Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf zeigt sich weiterhin nicht am Milieuschutz interessiert. Einen Einwohnerantrag, drei Gebiete näher zu untersuchen, nahm die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zwar an, bezahlen sollen die Studien aber andere.
Im Jahr 2015 wurden die Wohngebiete von Steglitz-Zehlendorf in einem Grob-Screening daraufhin untersucht, ob zum Schutz der Bewohnerschaft vor Verdrängung eine soziale Erhaltungsverordnung – auch als Milieuschutz bekannt – angebracht ist. Diese Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass nirgendwo im Bezirk die Voraussetzungen vorlagen. Für eine Milieuschutzverordnung müssen in einem Stadtviertel drei Bedingungen erfüllt sein: Die Bausubstanz lässt sich noch aufwerten, der Wohnungsmarkt lässt solche Aufwertungen erwarten und ein größerer Teil der Bewohner wäre dabei von einer Verdrängung bedroht.
Die Initiative „MieterInnen Südwest“, zu der auch die Bezirksleiterin des Berliner Mietervereins Barbara von Boroviczeny gehört, hat im November 2017 einen Einwohnerantrag in die BVV eingebracht, mit dem sie die Untersuchung dreier Gebiete erreichen wollte: einen Teil der Siedlung Onkel Toms Hütte in Zehlendorf-Nord, einige Straßenzüge in Südende und das Viertel Lankwitz-Kirche. Teilweise sind hier Modernisierungen durch das Unternehmen „Deutsche Wohnen“ zu erwarten. Mit dem Milieuschutz könnte das Bezirksamt übermäßige Modernisierungsmaßnahmen ausschließen, die Umwandlung in Eigentumswohnungen verhindern und das Vorkaufsrecht anwenden.
Die BVV nahm den Antrag am 17. Januar zwar an, schrieb aber vorher die Bedingung hinein: „… soweit nicht der Bezirk, sondern Dritte, zum Beispiel das Land Berlin, die Kosten für alle Untersuchungen und alle weiteren Folgen übernehmen.“ Die Linie, dass es nichts kosten darf, verfolgt die CDU-Grünen-Mehrheit in der BVV schon seit 2015. Auch ein Antrag der SPD und der Linken, in zehn Gebieten Voruntersuchungen einzuleiten, hängt seit Juni 2017 in der Warteschleife. Das Bezirksamt signalisiert so: Milieuschutz geht uns nichts an. Die Initiative MieterInnen Südwest nennt die Haltung der BVV-Mehrheit „borniert und ignorant“ und erklärt: „Soziale Wohnungspolitik bleibt ein dringendes Erfordernis für alle zur Miete Wohnenden, und das ist auch in Steglitz-Zehlendorf die Mehrheit.“
Dass es auch anders geht, zeigt beispielsweise der Bezirk Mitte: In vier Gebieten des Ortsteils Gesundbrunnen, die nach dem Grob-Screening von 2014 nicht als Milieuschutzgebiete festgelegt worden sind, werden nun die Bewohner befragt, um zu erfahren, ob die Voraussetzungen hier mittlerweile vorliegen.
Zurzeit gibt es in sieben Bezirken 42 Milieuschutzgebiete mit insgesamt 647.000 Einwohnern.
Jens Sethmann
03.03.2018