Leitsatz:
Zur Zulässigkeit einer auf Ersatz künftigen Schadens gerichteten Feststellungsklage, wenn die Möglichkeit eines Schadenseintritts zwar minimal über dem allgemeinen Lebensrisiko liegt, jedoch aufgrund der Umstände des Einzelfalls als „sehr, sehr gering“ anzusehen ist.
BGH vom 2.4.2014 – VIII ZR 19/13 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 9 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Fußboden der Mietwohnung bestand aus asbesthaltigen Platten, was die Mieter erst erfuhren, nachdem sie jahrelang mit brüchigen Platten gelebt hatten und nachdem die Platten vom Vermieter ausgetauscht worden waren, wobei die Handwerker des Vermieters die dabei vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen unbeachtet gelassen hatten. Die Kinder der Mieter verlangten daraufhin die Feststellung, dass ihnen der Vermieter alle materiellen und immateriellen Schäden ersetzen muss, die ihnen aus der Gesundheitsgefährdung, die durch den Asbestkontakt in den Mieträumen bereits entstanden sind und/oder als Spätfolgen nach Jahrzehnten – nach Ablauf sämtlicher Verjährungsfristen – noch entstehen werden.
Der BGH hielt die Feststellungsklage bereits für unzulässig. Zwar habe der Vermieter eine vertragliche Nebenpflicht (§ 241 Absatz 2 BGB) dadurch verletzt, dass er die Eltern nach der erfolgten Anzeige, es lägen Flexplatten mit offenen Bruchkanten frei, nicht umgehend über die von den Platten möglicherweise ausgehenden Gefahren informierte. Jedoch hätte der gerichtlich bestellte Sachverständige ausgeführt, dass das Risiko der Kinder, in Zukunft an einem Tumor zu erkranken, der auf die dem Vermieter zurechenbaren Pflichtverletzungen zurückzuführen sei, zwar minimal über dem allgemeinen Lebensrisiko liege, jedoch aufgrund der anzunehmenden Exposition der Kinder mit Asbestfasern, die im Niedrigdosisbereich liege, als „sehr sehr gering“ anzusehen sei; mit einer Tumorerkrankung sei „nicht zu rechnen“.
Das Gutachten ließ den Bundesgerichtshof zum Schluss kommen, dass angesichts dessen bei verständiger Würdigung aus Sicht der Kläger kein Grund bestehe, mit einem zukünftigen Schaden zu rechnen, so dass es an einem Feststellungsinteresse der Kläger fehle.
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