Anwohner des Kungerkiezes in Treptow wehren sich: Gegen Leerstand, preistreibende Sanierungen, Mietwucher und Vertreibung. Denn obwohl dort eine Erhaltungssatzung („Milieuschutz“) gilt, fühlen sich alteingesessene Mieter keineswegs sicher. Das Bezirksamt bietet zwar kostenfreie Beratung, kann aber nicht in jedem Fall von fragwürdigen Vermieterpraktiken eingreifen. Das Milieu muss laut und deutlich werden.
Immer lautstärker und nachdrücklicher wehrt sich die Mieterinitiative „Wir sind das Milieu!“ gegen preistreibende Sanierung, Leerstand und Verdrängung aus ihrem Kiez um die Karl-Kunger-Straße im Bezirk Treptow-Köpenick. Eine Protestkundgebung Ende November letzten Jahres brachte viele Anwohner zusammen: Gemeinsam zogen sie bis zur Krüllsstraße 12. Dessen Vermieter hatte bereits 2014 damit begonnen, Modernisierungsankündigungen zu verschicken und dabei astronomische Mietsteigerungen angedroht.
Clara Bernhard, eine der Organisatoren des Protestes, hat mittlerweile auch eine Modernisierungsankündigung auf dem Tisch. Nach der angekündigten Fassadendämmung des Wohnhauses Karl-Kunger-, Ecke Bouchéstraße sollen sich die Mieten um rund 2 Euro pro Quadratmeter verteuern.
„Wir haben inzwischen auf unsere Kosten ein Gutachten eingeholt, wonach lediglich ein Prozent der Fassade schadhaft ist“, so Clara Bernhard. Eine Fassadendämmung wäre nach der Energieeinsparverordnung aber erst zwingend, wenn 10 Prozent der Fläche schadhaft wären. Vorbereitungen fürs Bauen werden trotzdem bereits getroffen, wie Mieter beobachten. Dabei hat der Vermieter, die Firma „Citec Immo Berlin GmbH“, noch nicht einmal einen Bauantrag beim Bezirksamt gestellt. Die Hausbewohner fürchten, überrumpelt und vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Sie wandten sich an den Baustadtrat ihres Bezirkes, Rainer Hölmer. Der versichert: Sollten genehmigungspflichtige Arbeiten ungenehmigt ausgeführt werden, würde das Bezirksamt einschreiten – und verweist auf die kostenfreie Beratung, die für jedes Milieuschutzgebiete vom Bezirksamt eingerichtet wurde. Der Protest gegen Mietwucher wird noch deutlich lauter werden müssen.
Rosemarie Mieder
03.03.2018