Auch wenn der Baustoff Asbest nach intensiven Diskussionen in den 90er Jahren weitgehend aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden ist – die Gefahren, die von ihm ausgehen, sind geblieben. Jetzt fordern die Grünen, dass die Asbestgefahr in Wohngebäuden erneut bewertet und transparent gemacht wird. Der letzte Asbestbericht des Berliner Senats stammt aus dem Jahre 2000.
Seit April 2006 gilt das Asbestverbot in der gesamten Europäischen Union. Asbest ist als „sehr stark krebserregend“ in die Gefahrstoffklasse I eingestuft. Im Jahr 2009 zählten die deutschen Berufsgenossenschaften 1328 Asbest-Tote. Die Zahl der Erkrankten ist dreimal so hoch. Der international renommierte Arbeitsmediziner Hans-Joachim Woitowitz, der maßgeblich zum Asbestverbot beigetragen hat, warnt: „Die Spitze der Krankheits- und Todesfälle ehemaliger Asbestarbeiter erwarten wir erst in den Jahren 2015 bis 2020.“ Bis zu 40 Jahre kann es dauern, bevor die eingeatmeten Asbestfasern zu Krankheit und Tod führen.
Auf rund 20 Millionen Quadratmetern, einer Fläche so groß wie Hessen, wurde in der Bundesrepublik Asbest verbaut. Das Teufelszeug steckt noch überall. Fachleute schätzen, dass etwa 30 Prozent der asbestbelasteten Gebäude noch nicht saniert sind – auch in Berlin.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert den Senat deshalb auf, die noch bestehende Kontamination mit Asbest im Bestand der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Berlins und auch im privaten Bestand aktuell zu ermitteln und zu bewerten. Ein entsprechender Antrag wurde Ende April 2012 im Abgeordnetenhaus eingebracht. Er liegt zurzeit beim Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr. Bis Ende des Jahres ist dem Abgeordnetenhaus zu berichten.
Andreas Otto, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der bündnisgrünen Fraktion im Abgeordnetenhaus, fordert, dass die Mieter über das Vorhandensein asbesthaltiger Baustoffe in ihren Wohnungen informiert werden und umfassende Hinweise zu bestehenden Gesundheitsgefahren, insbesondere bei der Durchführung von Bauarbeiten, erhalten.
Rainer Bratfisch
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