Wer von Arbeitslosengeld II (ALG II) lebt, kann nicht etwa umziehen, nur weil er eine schönere Wohnung gefunden hat. Ohne das Okay vom Amt läuft gar nichts.
Wer als ALG-II-Bezieher einen neuen Mietvertrag unterschreiben will, muss beim Job-Center eine Kostenübernahmebescheinigung für die neue Wohnung einholen. Und die wird nur erteilt, wenn der Wohnungswechsel notwendig und die Miete angemessen ist. Wer außerhalb Berlins einen Job gefunden hat, bekommt in der Regel problemlos grünes Licht. Als triftige Umzugsgründe gelten außerdem Trennung, extrem beengte Wohnverhältnisse (weniger als 30 Quadratmeter für zwei Personen) oder gesundheitliche Gefährdung, etwa wegen Schimmelbefalls der Wohnungsräume. Nicht akzeptiert wird der Wunsch nach einer anderen Umgebung oder die schlechte Ausstattung einer Wohnung. Wer unter 26 Jahre alt ist, bekommt die eigene Wohnung nur bewilligt, wenn besondere Umstände vorliegen.
Wurde der Umzug genehmigt, können auch Umzugskosten übernommen werden. Bei Zwangsumzügen wegen Überschreitung der angemessenen Miete muss die Behörde sogar die Kosten übernehmen. Wichtig: Gezahlt wird nur nach vorheriger Zusicherung. Kaution oder Genossenschaftsanteile werden als Darlehen übernommen. Doppelte Mieten beim Wohnungswechsel werden – bei entsprechender Begründung – meist anstandslos gezahlt.
Grundsätzlich wird verlangt, dass der Umzug mit Freunden organisiert wird. Das Job-Center zahlt für das Mietfahrzeug, außerdem gibt es für die Beköstigung der Umzugshelfer eine Pauschale von 20 Euro pro Person. Wenn entsprechende Gründe vorliegen, kommt das Amt aber auch für die Kosten einer Umzugsfirma auf. Darauf können nicht nur alte oder kranke Menschen pochen. „Wer keine Bekannten hat, sollte das dem Amt klipp und klar sagen“, rät Andreas Wallbaum von der Sozialberatung „Hartzer Roller“. Er empfiehlt, sich bei ablehnenden Bescheiden an die „obere Etage“ zu wenden: „Ich habe schon oft erlebt, dass es etwas bringt, seinen Fall dem Geschäftsführer des Job-Centers zu schildern oder die zuständige Senatsstelle einzuschalten.“
Kosten für Schönheitsreparaturen müssen ALG-II-Bezieher dagegen von ihrem Regelsatz bestreiten. Allenfalls ein Darlehen wird im Einzelfall gewährt. Ausnahmen gelten für Menschen mit schwerer Erkrankung sowie für Sozialhilfeempfänger. Bei ihnen können die Kosten für eine Fachfirma als einmalige Beihilfe übernommen werden. Die derzeitige Praxis ist jedoch strittig, die Sozialgerichte haben in mehreren Fällen anders geurteilt.
Birgit Leiß
MieterMagazin 7+8/08
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Kein Tisch und kein Bett?
In Einzelfällen übernehmen Job-Center oder Sozialämter die Kosten für eine Erstausstattung der Wohnung, entweder als einmalige Beihilfe oder als Darlehen. Das gilt nicht für ALG-II-Bezieher, auch andere Bezieher niedriger Einkommen können einen Antrag stellen. Berechtigt sind Mieter ohne eigenen Hausstand, zum Beispiel nach einer Trennung, nach einem Wohnungsbrand oder nach der Haftentlassung. Aber auch junge Menschen, die ihre erste eigene Wohnung beziehen, können für den Kauf von Möbeln und Hausrat einen Zuschuss bekommen.
bl
11.06.2018