Die Mieten in Neukölln steigen allmählich in schwindelerregende Höhen. Grund dafür sind auch Modernisierungsvorhaben wie in der Bürknerstraße 27/28. Auf bis zu 12,40 Euro nettokalt pro Quadratmeter sollen die Mieten dort klettern. Diese Höhe verstößt nach Einschätzung des Berliner Mietervereins sogar gegen das Wirtschaftsstrafgesetz.
Mit 6,25 Euro netto sind die Mieten in dem schmucklosen 1970er-Jahre-Bau schon jetzt nicht gerade günstig. Gegen moderate Mieterhöhungen habe man trotzdem nichts einzuwenden, meint ein Mieter: „Uns ist klar, dass etwas passieren muss, an dem Haus wurde lange nichts gemacht.“ Die Heizungsanlage ist marode und fällt immer wieder aus, wegen der verrotteten Fenster gibt es in fast allen Wohnungen Schimmelprobleme. Doch die angekündigte Verdoppelung der Mieten können die jetzigen Bewohner nicht stemmen.
Beim Berliner Mieterverein (BMV) hat man den Mietern geraten, der Modernisierungsankündigung nicht zuzustimmen. Abgesehen davon, dass der angesetzte Instandhaltungsanteil viel zu niedrig sei, soll die Asbestbeseitigung am Dach auf Kosten der Mieter gehen. „Das ist unzulässig“, erklärt BMV-Rechtsberaterin Cordula Graunke. Fraglich sei auch, ob die geplante Dämmung des Steildaches Sinn macht. Dadurch seien allenfalls minimale Energieeinsparungen möglich. Ein weiterer Kritikpunkt ist der Einbau von Entfeuchtungsanlagen in sämtlichen Wohnungen: „Es ist doch widersinnig, ein Haus durch Dämmmaßnahmen und neue Fenster so einzupacken, dass es schwitzt, um dann zu beachtlichen Kosten eine Lüftungsanlage einzubauen“, sagt Graunke. Deren Betrieb kostet wiederum Energie, die die Mieter zahlen sollen. Insgesamt betragen die Kosten der angekündigten Energieeinsparmaßnahmen das 12-fache der errechneten Einsparung an Heizkosten. Konkret bedeutet das für eine Mietpartei: Der monatliche Heizkostenvorschuss würde sich von derzeit 100 auf 50 Euro halbieren, gleichzeitig stiege die Grundmiete aber um 560 Euro pro Monat.
Ob es dem Vermieter darum geht, das Haus leerzubekommen, bleibt unklar. Die Hausverwaltung lehnte gegenüber dem MieterMagazin eine Stellungnahme ab.
Besonders ärgerlich: Der vom Bezirk bereits im September 2015 beschlossene Milieuschutz für den Reuterkiez wurde wegen Personalmangels immer noch nicht umgesetzt. Voraussichtlich Mitte Februar soll er in Kraft treten, erst ab Mai soll Personal zur Verfügung stehen. Man habe es zunehmend mit „Last-Minute-Mitnahmeeffekten“ bei Umwandlung und Modernisierung zu tun, so Jochen Biedermann von den Grünen Neukölln.
Birgit Leiß
05.02.2018