Im vergangenen Jahr wurde in Berlin über 20.000 Haushalten der Strom abgestellt. Tendenz: steigend. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht schon im Jahre 2010 festgestellt, dass die Versorgung mit Energie Teil des „menschenwürdigen Existenzminimums“ ist. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert nun Maßnahmen zur Vermeidung von Stromsperren.
Im Rahmen des von der Bundesregierung ins Auge gefassten Kohleausstiegs werden die Strompreise weiter steigen. Die Energiearmut wird im laufenden Jahr zunehmen, die Zahl der Stromsperren wird ein Rekordhoch erreichen.
Der vzbv fordert: „Stromsperren muss stärker entgegengewirkt werden.“ Betroffen sind vor allem Bezieher von Grundsícherung, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegegeld, Geringverdiener und Rentner, aber auch Studierende und Auszubildende. Ursache für Zahlungsrückstände sind häufig persönliche Krisen und Krankenhausaufenthalte. Dabei können schnell hohe Forderungen auflaufen. Ab einem Zahlungsrückstand von 100 Euro darf der Stromversorger die Energielieferung sperren.
Die Strompreise für private Haushalte haben sich in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt, nicht zuletzt durch den staatlichen Anteil an den Kosten. Der vzbv fordert deshalb eine Senkung des Strompreises durch eine Steuer-, Abgaben- und Umlagenreform. Sinkende Einkaufspreise der Versorger sollen zeitnah an die Haushaltskunden weitergegeben werden. Der ALG-II-Regelsatz müsse an die Ausgabensteigerung dynamisch angepasst werden, denn bereits jetzt übersteigen die tatsächlichen Stromkosten den dafür vorgesehenen Anteil im Regelsatz um 14 Prozent und mehr. In der Grundversorgungsverordnung seien Maßnahmen für einen besseren Schutz vor Stromsperren vorzusehen. Auch fordert der vzbv die Einrichtung unabhängiger Beratungsstellen.
Rainer Bratfisch
29.02.2020