Zu ihrer alle drei Jahre stattfindenden Weltkonferenz hat sich die internationale Mietervereinigung (IUT) im Oktober getroffen, um über wohnungspolitische Themen in Europa und der Welt zu diskutieren.
1926 in Zürich gegründet, vereint die IUT mittlerweile 71 Mitglieder aus aller Welt. Ganz frisch war die Schwedin Marie Linder am Vortag der Konferenz zur neuen IUT-Präsidentin gewählt worden und damit zur Nachfolgerin des langjährigen Präsidenten Sven Bergenstrahle. Gastgeber der Konferenz war dieses Mal Wien, das mit seiner gemeinwohlorientierten Wohnungsbewirtschaftung große Aufmerksamkeit weit über die österreichischen Grenzen hinaus erfährt. Vertreten auf der Konferenz waren nicht nur europäische Länder, sondern auch Russland, Kanada, Australien, die USA und viele andere mehr.
Daniel Glaser von der Wiener Stadtverwaltung stellte das Wiener Wohnungsmarktmodell vor, wonach 60 Prozent der Wiener Haushalte in gemeinwohlorientierten oder geförderten Wohnungen leben. Welche Bedeutung Wien den Mieterbelangen einräumt, wurde durch die Vorstellung der „Mieterhilfe Wien“ deutlich, eine von der Stadtverwaltung finanzierte Beratungsstelle, die in Mietrechtsfragen berät, aber auch mit Investoren verhandelt und Wohnungsinserate auf unerlaubte Inhalte prüft. Konkurrenz zum Wiener Mieterverein entsteht dadurch nicht. „Wir empfehlen den Ratsuchenden für die weitergehende Beratung eine Mitgliedschaft im Mieterverein“, betonte der Leiter der Mieterhilfe, Christian Bartok.
Die Sprecherin der Europäischen Bürgerinitiative „Housing for all“, Karin Zauner-Lohmeyer, nutzte die Gelegenheit, vor dem überwiegend europäischen Publikum noch einmal vehement für ihr Anliegen zu werben. Barbara Steenbergen, Leiterin des Brüsseler IUT-Büros, berichtete über Aktuelles aus dem EU-Parlament und betonte die Bedeutung einer starken Mietervertretung in der Europäischen Union: „Wir folgen nicht der Agenda, wir setzen sie!“
Groß war das Interesse am Berliner Mietendeckel, der vom Berliner Mieterverein vorgestellt und an einem sich anschließenden Runden Tisch heiß diskutiert wurde.
Erik Elmgren vom Schwedischen Mieterbund beeindruckte mit der Vorstellung einer sehr professionellen Mieterorganisation. Nicht ohne Stolz verwies er auf die hohe Organisationsquote: 30 Prozent der schwedischen Haushalte sind Mitglied im Schwedischen Mieterbund – für Erik Elmgren noch nicht genug: „Unser Ziel sind 50 Prozent der Haushalte als Mitglieder zu gewinnen.“
Nach Exkursionen in das Sonnenwendviertel und den Karl-Marx-Hof des „Roten Wien“ endete die zweitägige Tagung mit vielen neuen Ideen, Kontakten und Inspirationen für die Wohnungspolitik in Europa und der Welt.
ww
24.10.2019