Manchem Mieter kommt das Wort „Betrug“ schnell über die Lippen, wenn die Betriebskostenabrechnung falsch ist oder wenn der Vermieter die Kaution nicht zurückzahlt. Das mag in vielen Fällen verständlich sein, doch wenn es um Straftatbestände geht – und ein solcher ist Betrug – sollte man seine Worte auf die Goldwaage legen.
Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Man darf seinen Vermieter als „Spekulanten“ bezeichnen oder ihm „unseriöses Gebaren“ vorwerfen. Grobe Beleidigungen allerdings wie „Drecksack“ oder „Halunke“ rechtfertigen unter Umständen eine fristlose Kündigung. Die Juristen sprechen dann von einer unzulässigen Schmähkritik, bei der die persönliche Herabsetzung im Vordergrund steht.
Besonders heikel wird es für den, der juristisch besetzte Begriffe verwendet. Wer seinem Vermieter Betrug oder Steuerhinterziehung unterstellt, braucht handfeste Beweise, sonst droht eine Unterlassungsklage oder eine Anzeige wegen Verleumdung. Eine vorsätzlich falsche Strafanzeige gegen den Vermieter kann diesen sogar zur fristlosen Kündigung berechtigen, urteilte das Landgericht Berlin (23. März 1990 – 62 S 413/89).
Sehr viel Glück hatte eine Mieterin, die in einem Mahnverfahren von „kriminellen Machenschaften“ ihrer Hausverwaltung gesprochen hatte. Während das Amtsgericht die daraufhin folgende Kündigung für zulässig hielt – schließlich werde hier ein strafbares Handeln behauptet – wies die Berufungsinstanz die Kündigung zurück (Landgericht Berlin vom 20. März 2013 – 65 S 403/12).
Die Äußerung sei zwar „grenzwertig“, aber in einem laufenden Verfahren noch hinnehmbar. „Entscheidend war, dass das Gericht das Mahnverfahren quasi als Prozess wertete, und da darf man mehr als in einem Meinungsstreit“, erklärt Rechtsanwalt Christoph Müller, der die Mieterin vertreten hat.
Vorsatz ist selten beweisbar
Und was ist, wenn der Vermieter wiederholt bei der Betriebskostenabrechnung „schummelt“, etwa fiktive Kosten ansetzt? „Betrug setzt Vorsatz voraus“, erklärt Frank Maciejewski vom Berliner Mietervereins. Der Vermieter wird stets behaupten, er habe etwas übersehen oder seine Buchführung sei eben schlampig.
Schwierig ist auch der Nachweis von Prozessbetrug. Grundsätzlich gilt: In einem Prozess sind beide Seiten zur Wahrheit verpflichtet. Werden falsche Behauptungen gemacht oder gar gefälschte Unterlagen vorgelegt, kann ein Verfahren wegen Prozessbetrug eingeleitet werden. Doch die Erfolgsaussichten sind außerordentlich gering. Das musste auch ein Mieter erfahren, der es mit einem besonders dreisten Hausbesitzer zu tun hatte. Der behauptete, er habe nie eine Kaution erhalten und unterstellte dem Mieter sogar, dass er die Unterschrift unter die Quittung gefälscht habe. Das Gericht ließ sich davon nicht täuschen und bezweifelte nicht, dass die Kaution bar gezahlt worden war (Amtsgericht Wedding vom 13. September 2013 – 4 C 88/13). Von einer Anzeige wegen falscher Verdächtigung und versuchtem Prozessbetrug sah der Mieter auf Anraten seines Anwalts trotzdem ab. Fast alle diese Verfahren werden eingestellt.
Für manche Mieter stellt sich die Frage, ob die Vermietung einer stark verschimmelten Wohnung nicht als fahrlässige Körperverletzung einzustufen ist. Als theoretisch denkbar, aber äußerst schwer nachzuweisen bewertet dies Frank Maciejewski.
„Zum einen scheitert das in der Regel schon daran, dass die Kausalität zwischen dem Schimmel und den gesundheitlichen Problemen nicht bewiesen werden kann“, außerdem müsste belegt werden, dass der Vermieter die verschimmelte Wohnung bewusst und unter Außerachtlassung seiner Sorgfaltspflicht vermietet hat. Aussichtsreicher ist die Sache bei Brandschäden oder Gasunfällen. Bei Verschulden des Vermieters kann das zu strafrechtlichen Konsequenzen führen.
Birgit Leiß
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Zivilrecht und Strafrecht –
zwei Paar Schuhe
Ein zivilrechtliches Verfahren ist etwas völlig anderes als ein strafrechtliches Verfahren. Im Zivilrecht stellt der Staat – vereinfacht gesagt – lediglich eine Institution zur Verfügung, damit Bürger ihre Streitigkeiten untereinander austragen können. Beide Streitparteien tragen dann ihre Beweise vor, auf dieser Grundlage entscheidet das Gericht dann darüber, wer Recht bekommt. In einem Strafprozess geht es dagegen um die Verfolgung und Sanktionierung von Straftaten. Ein Mieter beispielsweise, der seinen Vermieter wegen Betrug verklagen will, muss selber gar nichts beweisen. Er muss bei seiner Strafanzeige lediglich so viele Hinweise vortragen, dass ein hinreichender Anfangsverdacht besteht. Nur dann nimmt die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen auf. Ansonsten wird das Verfahren eingestellt.
bl
12.12.2018