Berliner Mietspiegel – Jahressperrfrist – Vergleichsmiete – Kappungsgrenze
Stand: 6/24
Die Möglichkeit der Grundmieterhöhung findet sich in §§ 558 – 558 e BGB. Sie gilt für Wohnraum, dessen Erstellung nicht mit öffentlichen Mitteln gefördert wurde (freifinanzierter Alt- und Neubau).
Folgende Fragen behandelt dieser Artikel:
- Einjahressperrfrist bei einer Mieterhöhung nach § 558 BGB
- Kappungsgrenze bei einer Mieterhöhung nach § 558 BGB
- Begründungspflicht für eine Mieterhöhung nach § 558 BGB
- Ortsübliche Vergleichsmiete
- Zustimmungserfordernis bei einer Mieterhöhung nach § 558 BGB
- Weitere Hinweise bei einer Mieterhöhung nach § 558 BGB
Nicht behandelt wird in diesem Info das Mietpreisrecht folgender Wohnungsarten:
- Sozialwohnungen
(siehe Info Nr. 53, Sozialer Wohnungsbau – Welche Miethöhe ist zulässig), - ehemalige – aus der Sozialbindung gefallene – Sozialwohnungen
(siehe Info Nr. 47, Ende der Preisbindung im Sozialen Wohnungsbau – Mieterhöhung, Betriebskosten, Vertragsänderung, Kündigung) - mietverbilligte steuerbegünstigte Wohnungen nach §§ 88 bis 88 c des II. WoBauG
(siehe Info Nr. 53, Sozialer Wohnungsbau – Welche Miethöhe ist zulässig), - vertraglich geförderte Wohnungen nach §§ 88 d, e des II. WoBauG
(siehe Info Nr. 153, 2. Förderungsweg – Vertraglich geförderte Wohnungen).
Achtung: Für Mieter in den sechs städtischen Wohnungsunternehmen Berlins gelten aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit dem Land Berlin besondere Regeln für Mieterhöhungen (siehe Info 43: Wohnraumversorgungsgesetz und unter 2.), die in der Regel den Mieter weitergehend schützen.
Nach der gesetzlichen Regelung des § 558 BGB kann der Vermieter die vertraglich vereinbarte Grundmiete nicht nach Belieben erhöhen. Vielmehr muss er vorher die Zustimmung des Mieters einholen.
Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der Grundmiete aber nur dann verlangen, wenn
1. die Einjahressperrfrist eingehalten,
2. die Kappungsgrenze beachtet,
3. das Mieterhöhungsverlangen begründet und
4. die ortsübliche Vergleichsmiete nicht überschritten
wird.
1. Einjahressperrfrist
Das Gesetz definiert die Einjahressperrfrist in § 558 Abs. 1 BGB wie folgt: „Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit fünfzehn Monaten unverändert ist. Das Mieterhöhungsverlangen kann frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden. Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 werden nicht berücksichtigt.“
Keinen Einfluss auf diese Jahresfrist haben Mieterhöhungen wegen gestiegener Betriebskosten (§ 560 BGB) oder auf Grund durchgeführter Modernisierungsmaßnahmen (§ 559 BGB). Diese Mieterhöhungen können – gleichgültig wie oft und in welcher Reihenfolge – grundsätzlich während des letzten der Mieterhöhung nach § 558 BGB vorangegangenen Jahres durchgeführt werden, ohne dass dies die Jahressperrfrist auslöst.
Die Jahressperrfrist wird also nur ausgelöst von Mieterhöhungen nach § 558 BGB, durch einverständliche Mietanpassungen nach § 557 Abs. 1 BGB sowie durch Vereinbarungen der Miete bei Vertragsabschluss.
Die einjährige Sperrfrist beginnt mit dem Wirksamwerden der letzten Mietänderung nach § 558 BGB oder nach § 557 Abs. 1 BGB, welche dem jetzigen Mieterhöhungsverlangen vorausging. Ist zum Zeitpunkt des Zugangs beim Mieter die Sperrfrist noch nicht abgelaufen, ist das Mieterhöhungsverlangen unheilbar unwirksam (Rechtsentscheid des BGH vom 16.6.1993 – VIII ARZ 2/93 -).
2. Kappungsgrenze
Kappungsgrenze bedeutet: Die Miete darf gemäß § 558 Abs. 3 BGB innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren nur um 20 Prozent steigen. Achtung: Sonderregelung für Gebiete mit erhöhtem Wohnbedarf, unter anderem Berlin, siehe unten. Viele Vermieter und Mieter missverstehen diese Regelung und glauben, dass die Miete automatisch alle drei Jahre um 20 Prozent steigen darf. Das ist falsch. In einem laufenden Mietverhältnis darf der Vermieter die Miete immer nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen. Das ist die absolute Obergrenze. Nur wenn die bisherige Miete unter der ortsüblichen Miete liegt, kommt die Kappungsgrenze überhaupt ins Spiel. Dann darf der Vermieter die Miete aber nicht auf „einen Schlag“ auf die Vergleichsmiete anheben. Er muss die Kappungsgrenze einhalten.
Der durch das Mietrechtsänderungsgesetz 2013 neu formulierte Absatz 3 des § 558 BGB bestimmt, dass die Kappungsgrenze 15 Prozent in drei Jahren beträgt, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist und diese Gebiete durch eine Rechtsverordnung des jeweiligen Bundeslandes bestimmt sind. Die dazu vom Berliner Senat erlassene Rechtsverordnung ist bis zum 10. Mai 2028 gültig (GVBl. 23, 112).
Die 15 Prozent bzw. 20 Prozent der Kappungsgrenze werden vom sogenannten Ausgangsmietzins berechnet. Das ist der Preis, der drei Jahre vor Wirksamwerden der neuen Mieterhöhung gezahlt wurde, allerdings ohne die im Umlageverfahren erhobenen Betriebskosten. Das heißt: Berechnungsgrundlage ist in der Regel die Nettokaltmiete, es sei denn, die Mietvertragsparteien haben eine (Teil)-Inklusivmiete/Bruttokaltmiete vereinbart. Mieterhöhungen nach den §§ 559 bis 560 BGB (Betriebskostenerhöhungen und Modernisierungsumlagen), die während des Dreijahreszeitraumes Wirkung entfalten, werden bei der Berechnung der Kappungsgrenze nicht berücksichtigt.
3. Begründungspflicht
Der Vermieter muss die Mieterhöhung begründen. Er muss dem Mieter erläutern, dass die bisher von ihm gezahlte Miete geringer ist als die ortsübliche Vergleichsmiete und ihm plausibel darlegen, dass die künftig von ihm verlangte Miete die ortsübliche Miete für vergleichbare Wohnungen nicht übersteigt.
In § 558 a Abs. 2 BGB werden dem Vermieter Begründungsmittel an die Hand gegeben. Er kann
- auf einen Mietspiegel Bezug nehmen oder
- ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen beifügen oder
- drei Vergleichswohnungen benennen.
Welches Begründungsmittel der Vermieter wählt, bleibt ihm überlassen. Fehlt die Begründung oder ist sie unvollständig, dann ist die gesamte Mieterhöhung unwirksam.
Mietspiegel
Will der Vermieter eine Mieterhöhung mittels Mietspiegel wirksam vornehmen, muss er im Erhöhungsschreiben auf diesen Bezug nehmen. „Bezugnahme auf den Mietspiegel“ erfordert, dass ein konkretes Rasterfeld des Mietspiegels (bzw. die konkrete Zeile) bezeichnet wird. Die Mieterhöhung ist andernfalls unwirksam. Die Bezugnahme auf ein Leerfeld macht die Mieterhöhung ebenfalls unwirksam.
Was ist der Mietspiegel?
Der Berliner Mietspiegel stellt eine Übersicht über die ortsüblichen Vergleichsmieten der Stadt dar. Der Mietspiegel dient den Vermietern als Mieterhöhungsinstrument, den Mietern als Begrenzungsinstrument und den Gerichten als Grundlage zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete bei Mieterhöhungsstreitigkeiten. Der Mietspiegel spielt auch bei der Feststellung von Mietpreisüberhöhungen nach § 5 WiStG eine Rolle (siehe Punkt 6).
Der Berliner Mietspiegel gilt nicht für:
- Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern sowie in Reihenhäusern,
- Neubauwohnungen, die ab dem 1. Januar 2023 bezugsfertig geworden sind,
- preisgebundene, öffentlich geförderte Wohnungen (Sozialwohnungen, 1. Förderweg),
- Wohnungen mit WC außerhalb der Wohnung.
Der Berliner Mietspiegel ist ein sogenannter qualifizierter Mietspiegel im Sinne des § 558 d BGB. Er wurde nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt. Das heißt, er trifft eine besonders hochwertige und damit rechtssichere Aussage über die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmieten. Im Mieterhöhungsverfahren führt der „qualifizierte Mietspiegel“ gegenüber einem „einfachen“ Mietspiegel zu erheblich größerer Rechtssicherheit. Er verhindert bei Mieterhöhungsverlangen der Vermieter, dass sich diese ohne weiteres auf in einzelnen Fällen vereinbarte hohe Mieten bei Vergleichswohnungen berufen können. Denn: Der Vermieter muss gemäß § 558 a Abs. 3 BGB dem Mieter bereits im Mieterhöhungsverlangen auch dann die Angaben des Mietspiegels mitteilen, wenn er sein Mieterhöhungsverlangen auf ein anderes Begründungsmittel – z.B. Mietpreise für einzelne Vergleichswohnungen – stützt. Versäumt er dies, ist die Mieterhöhung unwirksam.
Unter Hinweis auf die gesetzliche Vermutung der Richtigkeit der ortsüblichen Vergleichsmiete im qualifizierten Mietspiegel kann der Mieter eine weitergehende Forderung des Vermieters einfach zurückweisen. Er kann sich bei Mietpreisverhandlungen mit dem Vermieter auf den qualifizierten Mietspiegel berufen. Kommt es zum Zustimmungsprozess, gehen die Gerichte bislang überwiegend davon aus, dass der Mietspiegel die richtigen Mietwerte wiedergibt.
Nicht alle im Mietspiegelheft dargestellten Informationen gehören zum qualifizierten Mietspiegel. Die Qualifizierung bezieht sich auf die Mietspiegeltabellen (Ausnahmen: siehe gleich) und auf die Wohnlageneinstufung.
Nicht zum qualifizierten Teil gehört die Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung. Sie ist nicht nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt. Gleichwohl bietet sie die geeigneteste Hilfestellung bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete für die betreffende Wohnung.
Wichtig: Auch mit einer formal wirksam begründeten Mieterhöhung muss noch nicht automatisch die „richtige“ ortsübliche Vergleichsmiete für die betreffende Wohnung geltend gemacht worden sein. Begründet der Vermieter sein Mieterhöhungsverlangen unter Bezugnahme auf den Oberwert des entsprechenden Mietspiegelfeldes (seit dem Mietspiegel 2024 heißen die Felder „Zeilen“), ist die Mieterhöhung zwar formal wirksam, der Mieter kann aber – wenn er dafür Gründe hat – bestreiten, dass der Oberwert des Mietspiegels die ortsübliche Vergleichsmiete für seine Wohnung wiedergibt. Können sich die Mietvertragsparteien in einem solchen Fall nicht einigen, sollte der Mieter insoweit eine Teilzustimmung bis zu dem seiner Meinung nach maximal berechtigten Wert abgeben. Reicht dem Vermieter die Teilzustimmung des Mieters nicht, so wird der maßgebliche ortsübliche Mietzins für die betreffende Wohnung dann nach Klageerhebung durch den Vermieter im Zustimmungsprozess vom Gericht festgestellt.
Handhabung des Mietspiegels
Für die Ermittlung der zutreffenden ortsüblichen Vergleichsmiete und zur konkreten Einordnung der betreffenden Wohnung innerhalb der Mietzinsspanne anhand des Berliner Mietspiegels ist es unerlässlich, das vom Berliner Senat herausgegebene und bei allen Wohnungsämtern, Bürgerberatungsstellen und Mieterverbänden erhältliche Mietspiegelheft eingehend zu studieren. Die dort zu findenden sehr umfangreichen Erläuterungen können wir hier im Rahmen dieses Infos nicht wiedergeben.
Die genaue Zuordnung eines Grundstücks zur zutreffenden Wohnlage kann dem „Straßenverzeichnis zum Berliner Mietspiegel“ entnommen werden. Dort ist jede Hausnummer einer Wohnlage zugeordnet. Auskunft aus dem Straßenverzeichnis geben die bezirklichen Wohnungsämter oder die Bürgerberatungsstellen der Bezirke, der Berliner Mieterverein e.V. und das
Mietspiegeltelefon: 90139-4777 der Senatsverwaltung
(Mo.-Do. 9.00 – 15.00 Uhr, Fr. 9.00 – 14.00 Uhr).
Der Mietspiegel im Internet: www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/mietspiegel/
Tipp: Unser Fragebogen in Info Nr. 135 [PDF] hilft bei der Eingruppierung Ihrer Wohnung in den Mietspiegel.
Sachverständigengutachten
Die Begründung der Mieterhöhung mit einem Sachverständigengutachten kommt nicht so oft vor. Dies liegt daran, dass ein solches Gutachten 1500 Euro oder mehr kostet, der Vermieter dieses Gutachten aber aus eigener Tasche bezahlen muss, auch wenn er in einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Berechtigung seiner Mieterhöhung bestätigt bekommt.
- Wenn der Vermieter sich auf ein Sachverständigengutachten stützt, dann muss dieses Gutachten der Mieterhöhungserklärung in vollem Wortlaut beigefügt sein, sonst ist das Mieterhöhungsverlangen unwirksam.
- Der Sachverständige muss für ein Fachgebiet öffentlich bestellt und vereidigt sein, in dem er sich zumindest auch mit der Mietpreisbewertung befassen muss.
- Das Gutachten selbst muss begründet sein, und zwar so, dass der Mieter es logisch nachvollziehen kann.
Und nicht vergessen: Das auf ein Sachverständigengutachten gestützte Mieterhöhungsverlangen ist schon formal unwirksam, wenn der Vermieter im Mieterhöhungsschreiben nicht auch die Mietwerte des entsprechenden einschlägigen Mietspiegelfeldes (bzw. der konkreten Zeile) des Berliner Mietspiegel mitteilt (§ 558 a Abs. 3 BGB).
Vergleichswohnungen
Die einfachste – für den Mieter aber gefährlichste – Begründungsmöglichkeit ist der Hinweis auf die Miethöhe in drei vergleichbaren Wohnungen. Bei Begründungen dieser Art ist besondere Vorsicht geboten. Denn die Miete von drei Vergleichswohnungen stellt in der Regel nicht die ortsübliche Vergleichsmiete dar. Erfahrungsgemäß suchen sich Vermieter nach Möglichkeit solche Vergleichswohnungen heraus, die besonders teuer vermietet worden sind.
- Der Vermieter kann seine Mieterhöhung auch mit Wohnungen aus dem eigenen Wohnungsbestand begründen; die Wohnungen können sogar im selben Haus liegen.
- Der Vermieter ist verpflichtet, die im Mieterhöhungsschreiben angegebenen Vergleichswohnungen genau zu beschreiben. Dazu genügt es im Regelfall, dem Mieter Informationen über Namen des Wohnungsinhabers, Adresse, Geschoss und Quadratmeter-Preis zu geben. Grundsätzlich dürfen die Vergleichswohnungen kleiner oder größer sein als die Wohnung des Mieters. Entscheidend ist die Angabe des Quadratmeter-Preises.
- Der Vermieter muss zur Begründung seiner Mieterhöhung mindestens drei Vergleichswohnungen benennen. Wohnungen, die mit der des Mieters aber überhaupt nicht vergleichbar sind, fallen als Begründungsmittel weg. Wenn dadurch zum Beispiel von den ursprünglich genannten fünf Vergleichswohnungen nur noch zwei übrig bleiben, liegt kein wirksames Mieterhöhungsverlangen vor.
- Der Vermieter kann auch nicht mehr als den Mietpreis verlangen, der für die günstigste der drei Vergleichswohnungen gezahlt wird.
Wichtig: Hat der Vermieter sein Mieterhöhungsverlangen mit dem Hinweis auf den Mietzins in drei oder mehr Vergleichswohnungen oder unter Bezugnahme auf ein Gutachten wirksam begründet, so bedeutet das nicht, dass damit auch die ortsübliche Vergleichsmiete feststeht. Den Nachweis über die ortsübliche Miete kann der Vermieter im Prozess nicht mit den angegebenen Vergleichsobjekten führen, sondern mit den üblichen gerichtlichen Beweismitteln. Also: Auch wenn die Mieterhöhung mit Vergleichswohnungen oder Gutachten begründet wird, sollten Sie die zulässige Miethöhe anhand des Mietspiegels überprüfen.
Und nicht vergessen: Das auf Vergleichswohnungen gestützte Mieterhöhungsverlangen ist schon formal unwirksam, wenn der Vermieter im Mieterhöhungsschreiben nicht auch die Mietwerte des entsprechenden einschlägigen Mietspiegelfeldes (bzw. der konkreten Zeile) des Berliner Mietspiegel mitteilt (§ 558 a Abs. 3 BGB).
4. Ortsübliche Vergleichsmiete
Können sich Mieter und Vermieter über die ortsübliche Miete der Wohnung nicht einigen, entscheidet das Gericht im sogenannten Zustimmungsprozess. Da der qualifizierte Berliner Mietspiegel in den allermeisten Fällen von den Gerichten als Beweismittel im Zustimmungsprozess anerkannt werden wird, ergibt sich hieraus die immense praktische Bedeutung des Berliner Mietspiegels. Kann der Mieter nämlich sichergehen, dass der Mietspiegel bei der gerichtlichen Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete das „Maß aller Dinge“ ist, so wird er sich auch im vorprozessualen Mieterhöhungsverfahren von Mietforderungen, die über die Werte des Mietspiegels hinausgehen, nicht beeindrucken lassen und seine Zustimmung zur Mieterhöhung insoweit verweigern. Denn letztlich ist die für den Mieter wichtige Frage, ob er einer Mieterhöhung zustimmen oder zumindest teilweise zustimmen muss oder ob er sie zurückweisen darf, abhängig von dem sicheren Wissen um die ortsübliche Vergleichsmiete für die betreffende Wohnung.
5. Zustimmungserfordernis
Eine Mieterhöhung nach § 558 BGB, also die Anhebung der Kaltmiete auf das Niveau der ortsüblichen Miete unter Beachtung der Kappungsgrenze und der Jahressperrfrist, wird nur wirksam, wenn der Mieter ausdrücklich zustimmt. Ist die Mieterhöhung ordnungsgemäß, hat der Vermieter einen Anspruch auf Zustimmung. Wird sie dennoch verweigert, kann der Vermieter sie einklagen (Zustimmungsklage). Daraus ergibt sich, dass Handlungsbedarf für Mieter besteht, denen eine Mieterhöhung nach § 558 BGB zugeht.
- Wenn das Mieterhöhungsverlangen in Ordnung ist: Erteilen Sie bis Ende des 2. Kalendermonats nach Zugang des Erhöhungsverlangens Ihre Zustimmung schriftlich. Andernfalls riskieren Sie eine Zustimmungsklage des Vermieters. Mit Beginn des 3. Kalendermonats nach Zugang der Mieterhöhungserklärung müssen Sie dann die neue Miete zahlen.
- Wenn Sie Zweifel an der Berechtigung der Mieterhöhung haben: Suchen Sie baldmöglichst nach Erhalt des Mieterhöhungsverlangens eine Mieterberatung auf. Stellt sich heraus, dass die Mieterhöhungsforderung formal unwirksam ist, können Sie schweigen und die bisherige Miete weiterzahlen.
- Stellt sich heraus, dass die Mieterhöhungsforderung der Höhe nach teilweise unbegründet ist, sollten Sie dem Mieterhöhungsverlangen in entsprechendem Umfang teilweise zustimmen.
Bedenken Sie weiterhin:
Zustimmung und Vorbehalt
Eine unter Vorbehalt erklärte Zustimmung gilt als nicht erfolgt. Ebenso gelten Zahlungen unter Vorbehalt nicht als Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB. Es droht in diesen Fällen eine Zustimmungsklage des Vermieters! Bis Ende des 2. Kalendermonats nach Zugang der Mieterhöhung sollten Sie als Mieter dem Mieterhöhungsverlangen – am besten schriftlich – zugestimmt haben, es sei denn, die Mieterhöhung ist offensichtlich unwirksam. Bei Unsicherheit über die Miethöhe empfiehlt sich eher eine Teilzustimmung (siehe oben).
Zustimmung trotz Mängeln an der Mietwohnung
Bei Vorhandensein behebbarer Mängel steht dem Mieter nach Ansicht der Rechtsprechung lediglich ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Miete, nicht aber hinsichtlich der Zustimmung zur Mieterhöhung nach § 558 BGB zu. Das bedeutet: Bei Mängeln an der Mietwohnung, die zur Mietminderung berechtigen, kann der Mieter deswegen nicht seine Zustimmung zur Mieterhöhung verweigern. Er kann aber die erhöhte Miete zurückbehalten bzw. Miete mindern, solange der Mangel anhält.
Fazit: Das, was Mieter eigentlich in diesen Fällen wollen, tritt wirtschaftlich auch ein. Sie müssen nur das Verfahren beachten (erst Zustimmung erklären, dann Mietzahlung zurückbehalten). Wer sich daran nicht hält, riskiert eine für ihn sinnlose Zustimmungsklage mit der entsprechenden Prozesskostenlast.
6. Weitere Hinweise
Zusätzlich müssen bestimmte formale Mindestvoraussetzungen immer erfüllt sein, damit ein Mieterhöhungsverlangen wirksam ist. Verstöße dagegen führen zur Unwirksamkeit der Mieterhöhung (siehe Auflistung in Info Nr. 19, Mieterhöhungsmöglichkeiten nach §§ 557 ff. BGB, Punkt 10).
Ausschluss der Mieterhöhung (§ 557 Abs. 3 BGB)
Wenn eine Mieterhöhung zugeht, sollte zuerst geprüft werden, ob für die Wohnung nicht vielleicht Mieterhöhungen generell ausgeschlossen sind. Der Ausschluss oder die Beschränkung einer Mieterhöhung können sich entweder aus einer Vertragsvereinbarung oder aus besonderen Umständen ergeben.
Beispielhaft seien folgende Ausschlussgründe genannt:
- vertraglicher Ausschluss, zum Beispiel als Gegenleistung für eine vom Mieter vorgenommene Modernisierung der Wohnung;
- Vereinbarung einer Gefälligkeitsmiete, zum Beispiel unter Freunden;
- teilweiser Ausschluss von Mieterhöhungen auf Grund öffentlicher Förderung von Baumaßnahmen (Vertrag zwischen Investitionsbank Berlin und Eigentümer/Vermieter zu Gunsten des Mieters und nach § 558 Abs. 5 BGB).
Nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG) ist grundsätzlich eine Mietpreisüberhöhung gegeben, wenn die ortsübliche Vergleichsmiete um 20 Prozent überschritten wird (sogenannte „Wesentlichkeitsgrenze“) und bei Vertragsabschluss ein „geringes Wohnungsangebot ausgenutzt“ wurde. Liegt eine Mietpreisüberhöhung vor, ist die Mietzinsvereinbarung insoweit nichtig, als der Mietzins die Wesentlichkeitsgrenze übersteigt.
Die Einzelheiten entnehmen Sie bitte unserem Info Nr. 21, Mietpreisüberhöhung nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG) – Zahlen Sie zuviel Miete?).
Denken Sie daran, dass an sich unwirksame Mieterhöhungen nach § 558 BGB durch Zustimmung des Mieters wirksam werden können. Vorsicht vor unbeabsichtigten einvernehmlichen Mieterhöhungen nach § 557 Abs. 1 BGB (siehe unser Info Nr. 160, Die ‚versehentliche‘ Mieterhöhung)!
Weitere Informationen zum Thema:
Die 10 häufigsten Vermieterfehler bei der Mieterhöhung:
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06.08.2024