Pressemitteilung Nr. 6/15
Die sogenannte Baulückenrechtsprechung der 63. Kammer des Berliner Landgerichts ist gekippt. Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hob auf Antrag der Beschwerde führenden Mieter in seinem Beschluss vom 18. Februar 2015 (Geschäftsnummer: VerfGH 8/14) das Urteil und den Beschluss des Landgerichts Berlin (63 S 359/12) aus dem Jahre 2013 auf und verwies die Sache an das Landgericht zurück. Nun muss das Landgericht auf der Basis des Verfassungsgerichts-Beschlusses neu entscheiden.
„Wir sind sehr zufrieden mit dem Beschluss des Verfassungsgerichts“, erklärte Mietervereinsgeschäftsführer Reiner Wild. „Wir gehen nun davon aus, dass das Landgericht den Mietern Mietminderungsansprüche wegen jahrelangen Baulärms auf Nachbargrundstücken und dem eigenen Grundstück wird zubilligen müssen“. Alle Grundstücke gehören dem gleichen Eigentümer bzw. Tochterunternehmen.
Im Kern dreht es sich bei der sogenannten Baulückenrechtsprechung um den Streit, inwieweit eine Bebauung im Wohnumfeld bei der Anmietung einer Wohnung vorhersehbar und deshalb mit Baulärm zu rechnen war, was einen Mietminderungsanspruch ausschließen würde. Der Verfassungsgerichtshof erklärte nun, dass „das Landgericht … sich bei seinen Ausführungen zur Vorhersehbarkeit der Bebauung nicht in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise mit dem Vortrag zu den Besonderheiten des Eckgrundstücks befasst hat“. Konkret hatten die Mieter eingewandt, dass bei Nutzung des Nachbargrundstücks durch eine Grünfläche und bei giebelseitigen Fenstern des eigenen Hauses zu diesem Eckgrundstück hin eine Bebauung genauso wenig vorhersehbar sei, wie die Aufstockung eines Nachbarhauses zur anderen Seite hin.
Auch den Umbau eines bislang zur Rückseite des Gebäudes gelegenen Hauseingangs zur Vorderseite hin habe man nicht vorhersehen können. Über diese Argumente hatte sich die 63. Kammer ohne entsprechende Würdigung einfach hinweggesetzt, was eine Rüge der Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör durch die Mieter nach sich zog. Da auch diese Anhörungsrüge vom Landgericht zurückgewiesen wurde, blieb nur der Weg zum Verfassungsgerichtshof, der jetzt erfolgreich war.
„Der Beschluss des Verfassungsgerichts ist eine Ohrfeige für die 63. Kammer des Landgerichts“, erklärte Reiner Wild. Das Landgericht hatte mit seiner extensiven Auslegung, das man unter Berücksichtigung der Lage in der Berliner Innenstadt grundsätzlich mit Bauarbeiten größeren Umfangs und längerer Dauer rechnen müsse, keine Mietminderungsansprüche mehr gewährt. Diese Beschneidung von Mietminderungsrechten ist jetzt zurückzunehmen.
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14.06.2016