Nachtspeicherheizungen nutzen den günstigeren Nachtstrom, um sich aufzuheizen, und geben die gespeicherte Wärme tagsüber wieder ab. Doch sind diese Geräte heutzutage aus Gesundheits-, Umwelt- und Kostengründen überaus unbeliebt. Besonders problematisch: Geräte bis Baujahr 1977 können Asbest enthalten.
Bei einem asbesthaltigen Nachtspeicherofen können krebserregende Fasern dieses Minerals im Zuge der normalen Abnutzung in die Atemluft gelangen. Ob tatsächlich Asbest freigesetzt wird, kann nur ein Gutachten klären. „Doch die Messungen lassen häufig keine generellen Aussagen zu, weiß Elisabeth Gulich vom Fachverband Schadstoffsanierung (FAS). Robert Rath, Sprecher des Landesamtes für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (LAGetSi), warnt jedoch vor Panikmache: „Asbest ist nur dann gefährlich, wenn er bricht oder beschädigt wird.“
Wie viele Nachtspeicheröfen noch in Berliner Wohnungen stehen, weiß niemand genau. An den Fachverband Schadstoffsanierung wenden sich allerdings immer wieder besorgte Mieter, deren Wohnungen mit einer solchen Heizung ausgestattet sind. Beim Berliner Mieterverein (BMV) ist eine Liste aller asbesthaltigen Fabrikate erhältlich. Auch die Hersteller können Auskunft geben. „Häufig befinden sich jedoch gar keine Typenschilder mehr auf den Geräten“, berichtet Elisabeth Gulich vom FAS. In einem solchen Fall sollte der Vermieter nach Typ und Baujahr gefragt werden. Bei einem asbesthaltigen Gerät rät der BMV zum sofortigen Handeln: Der Hauseigentümer sollte schriftlich aufgefordert werden, das mögliche Gesundheitsrisiko durch ein Sachverständigengutachten (zum Beispiel des TÜVs) feststellen zu lassen. Verweigert der Vermieter das, kann der Mieter selbst einen Gutachter bestellen. Besteht tatsächlich eine Gesundheitsgefährdung, muss in jedem Fall der Vermieter die Kosten tragen, ansonsten der Mieter.
Ordnet der Gutachter die Sanierung oder gar Demontage des Nachtspeicherofens an, ist der Hauseigentümer verpflichtet, entsprechend zu handeln. Sanierung oder Entsorgung sind unbedingt von einem Fachmann vorzunehmen, da der Schadstoff gerade hierbei verstärkt freigesetzt wird. Wer bis zum Abbau nicht mit der vorhandenen Asbestgefahr leben will, für den hat Robert Rath vom LAGetSi einen einfachen Tipp: „Das ausgeschaltete Gerät mit Plastik ummanteln und gut abkleben, dann kann erst mal nichts passieren.“
Ein System mit vielen Nachteilen
Asbest hin oder her: Nachtspeicheröfen bergen etliche Nachteile: Es entstehen bei der Beheizung bis zu dreimal mehr Kohlendioxidemissionen als bei herkömmlichen Heizungen auf Basis fossiler Brennstoffe. Auch in punkto Energieeffizienz lassen die Geräte einiges zu wünschen übrig. Deshalb ist nach dem Berliner Energiespargesetz auch der Neuanschluss von Nachtstromspeicherheizungen grundsätzlich unzulässig. „Der Senat soll dieses Verbot in der Novelle des Gesetzes, die demnächst ansteht, unbedingt aufrecht erhalten“, fordert Reiner Wild, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins.
In den 70er Jahren wurden Nachtspeicherheizungen staatlich gefördert und gerne als Ersatz für öl- oder kohlebefeuerte Einzelöfen eingebaut. Die Kraftwerksbetreiber freuten sich, wurden sie auf diese Weise doch ihren sonst wenig genutzten Nachtstrom los. Mittlerweile wird wiederum der Austausch der Speicheröfen finanziell unterstützt, etwa über das Förderprogramm „Wohnraum Modernisieren“: Für die Erneuerung dieser kohlendioxidintensiven Heiztechnik vergibt die bundeseigene KfW-Bankengruppe besonders zinsgünstige Darlehen. Weitere Informationen zum KfW-Förderprogramm erhalten Sie unter www.kfw-foerderbank.de oder Tel. 0180-133 55 77 (bundesweit zum Ortstarif).
Kristina Simons
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Nach 1977 gebaute Nachtspeichergeräte enthalten kein Asbest mehr
Foto: dimplex
Mehr zum Thema sowie eine Liste aller asbesthaltigen Nachtspeicheröfen enthält das Infoblatt Nr. 80 des Berliner Mietervereins.
Asbest
Der Name Asbest kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie unzerstörbar, unvergänglich. Nomen est omen: Das natürlich vorkommende Mineral gilt als hitze- und säurebeständig und kann Schall und Wärme perfekt isolieren. Bis in die 70er Jahre wurde der Stoff deshalb gerne in der Bauindustrie verwendet. Asbest ist in hohem Maße krebserregend, seine gesundheitsgefährdende Wirkung ist bereits seit den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts bekannt. Doch erst seit 1993 darf er in Deutschland nicht mehr verarbeitet werden – europaweit sogar erst seit Anfang 2005.
ks
04.06.2018