Am Anton-Saefkow-Platz in Lichtenberg ist ein Kaufhaus zum Wohngebäude umgebaut worden. Wo bis 2007 Hemden, Socken und Kaffeemaschinen verkauft wurden, kann man heute wohnen. Die Klein-Lofts mit vier Metern Deckenhöhe waren im Nu vermietet.
Auf den ersten Blick hat sich der ehemalige Kaufhof am Anton-Saefkow-Platz kaum verändert. Im Erdgeschoss gibt es Schaufenster wie eh und je, auch die braune Fassadenverkleidung ist beibehalten worden. Doch wo in den Obergeschossen früher Fensterreihen waren, befinden sich jetzt Loggien mit Sonnenschirmen und Balkonblumen. Im Kaufhaus wird jetzt gewohnt. Als im August 2011 die 84 Wohnungen nach sieben Monaten Bauzeit fertiggestellt waren, gab es keinerlei Vermietungsschwierigkeiten. „Wir hätten die Wohnungen dreimal vermieten können“, sagt Makler Thomas du Chesne. „Wir haben lange Wartelisten.“
Das „Konsument“-Warenhaus am Anton-Saefkow-Platz ist 1983 bis 1985 als Zentrum des Neubaugebiets Fennpfuhl im Norden Lichtenbergs errichtet worden. Nach der Wiedervereinigung Berlins mieteten sich hier zunächst das Warenhaus Horten, später der „Kaufhof“ ein. Die Lage abseits der Hauptstraßen und die Konkurrenz neuer Einkaufszentren machten dem Haus jedoch immer mehr zu schaffen. Nachdem Kaufhof im März 2007 in einen Neubau an der Frankfurter Allee umgezogen war, verwaiste das Gebäude am Fennpfuhl. Neue Nutzungskonzepte konnten nicht umgesetzt werden, auch ein Abriss wurde diskutiert.
Ende 2009 verkaufte die Konsum-Genossenschaft das Gebäude schließlich an die Gesellschaft für Immobilien-Projektentwicklung und Unternehmensberatung (GPU), eine Firma, die auf Gewerbeimmobilien spezialisiert ist. „Vier Meter hohe Decken, da müssen wir Lofts draus machen“, sagte damals Thomas du Chesne, der das nun „Starloft“ genannte Projekt mitentwickelt hat.
Während sich im Erdgeschoss ein Supermarkt, ein Ein-Euro-Discounter, eine Apotheke, ein Drogeriemarkt, ein Optiker und kleinere Läden zur Nahversorgung angesiedelt haben, wurden die drei oberen Etagen zu Wohnungen umgebaut. Nach der Entkernung wurden im Trockenbau Wohnungstrennwände eingezogen. Die Grundrisse sind mit offenen Küchen nach Loft-Vorbild angelegt, die innenliegenden Bäder haben kein Tageslicht. Die meisten Wohnungen haben zwei Zimmer und sind rund 55 Quadratmeter groß. Ausnahmen sind die Wohnungen an den Gebäudeecken, die vier Zimmer und 120 Quadratmeter aufweisen. Die Außenwände wurden an allen Seiten zurückgezogen, so dass vor jeder Wohnung eine große Loggia Platz hatte.
Sparsame Wohnflächen
Der große Baukörper mit seiner Grundfläche von 70 mal 60 Metern hat den Nachteil, dass die Zweizimmerwohnungen alle nur zu einer Seite Fenster haben. Im ersten und zweiten Stock wurden auf der unbelichteten Fläche im Inneren des Gebäudes große Abstellräume für jede Wohnung geschaffen – sozusagen Kellerräume auf der Etage. Im obersten Stock wurden hingegen Penthouse-Wohnungen mit Terrassen gebaut, die von zwei Seiten Tageslicht bekommen. Schon das Kaufhaus hatte eine Dachterrasse. Insgesamt hat der Bau der 5200 Quadratmeter Wohnfläche zirka 15 Millionen Euro gekostet.
„Man hätte die Wohnungen zwar größer, aber nicht kleiner machen können“, sagt Thomas du Chesne. Für Loft-Verhältnisse sind 55 Quadratmeter sehr klein. Durch die geringe Wohnfläche sollte die Miete bezahlbar bleiben. Sie beträgt etwa 580 Euro bruttowarm, also rund 10,50 Euro pro Quadratmeter. Wer ein gewisses Loft-Ambiente sucht, aber keine Fabriketage mit 150 Quadratmetern bezahlen kann, für den kann das Angebot interessant sein.
Eingezogen sind in die „Starlofts“ vor allem junge Berufstätige, „darunter sehr viele nach Berlin Zugezogene“, so du Chesne. Das von älteren Bewohnern geprägte Wohngebiet wird durch den Zuzug gemischter. „Die junge Mieterschaft hat dem Anton-Saefkow-Platz gutgetan“, meint du Chesne. Der große Parkplatz, der vor dem Haus eine verkrautete Grünanlage ersetzte, hat den Platz allerdings nicht gerade verschönert.
Jens Sethmann
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MieterMagazin 9/12
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Foto: Christian Muhrbeck
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js
06.02.2016