Pressemitteilung Nr. 14/12
Nachdem mehrere Räumungsklagen gegen Mieter des Hauses Calvinstraße 21 in Berlin-Tiergarten durch Schonfristzahlung abgewehrt werden konnten, erhöht der Gebäudeeigentümer, die Terrial Stadtentwicklung GmbH, nun mit anderen rabiaten Methoden den Druck auf die Mieter.
- Der Aufzug wurde Anfang Juni ersatzlos demontiert, obwohl die Fahrstuhlnutzung mietvertraglich vereinbart ist und einige der verbliebenen Mieter aus Altersgründen und aus gesundheitlichen Gründen auf diesen angewiesen sind.
- Einige Mieterkeller wurden ohne Zustimmung der Mieter geräumt und mit einer Zugangstür versehen, für die die Mieter keinen Schlüssel erhielten.
- Im Gebäude werden Baumaschinen (Bohrer) eingesetzt, die die zulässigen Lärmhöchstwerte der AVV Baulärm (Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm – Geräuschimmissionen -), nämlich 50 dB (A), deutlich überschreiten.
Die Mieter können sich nur mittels einstweiliger Verfügungen gegen diese massive Beeinträchtigung wehren. „Ziel des Gebäudeeigentümers ist es offenbar, die Mieter nun durch diese massiven Beeinträchtigungen zu vergraulen“, erklärte BMV-Geschäftsführer Reiner Wild.
Mit dieser Schikane gegen die Mieter will der Vermieter offenbar die bereits angekündigte Modernisierung durchsetzen. Diese beinhaltet neben dem Einbau einer neuen Aufzugsanlage, der Errichtung eines rollstuhlgerechten Hauseingangs, der teilweisen Vergrößerung der Balkone, der Erneuerung des Fußbodenaufbaus auch energetische Sanierungen wie Wärmedämmungen an Fassade, Keller und Dach und neue Isolierverglasung an Fenstern und Balkontüren sowie den Einbau einer Fußbodenheizung. Die Mietsteigerung soll demnach 4,97 Euro/qm im Monat betragen, 3,63 Euro/qm für die sogenannte CO2-Sanierung und 1,34 Euro/qm im Monat für sonstige Modernisierung. Eine 75 qm große Wohnung würde sich in der Kaltmiete von bisher 333,- Euro auf 710,- Euro verteuern. Nach der Modernisierung sollen kalte und warme Betriebskosten von 2,49 Euro/qm anfallen. Die Mieter haben der Modernisierungsmaßnahme aus formalen Gründen widersprochen, werden sie aber auch wegen der für sie unzumutbaren Mieterhöhung nicht dulden wollen. Mehrere Duldungsklagen sind anhängig. In einem Fall wurde die Klage des Vermieters bereits zurückgewiesen.
„Die mietrechtlichen Abwehrmöglichkeiten reichen gegen diese Vermieterwillkür am Ende aber nicht aus“, betonte BMV-Geschäftsführer Wild. Die Mieter benötigen die Hilfe des Bezirksamtes und des Senats. Während die zuständige Senatsverwaltung nach Aufforderung durch die Mieter wegen des überhöhten Baulärms bereits tätig wurde, sieht der zuständige Stadtrat in Mitte, Carsten Spallek (Leiter der Abteilung Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Ordnung), keinen Handlungsdruck und verwehrt den Mietern Akteneinsicht. „Wir fordern das Bezirksamt Mitte auf, die Maßnahmen an dem Gebäude durch die Bau- und Wohnungsaufsicht regelmäßig kontrollieren zu lassen und gegebenenfalls Sanktionen zu verhängen“, fordert Wild.
Mit der Modernisierung des Hauses Calvinstraße 21 wird das Wohnquartier weiter umstrukturiert. Im Zuge der bisherigen Baumaßnahmen in der Melanchthonstraße 17 und 18 sowie in der Calvinstraße 20a und 20b haben bereits viele Mieter das Weite gesucht. „Es wird höchste Zeit, Mieter vor der Herausmodernisierung besser zu schützen“, verlangt Reiner Wild.
Die nach der Modernisierung vorgesehene Mieterhöhung mache auch deutlich, dass das Mietrecht keinen ausreichenden Mieterschutz biete. „Wir erneuern unsere Forderung, diese Mieterhöhungsmöglichkeit nach Modernisierung abzuschaffen und stattdessen die Refinanzierung der Investitionen langsamer über die ortsübliche Vergleichsmiete, also den Mietspiegel, zu ermöglichen“, so Wild. Für diese Mietrechtsänderung macht sich der Berliner Mieterverein zusammen mit dem Deutschen Mieterbund im Deutschen Bundestag bei der anstehenden Mietrechtsnovelle stark.
05.02.2018