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Unsichtbar, geruchlos, allgegenwärtig und für die Gesundheit des Menschen in höchstem Maße gefährlich – das ist Asbest. Gefährlich deshalb, weil Asbest die Ursache von Lungen-, Rippen- und Bauchfellkrebs sein kann. Bekannt ist dies schon seit langem. So ist Asbestose, die Asbeststaublunge, als entschädigungspflichtige Berufskrankheit seit 1936 anerkannt. Um so unverständlicher, warum Asbest trotzdem so lange Zeit unbedenklich verwendet wurde und erst seit circa 10 Jahren versucht wird, Asbestprodukte durch andere Stoffe zu ersetzen.
Asbest ist eine natürlich vorkommende Steinfaser, die viele Jahre als der ideale Werkstoff angesehen wurde. Es ist hitze- und säurebeständig und kann Schall und Wärme perfekt isolieren. Deswegen ist Asbest heute überall dort zu finden, wo diese Eigenschaften gefragt sind. So auch in Nachtstromspeicheröfen.
Folgende Fragen behandelt dieser Artikel:
Asbesthaltige Materialien wurden auch in alten Nachtstromspeicheröfen zur Isolierung und Wärmedämmung verwendet. Im Laufe des normalen Alterungsprozesses können gesundheitsgefährdende Asbestfasern in die Raumluft geraten. Allerdings wurde Asbest bei den meisten Nachtstromspeichergeräten nur bis in die 80iger Jahre eingebaut. In neueren Geräten ist dieses Material nicht mehr zu finden.
Um herauszufinden, ob Ihre Nachtspeicheröfen Asbest enthalten, können Sie die Asbest-Liste verwenden. Diese Liste enthält Informationen zu asbestbelasteten Baureihen verschiedener Hersteller. Anhand konkreter Gerätenummern können Sie recherchieren, welche Modelle asbestbelastet sind. Wenn Ihre Nachtspeicheröfen in der Asbest-Liste aufgeführt sind, besteht zunächst kein Grund zur Sorge, solange die Geräte vorschriftsmäßig benutzt wurden. Nachtspeicheröfen haben grundsätzlich ein sehr geringes Potenzial, Asbestfasern freizusetzen, solange die Geräte nicht selbst aufgeschraubt, repariert, demontiert oder entsorgt werden. Dennoch empfiehlt es sich, im Interesse eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes alle Asbestfeinstaubquellen in Innenräumen zu beseitigen.
Die Asbest-Liste finden Sie unter folgender Internetadresse:
Asbest-Liste für Nachtspeicheröfen (heizungsfinder.de)
Was können Mieter tun?
Als erstes muss festgestellt werden, ob bei dem betreffenden Gerätetyp tatsächlich Asbest verwendet wurde. Die einfachste Möglichkeit zur Feststellung, ob das Gerät Asbest enthält, ist, sich mit genauer Typenbezeichnung direkt an die Herstellerfirma zu wenden.
Die Typen- und Herstellerfeststellung erfolgt durch einen Blick auf das Gerät. Ist ein entsprechender Hinweis nicht zu finden, sollte der Vermieter aufgefordert werden, mitzuteilen, um welches Gerät es sich handelt und wann es hergestellt bzw. eingebaut wurde.
Enthält der Nachtstromspeicherofen tatsächlich Asbest, stellt sich weiter die Frage, ob Asbestfasern freigesetzt werden und insoweit eine konkrete Gesundheitsgefährdung gegeben ist. Zu diesem Zweck sollte der Vermieter schriftlich aufgefordert werden, das mögliche Gefährdungsrisiko, das von dem Nachtstromspeicherofen ausgeht, durch ein Sachverständigengutachten feststellen zu lassen (siehe Musterbrief weiter unten auf der Seite). Der Vermieter hat dann auf seine Kosten einen amtlich zugelassenen Gutachter zu bestellen, der eine Entscheidung über die notwendigen Maßnahmen trifft. Dies können je nach Dringlichkeit entweder die sofortige Entfernung oder aber Schutzmaßnahmen sein.
Wenden Sie sich an die TÜV-Stellen
Alboinstr. 56, 12103 Berlin, Tel.: 7562-0
Pichelswerder Str. 9, 13597 Berlin, Tel.: 33201-0
Wenn der Grundeigentümer die Anfertigung des Sachverständigengutachtens ablehnt, kann die Bauaufsichtsbehörde des zuständigen Bezirksamtes eingeschaltet werden. Die Bauaufsicht wird sich dann an den Grundeigentümer wenden und diesen auffordern, die erforderliche Untersuchung zum Nachweis des einwandfreien Zustandes der Geräte zu veranlassen. Die dadurch entstandenen Gutachterkosten muss ebenfalls der Grundeigentümer tragen.
Sollte die zuständige Bauaufsicht nicht tätig werden oder aber das Verfahren unnütz herausschieben, ist an eine Instandsetzungsklage des Mieters gegen den Vermieter zu denken. Bevor dieser Schritt eingeschlagen wird, muss unbedingt vorher rechtlicher Rat eingeholt werden.
Aus der widersprüchlichen Rechtsprechung:
- Eine Minderung ist nur zulässig, wenn die sorgenfreie Benutzung gemieteter Räume, in denen asbestbelastete Nachtspeicheröfen installiert sind, nicht mehr möglich ist, weil auf Grund objektiver Umstände bei verständiger Würdigung die Gefahr einer gesundheitlichen Beeinträchtigung naheliegt. Eine solche naheliegende Befürchtung ergibt sich noch nicht allein aus dem Umstand, dass in den Mieträumen Nachtspeicheröfen älterer Bauart vorhanden sind, die asbesthaltige Bauteile enthalten. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, die eine Freisetzung von Asbestfasern – etwa infolge Beschädigung der asbesthaltigen Bauteile – wahrscheinlich erscheinen lassen (LG Kassel v. 8.11.1994 – 1 T 61/94 -).
- Gehen von den Elektro-Nachtspeicheröfen Gesundheitsgefahren für den Mieter aus, die naheliegend und begründet sind, darf der Mieter die Miete mindern (hier: 50 Prozent). Das Gefährdungspotenzial der Nachtspeicheröfen ist durch eine gemisch-abstrakt-konkrete Untersuchungsmethode mittels Kriterien wie Zustand, Alter und Nutzungsumfang festzustellen (LG Dortmund v. 16.2.1994 – 11 S 197/93 -).
- Der Mieter kann nur dann Entfernung des Nachtstromspeicherofens wegen Asbestgefahr verlangen, wenn eine konkrete Gefahrenlage besteht. Insoweit muss der Mieter darlegen, dass die Asbestbelastung durch die Nachtstromspeicheröfen über der sonstigen Hintergrundbelastung mit Asbest liegt (LG Berlin v. 19.7.1996 – 64 S 211/96 -).
- Der Mietzins mindert sich (hier um 18 Prozent) wegen asbesthaltiger Nachtstromspeicheröfen, bei denen produktbedingt die ernsthafte Möglichkeit einer Krebserkrankung durch Austritt von Asbest nicht nur unwesentlich erhöht wird, auch, wenn eine erhöhte Asbestkonzentration in der Raumluft nicht nachgewiesen wird. Es ist dem Mieter nicht zuzumuten, regelmäßig teure Raumluftmessungen durchführen zu lassen oder den erhöhten Asbestgehalt in der Raumluft abzuwarten (LG Hannover v. 30.5.1997 – 8 S 203/96 -).
- Auch wenn Asbest auch von anderen Produkten freigegeben wird und sich in der normalen Atemluft befindet, muss es ein Wohnungsmieter nicht hinnehmen, einer zusätzlichen Gefährdung durch asbesthaltige Nachtstromspeicherheizungen ausgesetzt zu werden (LG München I v. 29.10.1997 – 31 S 19711/96 -).
- Der Vermieter ist jedenfalls dann verpflichtet, den asbesthaltigen Nachtstromspeicherofen auszutauschen, wenn eine Konzentration von 400 Fasern pro Kubikmeter Raumluft nachgewiesen ist (LG Berlin v. 6.7.1998 – 67 S 131/97 -).
Sanierung
Ordnet der Sachverständige die Entfernung des Nachtstromspeicherofens oder sofortige Schutzmaßnahmen an, so muss der Vermieter entsprechend handeln. Die Entfernung ist dann Sache des Eigentümers. Er hat eine zugelassene Fachfirma, die dem Asbestsanierungsverband e.V. angeschlossen ist, mit der Sanierung zu beauftragen. Hierbei ist zu beachten, dass normale Elektro-Installationsfirmen die Geräte nicht demontieren oder entsorgen dürfen. Reparaturen an Nachtstromspeicheröfen, die eine Öffnung des Gerätes erforderlich machen und somit Asbestfasern freisetzen könnten, dürfen nur im staubdicht abgeschlossenen Sanierungsbereich unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften erfolgen. Auch dürfen asbesthaltige Nachtstromspeicheröfen auf keinen Fall im „Do-it-yourself-Verfahren“ saniert oder demontiert werden. Dies ist ausschließlich die Aufgabe einer Fachfirma. Wird die Sanierung nicht von einer Fachfirma durchgeführt, müssen die Arbeiten sofort gestoppt werden, und zwar im Wege einer einstweiligen Verfügung.
Musterbrief
Name des Mieters,
Anschrift
An den Vermieter,
Anschrift
Berlin, den …
Sehr geehrter Herr…/Frau…,
die in meiner Wohnung befindlichen Nachtstromspeicheröfen sind nach Auskunft der Herstellerfirma … asbesthaltig (siehe Schreiben der Firma … ). Es stellt sich nunmehr die Frage, ob Asbestfasern in die Umluft geraten und demnach eine konkrete Gesundheitsgefährdung gegeben ist, zu deren Beseitigung Sie gemäß § 535 Abs. 1 BGB verpflichtet sind. Zur Beurteilung dieser Frage ist ein Sachverständigengutachten erforderlich.
Ich fordere Sie deshalb auf, das mögliche Gefährdungsrisiko, das von den Nachtstromspeichergeräten ausgehen kann, durch ein Sachverständigengutachten feststellen zu lassen und die danach erforderlichen Maßnahmen durchzuführen. Ich setze Ihnen hierfür eine Frist bis zum …
Sollten Sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, werde ich weitere Schritte erwägen, u.a. auch eine Anzeige bei dem zuständigen Wohnungsaufsichtsamt einreichen.
Mit freundlichem Gruß
Unterschrift
Dieses Info basiert auf einem Flugblatt von Mieter helfen Mietern e.V., Hamburg.
Wir danken für die Verwendungsgenehmigung.
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Musterschreiben:
13.03.2024