Leitsatz:
Mieter, in deren Wohnung beschädigte Vinyl-Asbestplatten vorhanden sind, haben wegen möglicher späterer Erkrankungen an Rippenfellkrebs, Asbestose und anderen klassischen Asbesterkrankungen einen Anspruch auf Feststellung zukünftiger Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegen den Vermieter.
LG Berlin vom 21.12.2012 – 65 S 200/12 –
Mitgeteilt von RA Sven Leistikow
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
In der Wohnung waren in den 70er Jahren Vinyl-Asbestplatten auf Holzplatten aufgelegt und verklebt worden. Diese brachen mit der Zeit. Von den Bruchkanten dieser Platten geht bei Kontakt eine Gesundheitsgefahr aus. Das Landgericht hat den Mietern Feststellungsansprüche dahingehend zugesprochen, dass die Vermieterin verpflichtet sei, den Mietern alle materiellen und immateriellen Schäden, die ihnen aus der Gesundheitsgefährdung, die durch den Asbestkontakt in den Mieträumen bereits entstanden seien beziehungsweise als Spätfolgen noch entstehen würden, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen seien.
Damit gewährte das Gericht den Mietern einen Feststellungsanspruch für Gesundheitsschäden, die durch Asbest in der Zukunft entstehen können. Die lange Inkubationszeit des Asbeststaubs (20 bis 30 Jahre) führt dazu, dass regelmäßig die Ansprüche verjährt wären, wenn der Schaden sichtbar wird.
Das Feststellungsinteresse wurde daher zum Zwecke der Hemmung der Verjährung und wegen des gewissen Grades Wahrscheinlichkeit, dass ein künftiger Schaden möglich ist, bejaht.
Obgleich die statistischen Werte und Ausgangsbetrachtungen nur ein sehr geringes Risiko für die Mieter ergeben, durch Asbestfasern verursacht schwerwiegend, meist tödlich zu erkranken, wollte das Landgericht einen Anspruch der Mieter hier nicht ausschließen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass bereits eine Asbestfaser zu entsprechenden Erkrankungen führen kann, auch wenn dies statistisch nur einen Fall unter 25.000 Einwohnern treffe.
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Musterschreiben:
01.05.2021