In Deutschland sterben jährlich rund 60 Menschen durch Unfälle mit elektrischem Strom – am häufigsten in Wohnungen. Zahlreiche durch elektrische Kabel, Geräte und Anlagen verursachten Brände kommen hinzu. Für die sachgemäße Benutzung und einwandfreie Funktionsweise von Elektrogeräten ist der Mieter verantwortlich. Was die Sicherheit der elektrischen Anlagen betrifft, hat der Vermieter eine Verkehrssicherungspflicht: Meldet der Mieter Mängel, muss er sie beheben lassen.
Sicherheit beginnt beim Kauf: Elektrogeräte sollten grundsätzlich im Fachhandel gekauft werden. Das CE-Zeichen auf dem Produkt bietet allerdings keine verlässliche Sicherheit, denn jeder Hersteller kann dieses Zeichen unkontrolliert anbringen. Es besagt nur, dass sein Produkt – nach Bekundung des Herstellers – den geltenden europäischen Richtlinien entspricht. Die Industrie warnt auch immer wieder vor nachgebauten Produkten, die dem Käufer Markenqualität suggerieren, aber diese dann doch nicht aufweisen. Solche Plagiate sind für den Laien kaum vom Original zu unterscheiden.
Eine Prüfpflicht für Elektrogeräte gibt es nicht. Verbraucherschützer weisen deshalb darauf hin, beim Kauf unbedingt auf neutrale Prüfzeichen oder -siegel wie das VDE-Zeichen, das auf dem Typenschild des Gerätes angebracht sein muss, zu achten. Sicherheit bietet auch das GS-Zeichen – ein im Gerätesicherungsgesetz festgelegtes Zeichen, das nur bei gleichzeitiger Nennung der Stelle verwendet werden darf, die die Prüfung und Zertifizierung vorgenommen hat.
Aber auch seriös zertifizierte Elektrogeräte schützen nicht vor Unfällen, wenn die elektrische Anlage marode, unterdimensioniert oder unsachgemäß installiert ist. Der Betrieb von elektrischen Anlagen ist nach DIN-Normen geregelt. Diese geben unter anderem vor, dass nur Fachleute elektrische Anlagen errichten, ändern oder instandsetzen dürfen. Zum Kreis der danach Berechtigten gehören Gesellen und Facharbeiter, staatlich geprüfte Techniker, Industrie- und Handwerksmeister sowie Elektroingenieure, Bachelors und Masters.
Normen sind zwar keine Rechtsvorschriften, sondern letztendlich unverbindliche Übereinkünfte mit Empfehlungscharakter, bei in der Wohnung anstehenden Elektroarbeiten wie der Installation neuer Steckdosen oder Lichtschalter sollten sie im eigenen Interesse aber unbedingt beachtet werden. Auch wenn Bekannte, Freunde oder Nachbarn gewisse Erfahrungen auf diesem Gebiet vorgeben – sie sind zu solchen Arbeiten nicht berechtigt. Bei einem Unfall oder einem Brand ist derjenige haftbar, der die Arbeiten veranlasst hat.
Alarmstufe drei: Rauchzeichen
Ein selbst von Laien erkennbarer sichtbarer Mangel und eine potenzielle Gefahrenquelle sind brüchige oder veraltete Verlängerungskabel. Wenn es in der Wohnung nach verschmorten Leitungen riecht, sollte eine umfassende Inspektion erfolgen. Eine Rauchentwicklung an Verteiler- oder Steckdosen oder an anderen Stellen des Stromkreises ist ein untrügliches Anzeichen für ein ernst zu nehmendes Problem. Dann muss sofort der Vermieter benachrichtigt werden, und dieser muss den Mangel, von dem eine Gefahr für Mieter und Wohnung ausgeht, sofort beheben lassen. Tritt irgendwo Rauch auf, müssen alle elektrischen Geräte sofort ausgeschaltet werden. Bei auch dann noch andauernder Rauchentwicklung muss die Feuerwehr alarmiert werden. Wichtig: Für eventuell notwendige Löscharbeiten an elektrischen Anlagen nur Trockenlöscher verwenden!
Gefahrenquelle Nummer eins für Kinder sind ungesicherte Steckdosen und herabhängende Stromkabel. Schutz vor Stromschlägen bieten Steckdosensicherungen und Kinderschutzsteckdosen. Kleinere Elektrogeräte sollten nach Gebrauch sofort wieder sicher verwahrt werden. Anschlussleitungen von Elektrogeräten sollten regelmäßig überprüft und bei Beschädigung vom Fachmann ausgetauscht werden.
Der Schalter für alle Fälle
Zusätzliche Sicherheit bieten Fehlerstrom-Schutzschalter, auch als „FI-Schutzschalter“ oder „RCD“ (Residual Current Protective Device) bekannt. Sie schalten bei einem Schaden an der Isolation die Stromzufuhr sofort ab. Für die Neuinstallation von Stromkreisen, die im Freien benutzte Geräte mit Elektrizität versorgen, sind FI-Schalter bereits Pflicht. Insbesondere in Badezimmern sind durch einen Fehlerstrom-Schutzschalter geschützte Steckdosen ratsam.
Ungewöhnliche oder sich wiederholende Störungen der Stromversorgung sind – insbesondere bei älteren Elektroanlagen – meist ein Zeichen für marode Leitungssysteme. Eine häufige Brandursache sind Kriech- oder Leckströme. Sie können auftreten, wenn zum Beispiel ein Isolator eine geringe elektrische Leitfähigkeit besitzt oder wenn Verunreinigungen oder Feuchtigkeit auf der Oberfläche vorhanden ist. Hohe Umgebungstemperaturen oder Wärmestrahlung verursacht beziehungsweise verstärkt dieses Phänomen.
Der Vermieter ist verpflichtet, die Wohnung während der Mietzeit in dem Zustand zu erhalten, wie es dem Vertrag entspricht. Veranlasst er eine regelmäßige Kontrolle durch Elektrofachkräfte nach den maßgeblichen Vorschriften, ist er immer auf der sicheren Seite. Nach DIN-Norm empfohlen wird eine Überprüfung der elektrischen Anlagen im vierjährigen Turnus, der sogenannte „E-Check„. Eine solche „Generalinspektion“ garantiert, dass zum Zeitpunkt der Überprüfung und nach gegebenenfalls erfolgter Instandsetzung keine Sicherheitsmängel an den elektrischen Anlagen und daran angeschlossenen elektrischen Geräten bestehen. Sichtbarer Beweis der Überprüfung sind die E-Check-Plakette und das Prüfprotokoll. Zum E-Check gehört auch eine Beratung über Energieeinsparmöglichkeiten. Werden beim E-Check Mängel festgestellt, muss der Mieter unverzüglich den Vermieter informieren, damit dieser deren Beseitigung veranlasst.
Der Vermieter haftet aber nicht in jedem Fall für Schäden innerhalb der Mietwohnung, die durch defekte elektrische Leitungen oder andere elektrische Anlagen entstehen, obwohl sie zur Mietsache gehören. Das hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 15. Oktober 2008 (AZ VIII ZR 321/07) bestätigt. „Der Vermieter ist nicht verpflichtet, ohne besonderen Anlass eine regelmäßige Generalinspektion der Elektroleitungen in den Wohnungen seiner Mieter vorzunehmen“, lautet der Kernsatz des BGH-Urteils. Daraus folgt: Entsteht aufgrund einer maroden Leitung in einer Wohnung ein Brand und hat der Mieter trotz Kenntnis den Vermieter nicht über den schlechten Zustand der Leitung informiert, ist der Vermieter nicht schadenersatzpflichtig. Anders, wenn die elektrische Anlage nachweislich vor Abschluss des Mietvertrages mangelhaft beziehungsweise der Vermieter über den mangelhaften Zustand im Bilde war. Davon unberührt bleibt die Garantiehaftung – der Vermieter haftet unabhängig von einem Verschulden auch dann, wenn er den Mangel nicht kannte – auch für Mängel, die bei Vertragsabschluss noch nicht sichtbar waren, wenn deren Ursache bereits angelegt war. War die elektrische Anlage bei Abschluss des Mietvertrages aber in Ordnung, hat der Vermieter lediglich im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht die Wohnung des Mieters in verkehrssicherem Zustand zu erhalten. Mängel, die der Mieter anzeigt, muss er beseitigen lassen. Ohne konkreten Anlass muss er die elektrische Anlage jedoch nicht in regelmäßigen Abständen überprüfen lassen.
Der Deutsche Mieterbund rät zur Vorsicht, wenn Vermieter bereits im Mietvertrag eine Garantiehaftung grundsätzlich ausschließen. Ein solcher Haftungsausschluss ist nach der Rechtsprechung des BGH zwar zulässig, der Mieter sollte in diesem Fall jedoch von seinem Vermieter die Durchführung eines E-Checks vor dem Einzug verlangen.
Fazit: Sowohl Mieter als auch die Vermieter haben einen Beitrag zur Sicherheit beim Umgang mit der elektrischen Anlage zu leisten. Fahrlässigkeit dabei kann Menschenleben kosten.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 7+8/09
Ein regelmäßiger Check der Wohnungselektrik durch den Fachmann gibt Sicherheit – verpflichtet ist der Vermieter dazu aber nicht
Foto: ZVEH
Wer am Stromnetz laienhaft arbeitet, haftet auch für eventuelle Folgeschäden
Foto: Christian Muhrbeck
Rat und Tat
Mängel an der Elektrik melden!
Der Mieter kann laut § 536 BGB vom Vermieter grundsätzlich die Behebung des Mietmangels, also auch die von Mängeln an der elektrischen Anlage, verlangen – ausgenommen, er hat den Mangel selbst verschuldet. Will oder kann der Vermieter den Mangel nicht beheben, kann der Mieter entweder auf Mängelbehebung klagen, die Miete mindern oder einen Teil der Miete vorläufig einbehalten. Die Mängelanzeige sollte schriftlich erfolgen, und zwar so, dass der Zugang beim Vermieter nachgewiesen werden kann – also durch Einschreiben mit Rückschein, Abgabe beim Vermieter oder Verwalter mit Empfangsbestätigung auf einer Kopie oder Einwurf in den Briefkasten des Vermieters oder Verwalters im Beisein eines Zeugen, der den Inhalt Ihres Schreibens kennt. Ist Gefahr im Verzug, zum Beispiel durch eine defekte Elektroanlage, ist auf die Dringlichkeit hinzuweisen. Reagiert der Vermieter, nachdem ihm eine angemessene Frist gesetzt wurde, nicht, kann der Mieter selbst eine Elektrofachkraft mit der Reparatur beauftragen. Der Vermieter muss die Aufwendungen ersetzen, die zur Mängelbeseitigung erforderlich waren.
rb
10.10.2024