Leitsatz:
Ist in der Eigenbedarfskündigung einer Personengesellschaft angegeben, die als Bedarfsperson benannte Gesellschafterin wolle künftig nicht mehr von ihrem zwei Fahrstunden entfernten Familienheim pendeln und deswegen unter der Woche in der Wohnung übernachten, vermag das Gericht aber nur festzustellen, dass die Bedarfsperson die Wohnung allenfalls in Ausnahmefällen als Zweitwohnung nutzen will, kann die Räumungsklage abzuweisen sein.
LG Berlin vom 22.6.2022 – 64 S 340/21 –
Mitgeteilt von VRiLG Jörg Tegeder
Zum Urteilstext
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Das Amtsgericht hatte die Eigenbedarfskündigung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts für unwirksam gehalten und die Klage ohne vorherige Beweisaufnahme abgewiesen.
Im Berufungsverfahren kam das Landgericht zu dem Schluss, dass das Amtsgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen habe.
Denn das Landgericht habe sich im Rahmen der Beweisaufnahme nicht mit einer für die Räumungsverurteilung des Mieters hinreichenden Sicherheit davon überzeugen können, dass der behauptete Eigenbedarf, nämlich das ernsthafte Vorhaben der Gesellschafterin X, der Vermieterin, in die Wohnung einzuziehen und dort regelmäßig zu übernachten, tatsächlich vorliege. Die verbleibenden Zweifel des Gerichts wirkten sich zu Lasten der Vermieterin aus; diese sei nach Ausschöpfung der von ihr benannten Beweismittel für den von dem Mieter bestrittenen Eigenbedarf beweisfällig geblieben, sodass die Klage abzuweisen sei.
Nach der persönlichen Anhörung der Gesellschafterin X. stehe zunächst jedenfalls fest, dass diese die Wohnung nicht annähernd in dem Umfang nutzen wolle, wie die Vermieterin dies in den Kündigungsschreiben und im Rahmen des Rechtsstreits darstellen ließ. So hieß es im Kündigungsschreiben vom 11.6.2021, Frau X. werde wegen ihrer Vollzeittätigkeit in Berlin zukünftig „unter der Woche in Berlin bleiben“ und „die Wohnung als Schlafmöglichkeit unter der Woche“ nutzen; dies wäre auf eine werktägliche Inanspruchnahme der Wohnung hinausgelaufen. Auch in der Klageschrift und der mit ihr verbundenen weiteren Kündigungserklärung war von einer täglichen Anwesenheit der Bedarfsperson in Berlin während der üblichen Arbeitszeiten die Rede; die Wohnung werde zum Übernachten benötigt, damit Frau X. nicht mehr pendeln müsse. Obgleich auf der Hand liege, dass es für die Beurteilung des Eigenbedarfs entscheidend darauf ankomme, in welchem Umfang die Bedarfsperson die als Zweitwohnung benötigte Wohnung zu nutzen beabsichtige, sei die Vermieterin – trotz entsprechender richterlicher Hinweise – nicht davon abgewichen, dass ihre Gesellschafterin die Wohnung zukünftig werktäglich zum Übernachten benutzen wolle. Dem gegenüber habe Frau X. im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung angegeben, sie wolle lediglich an zwei oder drei Tagen je Woche in Berlin bleiben und die Wohnung zum Übernachten nutzen; noch mehr Auswärtsübernachtungen könne sie ihrer Familie nicht zumuten.
Lasse diese Einschränkung des beabsichtigten Nutzungsumfangs einen Eigenbedarf der Gesellschafterin X. der Vermieterin auf den ersten Blick überhaupt erst plausibel erscheinen, so nährten die Tatsache der Fehldarstellung des Umfangs der Eigennutzungsabsicht in Kündigungsbegründung sowie Klagevorbringen ebenso Zweifel an Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Eigennutzungspläne, wie auf den zweiten Blick festzustellende Diskrepanzen zwischen abstrakt dargestellter Motivation für eine Eigennutzung und konkret geschilderten Arbeitsbedingungen. So wirke es auf der einen Seite ohne weiteres schlüssig, nachvollziehbar und verständlich, wenn Frau X. unter Hinweis auf lange Arbeitstage und abendliche Termine schildere, sie sei teils erst „sehr spät zu Hause“ gewesen und wolle zukünftig zwei- bis dreimal pro Woche in der Berliner Wohnung übernachten, „um nicht nachts nach Hause fahren zu müssen“. Diese Darstellung habe mit ähnlichen Worten auch der als Zeuge gehörte Ehemann der Bedarfsperson bestätigt. Das Landgericht habe dem entsprechend auch keine Zweifel daran, dass die Gesellschafterin X. der Vermieterin seit Mitte 2021 wieder in Vollzeit arbeite und gelegentlich so lange in Berlin im Einsatz gewesen sei, dass sie erst spät abends oder nachts nach Hause kam und lieber in Berlin übernachtet hätte.
Zweifel an der Häufigkeit solcher Termine und der Belastbarkeit der Angabe, die Wohnung solle zukünftig zweimal oder dreimal pro Woche zum Übernachten benutzt werden, ergäben sich aber anhand konkret geschilderter Arbeits- und Uhrzeiten. So habe Frau X. angegeben, sie plane an den drei „langen Tagen“ einer zukünftigen Arbeitswoche jeweils bis etwa 18 Uhr zu arbeiten und dann in Berlin zu bleiben und in der Wohnung zu übernachten. Ausgehend von einer Fahrzeit in der Größenordnung von bis zu 120 Minuten könnte sie mithin selbst an „langen Tagen“ regelmäßig sehr deutlich vor 21 Uhr das Familienheim erreichen und einen guten Teil des Abends mit ihrem Ehemann verbringen; auch das Ziel einer Vermeidung nächtlicher Fahrten gäbe keinen Anlass, in Berlin zu verbleiben. Ähnlich zwiespältig stellten sich die Angaben des Zeugen Y. dar, wonach seine Ehefrau „sehr viel“ arbeite und „erst sehr spät nach Hause“ komme, konkret aber selbst in „langen Wochen“ zwar „oft erst nach 21 Uhr“ – aber in aller Regel wohl vor 22 Uhr – und allenfalls nach einer WEG-Versammlung sogar erst gegen 22 Uhr nach Hause komme. Die Mietberufungskammer des Landgerichts vermag zwar nicht auszuschließen, dass die Gesellschafterin X. der Vermieterin und ihr Ehemann eine abendliche Heimkehr nach 20 Uhr schon als „sehr spät“ empfinden mögen und dass die Bedarfsperson dann lieber auf einen gemeinsamen Feierabend verzichten und in Berlin bleiben würde. Sie vermag sich davon aber auch nicht zu überzeugen. Sie nehme der Gesellschafterin X. der Vermieterin zwar ohne Weiteres ab, dass sie gelegentlich auf eine Heimfahrt verzichten und in Berlin in der Wohnung bleiben würde, wäre diese für sie verfügbar. Das Gericht bezweifele aber, dass die Bedarfsperson regelmäßig und nicht nur vereinzelt von dieser Option Gebrauch machen würde.
Nun habe der BGH zwar entschieden, dass das Tatbestandsmerkmal des „Benötigens“ bei einer Zweitwohnung nicht zeitlich ausgefüllt werden könne, indem etwa eine konkrete „Mindestnutzungsdauer“ der Zweitwohnung festgelegt oder vorausgesetzt würde (BGH vom 22.8.2017 – VIII ZR 19/17). Doch stehe fest, dass der tatsächliche Eigennutzungswunsch jedenfalls nicht einmal annähernd der im Kündigungsschreiben dargestellten Nutzungsintensität der Zweitwohnung entspreche und verblieben nach dem Vorgesagten Zweifel, ob die Gesellschafterin X. der Vermieterin die Wohnung tatsächlich „benötige“, nämlich gleichwohl noch „ernsthafte, vernünftige und nachvollziehbare Gründe“ in Form einer beabsichtigten auch dem Umfang nach nachhaltigen Nutzung der Wohnung als Zweitwohnung vorlägen, die die angestrebte Beendung des Mietverhältnisses und die Inbesitznahme der Wohnung rechtfertigen könnten.
Urteilstext
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Eigenbedarfs auf Räumung und Herausgabe einer seit 1. September 2019 angemieteten Einzimmerwohnung in Anspruch; wegen der Einzelheiten sowie des Sach- und Streitstandes einschließlich der zur Entscheidung gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils verwiesen, welches der Klägerin am 23. November 2021 zugestellt worden ist.
Das Amtsgericht hat die Eigenbedarfskündigung für unwirksam gehalten und die Klage ohne vorherige Beweisaufnahme abgewiesen. Zwar sei ein Eigenbedarf der Klägerin für ihre Gesellschafter in entsprechender Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB geschützt und habe der Bundesgerichtshof zum Geschäftszeichen VIII ZR 19/17 entschieden, dass als Eigenbedarf auch das Interesse an der Einrichtung einer Zweitwohnung in Betracht komme. Doch habe die Klägerin in den Kündigungsschreiben ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses nicht hinreichend dargelegt; sämtlichen Kündigungen mangele es an einer hinreichenden Begründung im Sinne von § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB. Hiergegen richtet sich die Klägerin mit der am 21. Dezember 2021 eingegangenen und am 12. Januar 2022 begründeten Berufung.
Sie macht geltend, sie habe den geltend gemachten Eigenbedarf in den Kündigungsschreiben so präzise beschrieben, dass er eindeutig bezeichnet sei und sich von anderen denkbaren Kündigungsgründen abhebe; Details, die nicht zu den Kerntatsachen gehörten, habe sie im Rahmen des Rechtsstreits ergänzen dürfen. Das Amtsgericht hätte daher den angebotenen Beweis erheben müssen. Ein Härtegrund zu Gunsten des Beklagten liege nicht vor, insbesondere habe der Beklagte nicht schlüssig dargetan, dass er sich erstens überhaupt und zweitens auch außerhalb des von ihm favorisierten Bezirks Charlottenburg ausreichend um die Anmietung einer anderen Wohnung bemüht hätte.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, die Wohnung ooo in ooo Berlin, Vorderhaus, ooo. OG Mitte, mit einer Wohnfläche von ca. 4o m², bestehend aus einem Zimmer nebst einer Küche, Toilette, Dusche, Bad und einem Balkon zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise, dem Beklagten eine großzügig bemessene Räumungsfrist zu gewähren.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.
Die Kammer hat die Sache mit Beschluss vom 16. März 2022 gemäß § 526 ZPO auf den Einzelrichter übertragen und die Parteien darauf hingewiesen, dass die Klage mit der vom Amtsgericht gegebenen Begründung nicht zurückgewiesen werden könne, insbesondere die Kündigungserklärung vom 19. Juli 2021 nicht schon mangels ausreichenden Begründung unwirksam sei. Im Termin vom 11. Mai 2022 hat die Kammer die Gesellschafterin ooo der Klägerin persönlich angehört und ihren Ehemann zeugenschaftlich vernommen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
II.
1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO.
2. Sie ist jedoch nicht begründet, denn das Amtsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Kündigungserklärung vom 19. Juli 2021 stellt den nach Maßgabe des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB geltend gemachten Eigenbedarf zwar aus den Gründen des Beschlusses vom 16. März 2022 im Sinne des § 573 Abs. 3 BGB hinreichend dar. Die Kammer hat sich im Rahmen der Beweisaufnahme aber nicht mit einer für die Räumungsverurteilung des Beklagten hinreichenden Sicherheit davon überzeugen können, dass der behauptete Eigenbedarf, nämlich das ernsthafte Vorhaben der Gesellschafterin ooo der Klägerin, in die Wohnung einzuziehen und dort regelmäßig zu übernachten, tatsächlich vorliegt. Die verbleibenden Zweifel der Kammer wirken sich zu Lasten der Klägerin aus; diese ist nach Ausschöpfung der von ihr benannten Beweismittel für den von dem Beklagten bestrittenen Eigenbedarf beweisfällig geblieben, sodass die Klage abzuweisen ist.
Nach der persönlichen Anhörung der Gesellschafterin ooo steht zunächst jedenfalls fest, dass diese die Wohnung nicht annähernd in dem Umfang nutzen will, wie die Klägerin dies in den Kündigungsschreiben und im Rahmen des Rechtsstreits darstellen ließ. So heißt es im Kündigungsschreiben vom 11. Juni 2021, Frau ooo werde wegen ihrer Vollzeittätigkeit in Berlin zukünftig „unter der Woche in Berlin bleiben“ und „die Wohnung als Schlafmöglichkeit unter der Woche“ nutzen; dies wäre auf eine werktägliche Inanspruchnahme der Wohnung hinausgelaufen. Auch in der Klageschrift und der mit ihr verbundenen weiteren Kündigungserklärung ist von einer täglichen Anwesenheit der Bedarfsperson in Berlin während der üblichen Arbeitszeiten die Rede; die Wohnung werde zum Übernachten benötigt, damit Frau ooo nicht mehr pendeln müsse. Obgleich auf der Hand liegt und sowohl das Amtsgericht als auch die Kammer im Beschluss vom 16. März 2022 darauf hingewiesen haben, dass es für die Beurteilung des Eigenbedarfs entscheidend darauf ankommt, in welchem Umfang die Bedarfsperson die als Zweitwohnung benötigte Wohnung zu nutzen beabsichtigt, ist die Klägerin auch nachfolgend nicht davon abgewichen, dass ihre Gesellschafterin die Wohnung zukünftig werktäglich zum Übernachten benutzen wolle. Dem gegenüber hat Frau ooo im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung angegeben, sie wolle lediglich an zwei oder drei Tagen je Woche in Berlin bleiben und die Wohnung zum Übernachten nutzen; noch mehr Auswärtsübernachtungen könne sie ihrer Familie nicht zumuten.
Lässt diese Einschränkung des beabsichtigten Nutzungsumfangs einen Eigenbedarf der Gesellschafterin ooo der Klägerin auf den ersten Blick überhaupt erst plausibel erscheinen, so nähren die Tatsache der Fehldarstellung des Umfangs der Eigennutzungsabsicht in Kündigungsbegründung sowie Klagevorbringen ebenso Zweifel an Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Eigennutzungspläne wie auf den zweiten Blick festzustellende Diskrepanzen zwischen abstrakt dargestellter Motivation für eine Eigennutzung und konkret geschilderten Arbeitsbedingungen. So wirkt es auf der einen Seite ohne weiteres schlüssig, nachvollziehbar und verständlich, wenn Frau ooo unter Hinweis auf lange Arbeitstage und abendliche Termine schildert, sie sei teils erst „sehr spät zu Hause“ gewesen und wolle zukünftig zwei- bis dreimal pro Woche in der Berliner Wohnung übernachten, „um nicht nachts nach Hause fahren zu müssen.“ Diese Darstellung hat mit ähnlichen Worten auch der als Zeuge gehörte Ehemann der Bedarfsperson bestätigt. Die Kammer hat dem entsprechend auch keine Zweifel daran, dass die Gesellschafterin ooo der Klägerin seit Mitte 2021 wieder in Vollzeit arbeitet und gelegentlich so lange in Berlin im Einsatz war, dass sie erst spät abends oder Nachts nach Hause kam und lieber in Berlin übernachtet hätte.
Zweifel an der Häufigkeit solcher Termine und der Belastbarkeit der Angabe, die Wohnung solle zukünftig zweimal oder dreimal pro Woche zum Übernachten benutzt werden, ergeben sich aber an Hand konkret geschilderter Arbeits- und Uhrzeiten. So hat Frau ooo angegeben, sie plane an den drei „langen Tagen“ einer zukünftigen Arbeitswoche jeweils bis etwa 18:00 Uhr zu arbeiten und dann in Berlin zu bleiben und in der Wohnung zu übernachten. Ausgehend von einer Fahrzeit in der Größenordnung von bis zu 120 Minuten könnte sie mithin selbst an „langen Tagen“ regelmäßig sehr deutlich vor 21:00 Uhr das Familienheim erreichen und einen guten Teil des Abends mit ihrem Ehemann verbringen; auch das Ziel einer Vermeidung nächtlicher Fahrten gäbe keinen Anlass, in Berlin zu verbleiben. Ähnlich zwiespältig stellen sich die Angaben des Zeugen ooo dar, wonach seine Ehefrau „sehr viel“ arbeite und „erst sehr spät nach Hause“ komme, konkret aber selbst in „langen Wochen“ zwar „oft erst nach 21:00 Uhr“ – aber in aller Regel wohl vor 22:00 Uhr – und allenfalls nach einer WEG-Versammlung sogar erst gegen 22:00 Uhr nach Hause komme. Die Kammer vermag zwar nicht auszuschließen, dass die Gesellschafterin ooo der Klägerin und ihr Ehemann eine abendliche Heimkehr nach 20:00 Uhr schon als „sehr spät“ empfinden mögen und dass die Bedarfsperson dann lieber auf einen gemeinsamen Feierabend verzichten und in Berlin bleiben würde. Sie vermag sich davon aber auch nicht zu überzeugen. Sie nimmt der Gesellschafterin ooo der Klägerin zwar ohne weiteres ab, dass sie gelegentlich auf eine Heimfahrt verzichten und in Berlin in der Wohnung bleiben würde, wäre diese für sie verfügbar. Die Kammer bezweifelt aber, dass die Bedarfsperson regelmäßig und nicht nur vereinzelt von dieser Option Gebrauch machen würde.
Nun hat der BGH zwar entschieden, dass das Tatbestandsmerkmal des „Benötigens“ bei einer Zweitwohnung nicht zeitlich ausgefüllt werden kann, indem etwa eine konkrete „Mindestnutzungsdauer“ der Zweitwohnung festgelegt oder vorausgesetzt würde (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2017 – VIII ZR 19/17, zitiert nach juris). Doch steht fest, dass der tatsächliche Eigennutzungswunsch jedenfalls nicht einmal annähernd der im Kündigungsschreiben dargestellten Nutzungsintensität der Zweitwohnung entspricht und verbleiben nach dem Vorgesagten Zweifel, ob die Gesellschafterin ooo der Klägerin die Wohnung tatsächlich „benötigt“, nämlich gleichwohl noch „ernsthafte, vernünftige und nachvollziehbare Gründe“ (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 3) in Form einer beabsichtigten auch dem Umfang nach nachhaltigen Nutzung der Wohnung als Zweitwohnung vorliegen, die die angestrebte Beendung des Mietverhältnisses und die Inbesitznahme der Wohnung rechtfertigen können.
Soweit die Klägerin mit dem nachgelassenen Schriftsatz zu Vorkommnissen vorträgt, die sich erst nach der mündlichen Verhandlung ereignet haben sollen, können solche im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits gemäß § 296a ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.
3. Die Kostenentscheidung folgt § 97 Abs. 1 ZPO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Anlass, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht. Grundsätzliche, ihrer Bedeutung nach über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfragen sind nicht betroffen. Eine Revisionszulassung zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist ebenfalls nicht geboten.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2, 47, 41 Abs. 2 GKG.
25.04.2023