Jeder Mieter hat ein Recht darauf, in seiner Wohnung ungestört zu leben, und kann sich gegen vermeidbaren Lärm wehren. Damit ist aber nicht jedes Geräusch verboten. Nachbarn dürfen nur nicht gestört werden. Im Zusammenleben sind also sowohl gegenseitige Rücksicht als auch Toleranz geboten.
Die Frage, wann ein Geräusch zum störenden Lärm wird, ist nicht eindeutig zu beantworten. Es geht dabei nicht nur um die Lautstärke, sondern auch um die Art des Geräusches. Dem Bundesgerichtshof zufolge kommt es auf das „Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen“ an (BGH vom 20. November 1992 – V ZR 82/91). So wird der Lärm einer Bohrmaschine als unangenehmer empfunden als Radiomusik. Ortsüblicher oder unvermeidlicher Lärm muss hingenommen werden, zum Beispiel Fluglärm in einer Einflugschneise. Daraus folgt auch, dass Geräusche, die bei der vertragsgemäßen Nutzung einer Wohnung entstehen, nicht unzulässig sein können: duschen, Fön benutzen, nachts die Klospülung betätigen.
Dabei sind jedoch die allgemeinen Ruhezeiten zu beachten. Nach dem Berliner Landes-Immissionsschutzgesetz gilt eine Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr. In vielen Hausordnungen ist auch eine Mittagsruhe von 13 bis 15 Uhr festgehalten. In diesen Zeiten sowie an Sonn- und Feiertagen sind ruhestörende Geräusche zu vermeiden. Staubsauger oder Stichsäge sind dann tabu. Allerdings geht der Lärmschutz nicht so weit, dass das Alltagsleben beeinträchtigt wird. Man darf auch spätabends duschen, zu jeder Zeit einen Fön benutzen und selbstverständlich auch nachts die Klospülung betätigen.
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Kinder dürfen in der Wohnung spielen und lärmen, es darf nur nicht zu einer unzumutbaren Störung der Nachbarn führen, insbesondere während der Ruhezeiten. Allerdings muss jeder Hausbewohner das Lachen, Weinen und Schreien von Kleinkindern als natürliches Verhalten ebenso hinnehmen wie die Unruhe, die infolge des normalen Spiel- oder Bewegungstriebes der Kinder entsteht. Üblicher Kinderlärm ist kein Kündigungsgrund (Landgericht Wuppertal vom 29. Juli 2008 – 16 S 25/08).
Für Musik gilt ebenfalls: Belästigungen von Mitmietern sind zu vermeiden. In den Ruhezeiten ist Zimmerlautstärke angesagt. Da man Klavier, Gitarre oder Flöte nur bedingt leise spielen kann, muss man zum Musizieren die Ruhezeiten meiden. Die Gerichte gestehen Hobbymusikern meist mindestens zwei Stunden am Tag zum Spielen ihres Instruments zu.
Wenn Mieter in ihrer Wohnung feiern, müssen sie auf die Nachbarn Rücksicht nehmen, insbesondere ab 22 Uhr. Feste, die sich „im üblichen Rahmen“ halten, müssen von den Nachbarn hingenommen werden (Landgericht Frankfurt vom 6. März 1989 – 2/21 O 424/88). In jedem Fall empfiehlt es sich, vor einer Party die Nachbarn zu informieren, damit sie wissen, an wen sie sich wenden können – und nicht gleich die Polizei rufen. Ein Zettel im Hausflur mit der Aufschrift „Heute Party. Sorry, wenn‘s etwas lauter wird“ ist aber kein Freibrief, um „die Sau rauszulassen“.
Dass man einmal im Monat in der Wohnung auch nachts feiern darf, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Es gibt kein allgemeines Recht, in bestimmten Zeitabständen die Nachtruhe der Nachbarn stören zu dürfen (Oberlandesgericht Düsseldorf vom 15. Januar 1990 – 5 Ss 475/89).
Jens Sethmann
Hart auf hart: Schuhe aus
Wenn ein Mieter durch Trittschall aus der Wohnung über ihm erheblich gestört wird, ist es auch zumutbar, vom oberen Mieter zu verlangen, keine Schuhe mit harten Absätzen zu tragen. In einem Fall vor dem Landgericht Hamburg beschwerte sich ein Mieter über Lärm, der vom neu verlegten Laminat- und Fliesen-Fußboden in der darüberliegenden Wohnung ausging. Der Vermieter berief sich darauf, dass die DIN-Norm für Trittschall eingehalten wurde. Das Landgericht urteilte aber, dass trotzdem unzumutbare Geräusche entstehen und es hier zumutbar sei, Schuhe mit harten Absätzen an der Wohnungstür auszuziehen (LG Hamburg vom 15. Dezember 2009 – 316 S 14/09).
js
08.01.2017