„Welt in Flammen“ überschrieb 1913 Branddirektor Gustav Effenberger seine „Geschichte der großen und interessanten Brände aller Jahrhunderte“, verfasst im Auftrage des Preußischen Feuerwehrbeirates. Er verzeichnet über 3000 große Stadtbrände. Heute zerstören Brände nicht mehr ganze Städte, aber die immer wieder propagierte „feuerfeste Stadt“ ist noch längst nicht Realität.
Nach wie vor ist es zwar in den eigenen oder gemieteten vier Wänden am schönsten – in Bezug auf Feuer aber auch am gefährlichsten. Über 8000 Brände löscht die Berliner Feuerwehr pro Jahr, Tendenz steigend. 436 Menschen wurden 2006 durch die Feuerwehr gerettet beziehungsweise in Sicherheit gebracht, 32 Menschen starben. Bundesweit kommen jedes Jahr etwa 600 Menschen bei rund 200.000 Bränden ums Leben, 55.000 werden verletzt, 5000 davon schwer. 60 Prozent aller Brände entstehen nachts.
Die Installation von Rauchmeldern, ein neues Einsatzkonzept der Berliner Feuerwehr, und die Kampagne „Verhalten im Brandfall“ sollen das Wohnen sicherer und die Brandbekämpfung effektiver machen.
Anfang August 2005 brach im Treppenhaus eines fünfgeschossigen Wohngebäudes in der Ufnaustraße in Moabit ein Brand aus, der schnell auf mehrere Wohnungen übergriff. Neun Todesopfer waren zu beklagen – fünf Erwachsene und vier Kinder. Die Brandursache: Ein zwölfjähriger Junge hatte im Hausflur mit Papier gekokelt. Im Februar 2008 brannte es in der Gotzkowsky-Schule an der Levetzowstraße. Das Feuer breitete sich vom Erdgeschoss bis in die oberen Stockwerke aus. Die Schule muss vollständig saniert werden. Sie verfügte zwar über einen Brandmelder, der jedoch hatte keine direkte Leitung zur Feuerwehr. Zwei Monate später brannte es wieder in Moabit, in einem Mietshaus in der Emdener Straße. Es entstand beträchtlicher Sachschaden, verletzt wurde niemand.
Mehr Brandstiftungen an sozialen Brennpunkten
Die Zahl der Fälle vorsätzlicher Brandstiftung stieg 2007 in Berlin im Vergleich zum Vorjahr um 4 Prozent. 196 Brandstiftungen weist der „Bericht zur Kriminalitätsbelastung in öffentlichen Räumen“ des Polizeipräsidenten allein für Friedrichshain-Kreuzberg aus, das bedeutet eine Zunahme von 32,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In Mitte gab es 150 Brandstiftungen – 11 Prozent weniger als 2006. Die polizeiliche Kriminalstatistik nennt keine Hintergründe für die Entstehung von Straftaten, sondern ist eine bloße Aufzählung dessen, was in einem gewissen Zeitraum als strafrechtlich bedeutsam erfasst wurde. Aber es ist wohl kein Zufall, dass in Bezirken mit sozialen Brennpunkten und hoher Kriminalitätsrate auch die Anzahl der Brandstiftungen hoch ist. 44,7 Prozent der Tatverdächtigen bei Brandstiftungen in Berlin waren unter 21 Jahre alt. Es scheint, dass sich der zunehmende Frust arbeitsloser Jugendlicher häufig in Form von Gewalt gegen Sachen und Personen entlädt – und damit auch im Legen von Bränden. Die immer wieder geäußerte Vermutung, dass sich unter den Brandstiftern besonders viele Migranten befänden, ist hingegen statistisch nicht belegbar. Bei den in der „Polizeilichen Kriminalstatistik Berlin 2007“ erfassten 909 Fällen von „vorsätzlicher Brandstiftung und Herbeiführen einer Brandgefahr“ betrug der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger lediglich 13,5 Prozent.
Hingegen ist die Zahl der Wohnungsbrände, verursacht durch Fahrlässigkeit, technische Mängel in elektrischen Anlagen und Geräten, unsachgemäßes Heizen und so weiter in problematischen Quartieren wie Moabit oder Wedding überdurchschnittlich hoch. Über 100 Brände registriert die Berliner Feuerwehr pro Jahr allein in Moabit. Die Zahl unsanierter Wohnungen ist hier höher als in anderen Stadtteilen. Zusammenhänge zwischen Brandhäufigkeit und Zustand der Gebäude sind zwar nicht statistisch nachweisbar, liegen jedoch auf der Hand. Und so empfiehlt der Berliner Mieterverein denn auch, Eigentümer auf die Bestimmungen der DIN VDE 105-100 hinzuweisen, wonach elektrische Anlagen in Wohngebäuden in angemessenen Zeitabständen geprüft werden müssen. Ist alles okay, wird der einwandfreie Zustand der geprüften Einrichtungen durch die E-Check-Prüfplakette bestätigt. Leider ist dieser Check nicht gesetzlich vorgeschrieben.
Rauchmelder retten Leben
Über die Zahl der installierten Rauchmelder liegen keine Zahlen vor. Einkommensschwache Haushalte betrachten sie nach wie vor als Luxus, Fördermittel oder Kostenerstattungen gibt es nicht. Dabei fallen mehr als 90 Prozent der Brandopfer nicht den Flammen zum Opfer, sondern giftigen Rauchgasen, die während der Schwelbrandphase entstehen und – besonders im Schlaf – meist gar nicht wahrgenommen werden. Die Überlebenschance bei einem Brand mit funktionsfähigen Meldern ist drei Mal höher als ohne. Zahlreiche Bundesländer schreiben deshalb bereits den Einbau von Rauchmeldern vor – Berlin allerdings nicht. „Eine gesetzliche Regelung zur Installation von Rauchwarnmeldern allein sichert weder deren tatsächlichen Einbau noch die einwandfreie Funktion dieser Melder“, antwortete Staatssekretärin Hella Dunger-Löper von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Claudia Hämmerling. „Wir setzen auf Freiwilligkeit“, bestätigt Petra Rohland, Sprecherin der Senatsverwaltung. Auch ohne gesetzliche Verpflichtung rüsten einige Berliner Wohnungsbaugesellschaften bereits jetzt Wohnungen – insbesondere in sanierten Altbauten und Neubauten – mit Rauchmeldern aus. Die Wartung der Geräte erfolgt zum Teil im Rahmen der Heiz- und Wasserkostenablesung.
Geprüften Geräten seriöser Hersteller, zu erkennen am VdS-Siegel, ist dabei der Vorzug zu geben – Billigrauchmelder sind nicht zu empfehlen. Gute Rauchmelder kosten circa 35 Euro. Die Funktionsfähigkeit insbesondere der Batterien sollte mindestens einmal im Jahr überprüft werden.
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Deutschland hinkt anderen Ländern hinterher
Seit 2000 wirbt die Aufklärungskampagne „Rauchmelder retten Leben“ für die Rauchmelderpflicht, seit 2006 gibt es alljährlich im Juni sogar einen „Rauchmeldertag“. Trotz gesetzlich verankerter Einführungspflicht inner-halb der nächsten drei bis sechs Jahre in sieben Bundesländern hat bisher nur ein Drittel der deutschen Haushalte Rauchmelder installiert. Mit dieser Zahl liegt Deutschland weit hinter Großbritannien (80 Prozent) und den USA (93 Prozent in 40 Bundesstaaten) zurück. In Norwegen sind die „kleinen Lebensretter“ seit 1990 Pflicht, 90 Prozent der Wohnungen sind dort mit Rauchmeldern ausgestattet.
Über angemessenes Verhalten im Brandfall berichtete auch das MieterMagazin immer wieder (zuletzt in seiner Ausgabe 12/2007, Seite 14 bis 18: „Schöne Bescherung“). Trotzdem: Noch immer folgen Mieter in der Panik dem „natürlichen Fluchtreflex“ und laufen noch vor Eintreffen der Feuerwehr ins Freie. Die Feuerwehr rät: Sofern es nicht in der eigenen Wohnung brennt, sollte man in der Wohnung bleiben, die Tür geschlossen halten, die Fenster öffnen und auf die Durchsagen der Rettungskräfte hören. Die wichtigste Regel: Ruhe bewahren. Bei giftigem Qualm im Treppenhaus können bereits wenige Atemzüge tödlich sein.
Apropos Treppenhaus: Fast jede Woche werden in Berlin abgestellte Kinderwagen angezündet. Die Feuerwehr spricht sich gegen Kinderwagen im Treppenhaus oder Flur aus, Gerichtsurteile erlauben jedoch das Abstellen – jedenfalls dann, wenn es dafür keinen gesonderten Abstellraum gibt. Fahrräder gehören allerdings grundsätzlich nicht ins Treppenhaus. Die Haustür sollte zumindest abends und nachts verschlossen sein, denn Brandstifter kommen fast immer von außen. Bei kleineren Bränden in der Entstehungsphase kann der Mieter versuchen, selbst zu löschen. Gelingt das nicht, sollte man unter der Nummer 112 die Feuerwehr alarmieren.
Im November 2005 haben die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und die Berliner Feuerwehr eine Brandschutzkampagne unter dem Motto „Verhalten im Brandfall“ gestartet, die jetzt fortgesetzt wird. Auch die Senatsverwaltung für Inneres und Sport und eine Versicherung sind dabei. Der Berliner Mieterverein unterstützt die Kampagne. Ziel ist es, in jedem Berliner Haus ein Plakat aufzuhängen mit dem bekannten Comic Strip zum richtigen Verhalten im Brandfall. Auch die Broschüre „Vorsicht, Feuer! – Brandschutz für jedermann“ in Deutsch, Türkisch, Polnisch und Russisch wurde neu aufgelegt – Aufklärung ist der beste Weg zur Brandverhütung.
Rainer Bratfisch
So vermeiden Sie Brände
- Reparaturen an Gas- und Elektrogeräten nur vom Fachbetrieb durchführen lassen
- Eingeschaltete Elektrogeräte nie unbeaufsichtigt lassen
- Nur VDE-geprüfte und mit GS-Zeichen versehene Elektrogeräte benutzen
- Bei Ofenheizung die Feuerungstüren erst schließen, wenn der Brennstoff durchgebrannt ist
- Keine brennbaren Stoffe in unmittelbarer Nähe des Ofens lagern
- Asche im Metallbehälter aufbewahren und entsorgen
- Brennbare Flüssigkeiten, Altpapier und feuergefährliche Abfälle nicht in der Wohnung lagern
- Offenes Feuer, zum Beispiel Kerzen, nicht unbeaufsichtigt lassen
- Brennendes Fett in der Pfanne oder ähnliches nie mit Wasser löschen, sondern mit Wolldecke oder passendem Deckel ersticken
- Zigarettenreste nur im Aschenbecher entsorgen
- Nicht im Bett rauchen
MieterMagazin 10/08
Stilisierter Feuerlöscher
alle Fotos:
Christian Muhrbeck
Fast jede Woche wird in Berlin ein im Treppenhaus abgestellter Kinderwagen angezündet
Gefährlicher als Feuer sind Rauchgase – Rauchmelder können rechtzeitig warnen
Über 8000 Brände löscht die Berliner Feuerwehr jedes Jahr
Die Broschüre
„Vorsicht, Feuer! –
Brandschutz für jedermann“ und der Comic Strip (als Plakat beziehungsweise im Format 21 x 10,5 Zentimeter als Flyer) sind erhältlich bei:
Berliner Feuerwehr
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06.06.2018