Das Ausmaß der Bedrohung durch Asbest in Berliner Wohnungen wird nur ab und zu deutlich – etwa wenn Betroffene Alarm schlagen, wie Mieter der Weißen Siedlung in Neukölln. Ein öffentlich einsehbares Register würde Transparenz schaffen und sicher auch den Handlungsdruck erhöhen. Doch es ist nicht in Sicht.
Die Wahrheit über asbestbelastete Wohnungen kommt in Berlin immer nur scheibchenweise ans Licht: So wurde Ende Mai auf eine Anfrage des Abgeordneten Andreas Otto (Grüne) bekannt, dass bei der landeseigenen Berlinovo noch in rund 3200 Apartments das krebserregende Material verbaut worden ist. Etwa zur gleichen Zeit schlugen Anwohner der Weißen Siedlung in Neukölln Alarm. Hier hatte der private Vermieter in einer Hauruck-Aktion begonnen, Fußböden in Hausfluren aufzuschlagen und herauszureißen. Der Asbest-Verdacht war für ihn offensichtlich kein Grund, besondere Schutzmaßnahmen zu ergreifen, weder für die Bauarbeiter noch für die Bewohner.
Diese schalteten das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (LAGetSi) ein. Das Ergebnis der Untersuchung: Acht Aufgänge der betreffenden Häuser hatten einen asbesthaltigen Flurbodenbelag. Nun mussten alle weiteren Sanierungsmaßnahmen sachgerecht von einer Fachfirma vorgenommen werden.
„Der Senat lehnt bis heute die Erstellung eines öffentlich einsehbaren Asbestregisters ab“, kritisiert Otto. Es gebe lediglich ungefähre Angaben über die Gesamtzahl der noch belasteten Wohnungen bei kommunalen Unternehmen: Circa 50.000 Wohneinheiten sollen betroffen sein. Das Material, das seit 1993 nicht mehr hergestellt, importiert und verbaut werden darf, steckt zumeist in Fußbodenbelägen (sogenannte Floor-Flex-Platten), aber auch im Kleber und möglicherweise in der Wandfarbe. Wie viele privat vermietete Wohnungen unter Asbest-Verdacht stehen, ist indessen völlig unbekannt.
Neben einer genauen Erfassung aller belasteten Bestände hält Otto auch einen Sanierungsfahrplan für dringend notwendig – eine Forderung, die noch schwerer durchzusetzen sein wird. Fallen doch – so der Bundesverbandes der privaten Immobilienwirtschaft (BFW) – für die Sanierung einer asbestbelasteten Wohnung Kosten bis zu 20.000 Euro an.
Rosemarie Mieder
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Musterschreiben:
18.12.2016