mieterverein. Der Eigentümer hatte ein Gutachten vorgelegt, wonach eine Sanierung unwirtschaftlich gewesen wäre. Vor Gericht wären diese Angaben umfassend überprüft worden. „Hier werden die letzten noch preiswerten Wohnungen in der City plattgemacht“, bedauert Florange.
Man habe die Abrissgenehmigung nicht verweigern können, sagt der für Zweckentfremdung zuständige Stadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, Arne Herz (CDU). Eine Zweckentfremdung liege nicht vor. Es werde sogar zusätzlicher Wohnraum geschaffen. Dass statt Mietwohnungen Eigentumswohnungen entstehen, sei für die Genehmigung unerheblich. Die Änderung der Zweckentfremdungsverbotverordnung mit verschärften Anforderungen an Ersatzwohnraum bei Abriss trat erst später in Kraft.
Am 10. April hat es in der Fasanenstraße 64 gebrannt. Nun wird wegen fahrlässiger Brandstiftung ermittelt. Der 82-jährige noch im Hause wohnende Mieter konnte gerade noch rechtzeitig die Feuerwehr zur Hilfe rufen.
Birgit Leiß
01.05.2019