Nach Berlin wurde die Mietpreisbremse auch in drei weiteren Bundesländern eingeführt. Fünf wollen in diesem Jahr noch folgen. Die Immobilienlobby wird aber nicht müde, das Mietenbegrenzungsinstrument zu diskreditieren.
Schon einen Monat nach Einführung der Mietpreisbremse am 1. Juni in Berlin meldete das Internetportal „ImmobilienScout 24“ einen Rückgang der Angebotsmieten um 3 Prozent gegenüber dem Vormonat – nach Anstiegen von durchschnittlich 0,3 Prozent monatlich in den anderthalb Jahren davor. Allerdings liegt die durchschnittliche Angebotsmiete von 8,58 Euro pro Quadratmeter monatlich im Juni 2015 immer noch satte 33 Prozent über der Mietpreisbremse von durchschnittlichen 6,42 Euro pro Quadratmeter. Mietervereinsgeschäftsführer Reiner Wild bleibt skeptisch. Für den Rückgang könne es unterschiedliche Gründe geben. Für eine Bewertung sei es noch zu früh.
Da in anderen Metropolen und Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt die Neuabschlussmieten weiter anstiegen, während Berlin eine Trendwende vermeldete, schließt ImmoScout, dass das neue Instrument der Mietenbegrenzung seinen Zweck erfüllt. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel sah sich veranlasst zu der Einschätzung, dass es richtig war, die Preisbremse als „erstes und einziges Bundesland sofort einzuführen“.
Mit gegenteiligen Behauptungen wartete der Immobilienverband IVD auf.
Der vom IVD herausgegebene Marktmietspiegel belege, dass in großen Teilen der Stadt die Neuabschlussmieten unter der gesetzlichen Deckelung durch die Mietpreisbremse lägen. Unsichere Vermieter würden allerdings ihre Mietpreisvorstellungen an den „gesetzlich konstruierten Wert nach oben hin anpassen“. Dieser kuriosen Einschätzung begegnet der Berliner Mieterverein mit den Ergebnissen einer schon am
Jahresanfang durchgeführten Studie: Bei 75 Prozent aller im Betrachtungszeitraum registrierten Angebotsmieten des Internetportals ImmoScout lag die Forderung über dem jetzt durch die Mietpreisbremse zulässigen Wert.
Im Übrigen komme der IVD auch deshalb zu seinen unzutreffenden Schlüssen, weil er – methodisch falsch – den Oberwert der Mietspiegelfelder zur Bestimmung der ortsüblichen Miete verwende. Auch weitere Behauptungen des IVD („Die Mietpreisbremse ist ein Mietensenkungsprogramm für den Mittelstand“) entbehrten nach Ansicht des Mietervereins einer sachlichen Grundlage und sollen offenbar nur das neue Gesetz in Misskredit bringen.
Währenddessen sind weitere Bundesländer dem Berliner Beispiel gefolgt und haben in diversen Städten die Mietpreisbremse eingeführt. Nach Hamburg und Nordrhein-Westfalen hat auch Bayern zum 1. August die Wiedervermietungsmieten begrenzt. In München wurden zuletzt bei einem neuen Vertragsabschluss 15,10 Euro pro Quadratmeter im Durchschnitt verlangt. Das sind 29 Prozent mehr als vor fünf Jahren. Nicht nur in der Bayernmetropole liefen die Mietpreise davon. Auch Städte wie Würzburg, Augsburg, Bayreuth und Fürth melden bei derzeit ähnlichen Mietniveaus wie Berlin Anstiege von 25 bis 39 Prozent in den vergangenen fünf Jahren. Die Mietpreisbremse wird nunmehr in 144 bayrischen Kommunen angewendet.
Damit gilt das Mietbegrenzungsinstrument mittlerweile für 20 Prozent des deutschen Wohnungsbestands. Zurzeit sind auch Baden-Württemberg, Hessen, Thüringen, Brandenburg und Bremen dabei, die erforderlichen Landesverordnungen zu erarbeiten.
Udo Hildenstab
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03.06.2016