Manche Hauseigentümer haben recht eigenwillige Rechtsauffassungen. Doch dass sich Mieter an den Kosten für die Wertsteigerung einer Immobilie beteiligen sollen und bei Ablehnung die Kündigung bekommen, dürfte einmalig sein.
„Der Mieter hat keine Rechte, den Luxus zu nutzen und ihn nicht zu bezahlen. Das wäre ansonsten nach StGB Betrug“, schrieb der Hauseigentümer, ein älterer Herr, der in Hamburg lebt. Nun ging es in diesem Fall nicht um Luxus, sondern um den sogenannten Ausgleichsbetrag, der in Sanierungsgebieten von der öffentlichen Hand erhoben wird, weil der Wert der privaten Liegenschaft durch die öffentlichen Sanierungsmaßnahmen gestiegen ist. Der Vermieter der Lychener Straße 24 glaubte nun, diese Kosten auf seine Mieter abwälzen zu können und verschickte Mieterhöhungen, in denen der festgesetzte Ausgleichsbetrag von rund 115.000 Euro mit 11 Prozent auf die Miete umgelegt wurde. Um über 50 Euro, je nach Größe, sollen sich die Wohnungen monatlich verteuern. Zwei Mieter, die sofort Widerspruch einlegten, erhielten postwendend die fristlose Kündigung. Begründung: „Verweigerung der staatlich verursachten Erhöhung der Gebäudenebenkosten.“
Beim Berliner Mieterverein war man empört über dieses abstruse Vorgehen. Denn eine Modernisierung setzt Maßnahmen des Vermieters an Haus oder Wohnung voraus, wie Rechtsberaterin Marion Caspar erklärt: „Die vom Senat durchgeführte Sanierung der Straße ist nach Paragraf 154 Baugesetzbuch ausschließlich vom Eigentümer zu zahlen.“ Das sieht man bei Senat und Bezirk genauso. „Die Umlage des Ausgleichsbetrages auf die Miete ist rechtswidrig und entbehrt jeder rechtlichen Grundlage“, so Vollrad Kuhn, Baustadtrat von Pankow. Einen solchen Fall habe man noch nie erlebt, heißt es bei Bezirk und Senat.
Von Amts wegen können die Mieter keine Unterstützung erwarten. Man könne sich in privatrechtliche Angelegenheiten nicht einmischen, sagt der Baustadtrat Kuhn. Warum man dem eigenwilligen Eigentümer aber nicht in einem Schreiben die Sachlage erläutern kann, bleibt unklar. Den unnötigen Rechtsstreit muss also nun jeder Mieter für sich ausfechten.
Birgit Leiß
21.11.2018