Der Trend scheint unumkehrbar. Die Menschen bewohnen in Deutschland immer mehr Fläche. Das ist ein Ergebnis wachsenden Wohlstands. Doch bei genauer Betrachtung profitieren nicht alle davon. Und angesichts endlicher Ressourcen ist im Sinne der Nachhaltigkeit eine weitere Ausdehnung des Wohnflächenkonsums auch nicht angeraten.
Folgende Fragen behandelt dieser Artikel:
- Wohnflächenentwicklung: Stetes Wachstum, stete Ungleichheit
- Einfluss von Staat, Kultur und Natur: Was die Größe von Wohnflächen bestimmt
- Wer kann, bleibt wohnen, wo er wohnt
- Wohnflächenbeschränkung: Staatliche Lenkmöglichkeiten sind begrenzt
- Tiny Houses und Micro-Living: Eine Sache der Weltanschauung
- Tiny Houses: Ist das nur etwas für Singles?
- Tiny House: Standort, Förderung, Energieeffizienz
- Die Kosten des Micro-Apartments: Ideenreich am Mietrecht vorbei
- Modelle gegen den Landschaftsfraß: Mehr Fläche bringt nicht mehr Glück
- Wohnflächen: Das knappe Gut effizient nutzen
- Zusammenwohnen hat viele Gesichter: Wenn Gemeinschaft die Fläche ersetzt
Wohnflächenentwicklung: Stetes Wachstum, stete Ungleichheit
Der Wohnflächenverbrauch hat in den letzten Jahrzehnten rapide zugenommen. Standen 1950 jedem Bundesbürger im Durchschnitt 15 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung, so waren es im Jahr 2020 ganze 47,4 Quadratmeter – mehr als eine Verdreifachung innerhalb von 70 Jahren. Nichts weist auf eine Trendumkehr hin. In den letzten zehn Jahren ist der Wohnflächenkonsum um 2,4 Quadratmeter pro Person gewachsen.
Diese Entwicklung hat zwei Gründe: Die Wohnungen wurden größer und die Haushalte wurden kleiner. Noch 1910 hatten in Deutschland 40 Prozent der Haushalte fünf und mehr Personen, während weniger als zehn Prozent der Haushalte aus einer Person bestanden. Inzwischen hat sich die Gewichtung umgekehrt. Im Schnitt leben heute nur noch 1,94 Personen in einer Wohnung. Die mittlere Wohnungsgröße betrug im Jahr 1968 etwa 71 Quadratmeter, heute hat die Durchschnittswohnung 92 Quadratmeter.
Die Durchschnittswerte verdecken aber eine gespaltene Entwicklung. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes für 2020 leben 8,5 Millionen Menschen in überbelegten Wohnungen. Das sind 10,3 Prozent der Bevölkerung. In Großstädten liegt die Überbelegungsquote sogar bei 15 Prozent. Besonders betroffen sind Alleinerziehenden-Haushalte: 29,9 Prozent von ihnen wohnen auf zu kleinem Raum. Fast jeder sechste Minderjährige lebt in einer überbelegten Wohnung. Bei Rentnern taucht dieses Problem kaum auf: Nur drei Prozent von ihnen leben wegen zu vieler Mitbewohner beengt. Ältere Menschen wohnen häufig nach dem Auszug der Kinder weiter in ihrem Familienheim, obwohl es für sie eigentlich zu groß ist.
Als überbelegt gilt eine Wohnung, wenn zum Beispiel Kinder ab 12 Jahren kein eigenes Zimmer haben. Dagegen wohnen in Deutschland mehr als 600.000 Menschen allein in sieben oder mehr Räumen.
In Berlin geht die Wohnfläche pro Person entgegen dem bundesweiten Trend seit Jahren leicht zurück: 40,9 Quadratmeter waren es im Jahr 2011, nur noch 39,3 Quadratmeter im Jahr 2019. Aufgrund der Wohnungsknappheit sind die Menschen zusammengerückt.
Zwischen den Bezirken bestehen große Unterschiede: In Lichtenberg und Neukölln hat jede Person im Schnitt weniger als 36 Quadratmeter zur Verfügung, in Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf hingegen über 46 Quadratmeter.
Vermietete Wohnungen sind generell kleiner als die von den Eigentümern selbst bewohnten. Eine Mietwohnung hat im Mittel 75 Quadratmeter, im Eigentum sind es 125 Quadratmeter. Auch wenn man die Anzahl der Bewohner berücksichtigt, steht fest: Im Eigentum wohnt der Einzelne großzügiger.
Die Zahlen zeigen über die Jahrzehnte eine Verbesserung der Wohnungsversorgung. Erkauft wird diese aber damit, dass in Deutschland jeden Tag 60 Hektar Land bebaut und versiegelt werden.
Flächenbegrenzungen in der Weimarer Zeit
Die Reduzierung von Wohnungsgrößen war schon in der Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg ein Ziel, um mit weniger Geld mehr Wohnungen bauen zu können. In der Weimarer Republik war damals die Größe der Neubauwohnungen, die mit Geldern aus der Hauszinssteuer gefördert wurden, eng begrenzt. „Die Wohnfläche soll 32 bis 45 Quadratmeter betragen und bei Wohnungen, die für Familien mit Kindern bestimmt sind, 60 Quadratmeter nicht überschreiten“, heißt es in der Richtlinie von 1931.
Um die Baukosten zu senken, wurde die Wohnfläche auch dadurch verkleinert, dass man bestimmte Verrichtungen nach außen verlegte. So gab es in den meisten neuen Siedlungen der 1920er Jahre Waschhäuser, in denen die Hausfrauen die Wäsche mit Hilfe von Maschinen erledigen konnten. Weil so nicht mehr mit Zubern in der Küche gewaschen werden musste, konnte man kleinere Küchen bauen. Dieser Gedanke führte auch zur Entwicklung der „Frankfurter Küche“ von 1926: eine voll ausgestattete, reine Arbeitsküche, die mit ihrer ausgeklügelten Funktionalität weniger als sieben Quadratmeter benötigte.
In den sogenannten Einküchenhäusern hatte man sogar ganz auf Küchen in den Wohnungen verzichtet. Die Mahlzeiten wurden in einer Zentralküche im Keller zubereitet und per Speisenaufzug in die Wohnungen geliefert. Die drei Berliner Einküchenhäuser, die zwischen 1907 und 1912 gebaut wurden, funktionierten aber nur wenige Jahre so wie gedacht und fanden keine Nachahmer.
Traditionelle Wohnvorstellungen hielten sich dagegen hartnäckig: Eine große Wohnküche, die den Mittelpunkt des Familienlebens bildete, war in der Bevölkerung fest verankert: „Eigener Herd ist Goldes wert.“ Selbst eine riesige Platzverschwendung wie die „kalte Pracht“ – die gute Stube, die nur an Sonn- und Feiertagen eingeheizt und genutzt wurde – blieb unantastbar, selbst in Familien, die sehr beengt gewohnt haben. Die fortschrittlichen Architekten jener Zeit wetterten gegen die „Plüschsofaherrlichkeit und den ganzen Mottenkrimskrams“, so Bruno Taut – mit wenig Erfolg.
Jens Sethmann
Einfluss von Staat, Kultur und Natur: Was die Größe von Wohnflächen bestimmt
Wie viel Fläche braucht der Mensch zum Wohnen? Historisch und ortsbezogen führen die jeweiligen Lebensbedingungen zu großen Unterschieden. Gelegentlich geben auch gesetzliche Regelungen darüber Auskunft, was der Mensch als ausreichende Wohnfläche zu betrachten hat.
Zum Teil sind Größen für die Wohnfläche klar definiert. Im Sozialen Wohnungsbau gelten 45 bis 50 Quadratmeter als angemessen für eine Person – bei zwei Bewohnern sind es 60 Quadratmeter oder zwei Räume. Für die Vermietung von Wohnungen können die einzelnen Bundesländer Mindestgrößen festlegen. So bestimmt das Berliner Wohnungsaufsichtsgesetz, dass Wohnungen erst ab neun Quadratmeter je erwachsenem Bewohner und sechs Quadratmeter pro Kind vergeben werden dürfen.
Im Strafvollzug gelten ebenfalls neun Quadratmeter Fläche als Mindestmaß einer Einzelzelle, bei einer gemeinsamen Unterbringung sind es sieben Quadratmeter pro Kopf. Für Alten- und Pflegeeinrichtungen regelt die Heimmindestbauverordnung seit 1978, dass sie mindestens einen Wohnschlafraum mit einer Fläche von 12 Quadratmetern pro Bewohner – 18 für zwei – aufweisen müssen.
Berlin-Mitte hat im Jahr 2021 Standards für die Obdachlosenunterbringung festgelegt – demnach soll ein Einzelzimmer mindestens neun Quadratmeter groß sein, ein Doppelzimmer 15 Quadratmeter. Auch Gerichte haben schon ihre Ansicht zur Wohnfläche dargelegt. So hat das Oberverwaltungsgericht Münster 2020 entschieden, dass eine Zweizimmerunterkunft von 30 Quadratmetern Größe für eine obdachlose fünfköpfige Familie als zu klein einzustufen ist.
Dass nicht allein die Quadratmeter-Zahl eine Rolle spielt, sondern auch die Anzahl der Räume, hat die Corona-Krise vielen schmerzhaft vor Augen geführt. Der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wissenschaft (iwd) schreibt: „Die Wohnungsgröße ist in Pandemiezeiten von besonderer Bedeutung – nicht nur, weil sich Menschen wegen Ausgangsbeschränkungen und Dauer-Homeoffice besonders oft und lange in ihren eigenen vier Wänden aufhalten.“ Plötzlich ist zusätzlicher Raum gefragt für Tätigkeiten, die zuvor am Arbeitsplatz oder im Klassenzimmer verrichtet wurden.
Viel Zeit auf viel zu engem Raum verbringen zu müssen, hat auch dazu geführt, dass die Fälle häuslicher Gewalt während der Corona-Pandemie anstiegen.
Wer kann, bleibt wohnen, wo er wohnt
Neben einer Rückbesinnung auf spezifisch genutzte kleinere Räume und einer Abkehr von offenen Grundrissen hat die Pandemie auch einen Nachfrage-Boom nach dem „Häuschen im Grünen“ ausgelöst. Das hat auf den traditionell wenigen Bauflächen innerhalb der Stadtgrenzen Berlins einen hohen Preis. Auch die Kosten von Mietwohnungen sind in den letzten Jahren nach oben geschossen. Wer kann, bleibt, wo er ist. So leben Ehepaare nach dem Auszug der Kinder in viel zu großen Wohnungen, während wachsende Familien sich aus Sorge vor höheren Mieten auf viel zu wenig Platz einrichten.
Neben materiellen Verhältnissen und Urbanisierungsgrad wirkt sich auch die Gesellschaftsform stark auf den Wohnflächenbedarf aus. Die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt: „Wo Großfamilien noch eine wichtige Rolle spielen, werden ein enges Zusammenleben und eine hohe Belegungsdichte der Räume eher akzeptiert als in Ländern mit einem individualistischen Lebensstil, Kleinfamilien und vielen Single-Haushalten.“ So leben die weltweit größten Haushalte mit mehr als acht Personen in den armen Ländern Senegal, Gambia Afghanistan.
Eine weitere wichtige Rolle beim Wohnflächenbedarf spielt das Klima. In Weltregionen mit gleichbleibend warmen Temperaturen findet mehr Leben im Freien – in Höfen, Gärten oder auf Plätzen – statt. So wird auch weniger Innenraum benötigt. Eine Ausnahme bestätigt die Regel: Die größten Häuser und Wohnungen im weltweiten Vergleich haben mit durchschnittlich rund 200 Quadratmetern die Australier, die zugleich auch warme Temperaturen genießen. Die kleinsten Wohnungen hat Hongkong mit rund 45 Quadratmetern, gerade einmal 13,3 Quadratmeter pro Kopf. Die Wohnungskrise der ehemaligen britischen Kolonie treibt Blüten wie die sogenannten coffin homes („Sarghäuser“) – winzige Unterkünfte von wenigen Quadratmetern, deren Bewohner sich Bad und Küche teilen, und die dennoch teuer sind. 200.000 Menschen leben Medienberichten zufolge in den menschenunwürdigen Zellen.
Katharina Buri
Wohnflächenbeschränkung: Staatliche Lenkmöglichkeiten sind begrenzt
Grundsätzlich ist man frei, so viele Quadratmeter zu bewohnen, wie man möchte – zumindest wenn man genug Geld hat. Wer auf Sozialleistungen angewiesen ist, muss sich allerdings einschränken. Bevor das Jobcenter die Kosten der Unterkunft übernimmt, wird die Angemessenheit der Wohnungsgröße überprüft. Auch in einem Wohnberechtigungsschein zum Bezug einer geförderten Wohnung ist je nach Größe des Haushalts eine bestimmte Quadratmeterzahl festgeschrieben.
Steuern haben eine geringe Wirkung auf den Wohnflächenverbrauch. Die Grundsteuer wird zwar bei Mietern und Wohnungseigentümern nach der Wohnfläche berechnet und umgelegt. Innerhalb der rasant steigenden Wohnkosten ist das aber kein Faktor, der zum Bezug einer kleineren Wohnung reizt. Berlin hat 2019 die Zweitwohnungssteuer verdreifacht – allerdings nicht, um die Wohnflächenverschwendung einzudämmen, sondern vor allem um Zweitwohnungsnutzer zu ermuntern, in Berlin ihren Hauptwohnsitz anzumelden. Die Einnahmen der Zweitwohnungssteuer stiegen von vier Millionen Euro im Jahr 2018 auf 15,5 Millionen in 2020.
Gegen die Geldschneiderei mit möblierten Kurzzeitvermietungen, wie sie vor allem in Kleinstwohnungen überhand nimmt, hatte Hamburg eine Bundesratsinitiative eingebracht: In möblierten Wohnungen soll die Mietpreisbremse anwendbar gemacht werden, indem immer der Möblierungszuschlag beziffert werden muss und Mietverhältnisse, die länger als sechs Monate laufen, nicht mehr als Kurzzeitvermietung gelten.
Die öffentliche Hand kann ihren eigenen Wohnungsbaugesellschaften Vorgaben machen, welche Wohnungsgrößen im Neubau entstehen sollen. Bei privaten Bauträgern geht das nur, wenn sie öffentlich geförderte Sozialwohnungen errichten oder wenn sie sich mit der Verwaltung in einem städtebaulichen Vertrag darauf einigen. In solchen Verträgen steht aber die Bezahlbarkeit der Wohnungen im Vordergrund, konkrete Wohnungsgrößen werden selten festgelegt.
Jens Sethmann
Tiny Houses und Micro-Living: Eine Sache der Weltanschauung
Seine Wohnbedürfnisse auf nur wenige Quadratmeter zu begrenzen, ist eine bewusste Entscheidung. Den Wohnformen „Tiny House“ und „Micro-Living“ ist diese Beschränkung gemein. Aber während das Modell Tiny House dem unökologischen, ressourcen-fressenden und wenig nachhaltigen Wirtschaften eine Alternative entgegenhält, geht es Micro-Apartment-Anbietern um hohe Gewinne eines neuen profitablen Geschäftsmodells.
Als der Architekt Van Bo Le-Mentzel 2016 seine Idee von einem Tiny House in die Praxis umsetzte, hatte die große Not der Flüchtlinge den Ausschlag gegeben, die sich über Monate vor dem Lageso drängten. Er habe sich damals gefragt, was nötig sei, um menschenwürdig zu wohnen, so der Architekt. Das von ihm gebaute 6,4 Quadratmeter große Holzhaus bot alles, was zur grundsätzlichen Ausstattung einer Wohnung zählt: Küche, Bad, Toilette, Schlaf- und Arbeitsbereich, sogar eine kleine Abstellkammer fand Platz. Erfinder der Tiny Houses war Le-Mentzel aber nicht allein. Minihäuser von durchschnittlich 10 bis 15 Quadratmetern waren in den USA schon um 2007 populär geworden, als viele Menschen im Zusammenhang mit der Finanz- und Immobilienkrise gezwungen waren, sich aufs Notwendigste zu beschränken. Was damals als eine oft bittere Alternative zu den unbezahlbar gewordenen großen Eigenheimen war, ist mit den Jahren zum Objekt eines neuen Zeitgeistes geworden.
Downsizing oder Minimalisierung bedeutet Loslassen, Weglassen, sich von Überflüssigem trennen und Prioritäten setzen. „Weniger ist Mehr“ – eine Entscheidung zu einem einfacheren Leben und eine Kritik an der Gesellschaft. „Die Akteure der Tiny-House-Bewegung sehen in der Konsumkultur marktorientierter Wirtschaftssysteme eine Ursache aktueller globaler Konflikte, da ein übersteigerter Konsum die ökologischen Ressourcen verknappt sowie die Verschmutzung der Umwelt und soziale Ungleichheiten verstärkt“, schreibt die Kulturanthropologin Julia Susann Helbig, die an der Uni Hamburg zur Tiny-House-Bewegung geforscht hat.
Der Ortswechsel ist mit eingebaut
Nach Ansicht der Wissenschaftlerin sprechen auch ganz praktische Gründe für eine Beschränkung des Wohnraumes: Die hohe Bevölkerungsdichte und immer teurer werdender Wohnraum in den Städten, die abnehmende Zahl von Mehrpersonenhaushalten, der geringe Anschaffungspreis für ein Tiny House, das durch seine Einfachheit in Eigenleistung gebaut werden kann. Außerdem erlaubt ein Minihaus – auf Räder gestellt – einen vergleichsweise einfachen Ortswechsel.
Längst hat sich eine Community und auch eine Infrastruktur um das Tiny House gebildet. Es gibt Hersteller, die exklusive Modelle anbieten. Für weniger Betuchte finden sich Baupläne im Netz, mitunter sogar kostenlos zu nutzen. Interessierte und Minihausbewohner tauschen sich in lokalen Gruppen aus, denn trotz unterschiedlicher Stile und finanzieller Möglichkeiten stehen alle vor der Frage: Wie nutze ich die mir gegebene Fläche am effektivsten?
Dagegen ist für die Bewohnerinnen und Bewohner von Micro-Apartments diese Frage zumeist schon entschieden: Sie mieten voll- oder teilmöblierte Wohnungen, die auf 15 bis 30 Quadratmetern allen Komfort fürs Private bieten, schnelles WLAN und oft sogar Smart Home Technik inbegriffen. Dafür zahlen sie eine Komplettmiete, die die Kosten für Heizung, Strom, Internet und oft auch die Nutzung von Gemeinschaftsräumen beinhaltet, etwa Waschküchen, Coworking Spaces, Fitnessstudios oder sogar ein kleines Kino.
Micro-Living ist auf zeitlich begrenztes Wohnen ausgelegt. Es bietet Studierenden, IT-Nomaden, die immer wieder in anderen Städten arbeiten oder Globetrottern Privaträume, Plätze fürs Arbeiten, soziale Kontakte und nicht selten auch Freizeitaktivitäten. Investoren und Vermietern sichert das gutgehende Geschäft steigende Renditen. In gefragten Metropolen weltweit entstehen immer neue Angebote, die von einfachen Apartments bis zu Co-Living-Communities mit Gemeinschaftsküchen und sogar Urban-Gardening-Flächen auf dem Dach reichen. Ausgerichtet auf größtmögliche Flexibilität ihrer Nutzer sind sie Teil der sogenannten Sharing Economy, die die ursprünglich gute Idee des geld- und ressourcensparenden Teilens zu einem profitablen Geschäft ausgebaut hat.
Rosemarie Mieder
Tiny Houses: Ist das nur etwas für Singles?
Eignen sich Wohnungen mit kleinen Flächen und Tiny Houses nur für Singles? Dass dem nicht so ist, zeigen zahlreiche Beispiele. Sogar Familien mit mehreren Kindern können ihr Wohnglück auf wenigen Quadratmetern finden. Wichtig sind vor allem multifunktionale Grundrisse und clevere Raumkonzepte mit ausreichend Stauraum und Rückzugsmöglichkeiten. So verwandelt sich die Tobe-Ecke abends in eine TV-Lounge, das Homeoffice wird zur Lesehöhle. Mitbringen müssen die Bewohner die Bereitschaft, sich auf das Prinzip „Minimalismus“ einzulassen, und eine gewisse Disziplin – Thema Aufräumen. Wenig Raum muss aber nicht beengen, im Gegenteil: Viele Menschen berichten, sie empfänden die Reduktion aufs Wesentliche als befreiend. Hinzu kommt: Das Leben im Tiny House ist äußerst flexibel. Viele Bewohner wählen einen Standort in schöner Umgebung und verbringen entsprechend viel Zeit im Freien. Auch lassen sich mehrere Tiny Houses kombinieren.
Katharina Buri
Tiny House: Standort, Förderung, Energieeffizienz
Fünf Tiny-House-Siedlungen gibt es inzwischen in Deutschland. Die älteste steht im Bayrischen Fichtelgebirge, im Kreis Mehlmeisel. 2017 wurde sie hier auf einem ehemaligen Campingplatz gegründet. 17.000 Quadratmeter Grünfläche bieten Platz für insgesamt 35 Tiny Houses, 23 stehen bereits.
Wer hier sein Tiny House abstellen möchte – ob nun einen Zirkuswagen, eine Jurte oder ein selbstgebautes Mobilheim – muss sich auch in die Gemeinschaft einbringen wollen.
Auch wenn die Finanzierung eines Tiny Houses aus leicht nachvollziehbaren Gründen wesentlich günstiger ist die eines üblichen Eigenheims, lohnt es sich, über Fördermöglichkeiten Informationen einzuholen. Wer Förderkredite beziehungsweise Zuschüsse bekommen will, muss jedoch Bedingungen erfüllen. Sie sind im Rahmen der „Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)“ festgelegt und verlangen eine Kombination aus Energieeinsparung und Einsatz erneuerbarer Energien.
Für ein Tiny House, das auf einem klassischen Trailer aufgebaut wird und damit jederzeit den Standort wechseln kann, gibt es übrigens keine KfW-Förderung.
Der Tiny-House-Verband zeigt auf seiner Internetseite mögliche Standorte, informiert über Hersteller und Baupläne, bringt Interessenten zusammen und klärt über rechtliche Probleme auf.
Rosemarie Mieder
Die Kosten des Micro-Apartments: Ideenreich am Mietrecht vorbei
Die mit dem Konzept Micro-Living seit einigen Jahren aus dem Boden schießenden Apartmenthäuser mit ihren Kleinstwohnungen bieten Wohnräume auf Zeit mit hotelähnlichem Service. Was die Nutzer dieses hochpreisigen All-Inclusive-Wohnens auf kleiner Fläche nicht wissen: Solche Angebote unterlaufen jegliche Mietpreisregulierung und treiben die Baulandpreise in die Höhe.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Mini-Apartments mit 25 Quadratmetern für 750 Euro vermietet werden – 30 Euro pro Quadratmeter nettokalt. Auch Angebote von mehr als 40 Euro pro Quadratmeter finden sich. Selbst wenn darin eine Internet-Flatrate und der Stromverbrauch pauschal enthalten sind: Solche Mietpreise sind skandalös überteuert.
Jede Vermietung zu solchen Preisen wäre ein krasser Verstoß gegen die gesetzlichen Bestimmungen der Mietpreisbremse – doch diese kennt viele Ausnahmen und Schlupflöcher. Im Prinzip dürfen Mieten bei einer Wiedervermietung höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Diese liegt nach dem aktuellen Berliner Mietspiegel 2021 im absoluten Höchstfall – unter Berücksichtigung aller möglichen wohnwerterhöhenden Merkmale – bei 15,28 Euro pro Quadratmeter nettokalt. Mit dem Zehn-Prozent-Aufschlag der Mietpreisbremse sollte es also eigentlich keine Neuvertragsmieten über 16,81 Euro geben.
Die Mietpreisbremse greift aber nicht, wenn der Vormieter schon eine höhere Miete gezahlt hat. Mietverträge, die „zum vorübergehenden Gebrauch“ abgeschlossen werden, fallen auch nicht unter die Mietpreisbremse.
Die Möblierung und die Festlegung von Pauschalmieten verschärft das Problem zusätzlich, da die ortsübliche Vergleichsmiete nettokalt ausgewiesen wird. Um sich der Mietpreisbremse zu bedienen, müssten Bewohner alle Nebenkosten und einen Möblierungszuschlag herausrechnen. Da sie diese Beträge aber nicht kennen, ist ihnen die Anwendung der Mietpreisbremse quasi unmöglich. Und selbst wenn es gelingt, haben die Vermieter nur eine Verringerung der Miete, aber keinerlei Strafen oder Bußgelder zu befürchten. Da die meisten Mieter eine vergleichsweise kurze Zeit in den Mini-Wohnungen bleiben, können Vermieter die Mieten in schneller Folge bei jeder Wiedervermietung steigern, ohne ein Erhöhungsverlangen zu begründen, wie sie es gegenüber Langzeitmietern tun müssten.
Schnelle Steigerung der Einnahmen
Micro-Apartments werden vor allem deshalb gebaut, weil man damit aus wenigen Quadratmetern sehr hohe Mieteinnahmen erzielen kann – nicht, weil es einen Bedarf an möblierten All-inclusive-Kleinstwohnungen auf Zeit gibt, sondern weil es auf dem regulären Wohnungsmarkt mit seinen normalen Wohnungsgrößen so gut wie keine Angebote mehr gibt.
Dieses Vermietungsmodell hat auch schwerwiegende Auswirkungen auf den Grundstücksmarkt. Die Aussicht, mit neu gebauten Apartmenthäusern enorme Mieteinnahmen zu erzielen, treibt die Grundstückspreise in die Höhe. Wohnungsbauträger, die reguläre Mietwohnungen bauen wollen, können so hohe Preise nicht zahlen, erst recht nicht, wenn sie Wohnraum zu bezahlbaren Mieten anbieten wollen.
Jens Sethmann
Modelle gegen den Landschaftsfraß: Mehr Fläche bringt nicht mehr Glück
Das im Klimaschutzplan 2050 formulierte Ziel, den Flächenverbrauch in Deutschland auf 30 Hektar pro Tag zu halbieren, ist bei der derzeitigen Bauweise nicht zu erreichen, schon gar nicht angesichts der angekündigten Neubauzahlen. Wie kann nachhaltiger und flächensparender gebaut werden? Wohin entwickelt sich die Stadt, und was wäre wünschenswert?
Der Flächenfraß in Deutschland geht trotz aller gegenteiliger Absichtserklärungen ungebremst weiter. Derzeit werden 60 Hektar pro Tag verbraucht: für Wohnungsbau, aber auch für Gewerbe, Verkehr und Erholungsflächen. Der geplante Neubau von jährlich 20.000 Wohnungen in Berlin dürfe nicht zu Lasten des wertvollen Stadtgrüns gehen, fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz Berlin (BUND) in einem kürzlich gestarteten Volksbegehren. Der Vorschlag: Für den Bau neuer Häuser müssten im Gegenzug anderswo Flächen entsiegelt und renaturiert werden. Man müsse sich endlich von der bisherigen Fixierung auf immer neue Flächen für den Wohnungsbau lösen, so Tilmann Heuser vom BUND. Die Überbauung von flächenfressenden Discountern, der Ausbau von Dachgeschossen, der Rückbau von Parkplätzen und anderen ineffizient genutzten Flächen böten die Chance, bestehende Quartiere sozial und ökologisch weiterzuentwickeln und am Bedarf der Bewohner orientierte Wohnungen zu erstellen, beispielsweise für Senioren und Familien.
Vielfalt im Neubau heißt später weniger Umbau
Ähnlich argumentiert der Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU). Dort hat man ein „Null-Hektar-Ziel“ ausgerufen. Aus Sicht des Naturschutzes sollten überhaupt keine weiteren Flächen mehr versiegelt werden. Wie das gehen soll? Indem auf bereits versiegelten Flächen in der Innenstadt gebaut wird statt auf den besonders wertvollen Böden am Stadtrand. „Unser Konzept der doppelten Innenentwicklung will Wohnraum durch Verdichtung schaffen, aber gleichzeitig die Grünflächen in der Stadt erhalten und qualitativ weiterentwickeln“, erklärt Stefan Petzold, Referent für Siedlungsentwicklung beim NABU. Brachliegende unversiegelte Bauflächen sollten daher genau unter die Lupe genommen werden: Wie sehr eignet sich das Grundstück als Baufläche? Und wie wertvoll ist es als Frei- und Grünfläche?
Um die begrenzte Ressource Boden zu schonen, sind zudem Wohnformen und Wohnungsgrößen gefragt, die sich auf die wandelnden Lebensphasen einstellen lassen. Jeder kennt Paare oder Senioren, die nach dem Auszug der Kinder oder dem Tod des Partners in viel zu großen Wohnungen leben. „Wir brauchen mehr Vielfalt im Wohnungsneubau, dann müssen wir uns später nicht Gedanken um den Umbau machen“, sagt Ricarda Pätzold vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu). Flexible Grundrisse, verschiebbare Wände oder zuschaltbare Räume sind aber bislang überwiegend nur im Eigentumsbereich zu finden. Bei Baugruppen und gemeinschaftlichen Wohnprojekten, zunehmend auch bei jungen Genossenschaften, sind dagegen interessante Modelle entstanden. Zum Beispiel das Ausbauhaus der Architekten Präger und Richter, das in Berlin bereits mehrfach als Baugruppenprojekt realisiert wurde. Zum Konzept gehören neben gemeinschaftlich genutzten Räumen auch der Verzicht auf tragende Wände. So sind vielfältige Grundrissvarianten und auch ein späterer Umbau möglich. Bei gemeinschaftlichen Wohnprojekten steht das sogenannte Cluster-Wohnen hoch im Kurs.
In der Lynarstraße im Wedding gibt es ein Wohnhaus der Wohnungsbaugenossenschaft „Am Ostseeplatz“, bei dem jede Etage in Wohneinheiten mit von den Bewohnern bestimmbaren Grundrissen aufgeteilt ist. Sie können also selber entscheiden, wieviel individuellen Raum und wieviel Gemeinschaftsfläche, etwa eine gemeinsame Küche oder einen Flur, sie haben möchten.
In der Schweiz macht man sich schon seit Längerem Gedanken um das Thema Flächenverbrauch und Flexibilität in Bezug auf Lebensphasen. Dort wurde auch das sogenannte Joker-Zimmer erfunden, ein zusätzliches Zimmer, das sich für eine bestimmte Zeit zu der Wohnung dazu mieten lässt, etwa wenn der pubertierende Nachwuchs stresst oder die pflegebedürftige Mutter untergebracht werden soll. Schweizer Genossenschaften statten Neubauwohnungen zudem häufig mit zwei Eingängen aus, so dass die Wohnung später unkompliziert geteilt werden kann. „Es gibt auch bei uns solche intelligente Raumlösungen, aber nicht für die breite Masse“, sagt Ricarda Pätzold bedauernd. Hierzulande gebe es immer noch die Vorstellung, dass die Wohnung möglichst groß sein muss. „Mehr Fläche bedeutet doch nicht mehr Glück“, meint die Stadtforscherin.
Inzwischen fangen auch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften an, sich mit dem Thema zu beschäftigen. So hat die Howoge in der Paul-Zobel-Straße in Lichtenberg 2019 einen Neubau fertiggestellt, in dem mit vergleichsweise wenig Aufwand die Grundrisse durch das Stellen oder Entfernen der Innenwände verändert werden können. Die Wohnräume sind um einen innen liegenden Kern aus Bad und Küche angeordnet. Das bietet Flexibilität, um auf sich ändernde Bedürfnisse zu reagieren. Durch den Verzicht auf Flure oder abgeschlossene Küchen sind auch Wohnungen unter 100 Quadratmetern gut für Familien mit Kindern geeignet. Darüber hinaus wird die Gesamt-Mietbelastung geringer.
Birgit Leiß
https://www.netzwerk-generationen.de/service-und-downloads/broschueren-dokumentationen
Wohnflächen: Das knappe Gut effizient nutzen
Im Wohnungsbestand schlummern erhebliche Flächenpotenziale, die man mit etwas Kreativität und dem entsprechenden politischen Willen heben könnte. Beispiel: der Wohnungstausch. Das Recht, seine Wohnung gegen eine kleinere oder größere zu tauschen, gibt es in Berlin nur bei städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Dort ist die Nachfrage überschaubar, was jedoch nach Überzeugung des Geschäftsführers des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, kein Grund zur Resignation ist: „Man muss geeignete Instrumente finden, um die Motivation zu erhöhen und den Tausch zu erleichtern.“ Das gleiche gilt für Versuche, ältere Menschen mit sehr großen Wohnungen von der Untervermietung, etwa an Studierende, zu überzeugen. Oft scheitert das daran, dass kein zweites Bad vorhanden ist. Entsprechende Umbauten in der Wohnung müssten unterstützt werden, so Wild: „Wir erwarten, dass diese Themen in der Arbeitsgruppe Neubau des Senats besprochen werden.“ Zu einer besseren Nutzung der vorhandenen Wohnflächen gehört es auch, den Leerstand konsequent zu bekämpfen und den Ferienapartments einen Riegel vorzuschieben. Weitere Bausteine: rechtliche Hürden abbauen, damit mehr Gewerbebauten zu Wohnraum umgebaut werden können. Der Aufwand ist zwar mitunter beträchtlich, aber Beispiele wie das ehemalige Kreuzberger Postscheckamt oder der Umbau eines Verwaltungskomplexes in der Weißenseer Streustraße durch die Gesobau zeigen, dass dabei keine sündhaft teuren Lofts entstehen müssen.
Birgit Leiß
Zusammenwohnen hat viele Gesichter: Wenn Gemeinschaft die Fläche ersetzt
Zimmer mit Gemeinschaftsküche: Was heute stylisch als Micro-Living daherkommt, ist anderswo und zu anderen Zeiten aus purer Not entstanden: Man musste seinen Privatbesitz auf wenige Quadratmeter beschränken und alles andere teilen. In einer sich verändernden, mobileren Gesellschaft wird der Verzicht auf groß dimensionierte Wohnflächen mehr und mehr zu einer alternativen Lebensform und zur Kritik an konservativen Vorstellungen vom Wohnen.
Zwischen dem schlichten Zimmer in einer „Kommunalka“ und dem exklusiven Microflat in einem Co-Living-House liegen Welten. Die russischen Gemeinschaftswohnungen, entstanden bereits im 19. Jahrhundert, waren extremer Wohnungsnot und auch großer Armut geschuldet. Familien und Einzelpersonen lebten in eigenen abschließbaren oft viel zu kleinen Zimmern an langen Fluren und mussten sich Sanitärräume und Küche teilen.
Von der Kommunalka zum Co-Living
Co-Living-Houses, die seit den 2000er Jahren in den Metropolen buchstäblich aus dem Boden schießen, sprechen mit ihren kleinen möblierten Apartments vor allem eine mobile Community an: Studierende aus aller Welt, Geschäftsleute, Menschen, die aus beruflichen Gründen neu in einer Stadt sind und sich erst einmal orientieren wollen. Wer in ein Micro-Living-Apartment zieht, will zentral wohnen, keine großen Anstrengungen für die Wohnungsausstattung auf sich nehmen und erforderlichenfalls rasch weiterziehen können. Waren Gemeinschaftsunterkünfte wie auch Seemannsheime, Arbeiterwohnheime oder Schwesternwohnheime soziale wie wirtschaftliche Notwendigkeit, ist das moderne Micro-Living heute ein Modell, das sich vor allem an Begüterte wendet, die für Bequemlichkeit und Flexibilität bereit sind, tief in die Tasche zu greifen.
Doch selbst wenn Micro-Living nicht mit der dürftigen Gemeinschafts-Infrastruktur einer Kommunalka zu vergleichen ist – was sie eint, ist die Trennung der knapp bemessenen Privatsphäre von einem größeren Bereich, der von allen genutzt und finanziert wird – eine Idee, die auch in dem Modell der Wohngemeinschaft steckt: Mehrere Personen können sich zusammen die Miete für eine große Wohnung leisten, in der jeder letztlich über mehr Platz und größeren Komfort verfügt, als in einer abgeschlossenen Einzimmerwohnung. Waren die WGs in den Nachkriegsjahren noch Notgemeinschaften, spielte das Bedürfnis nach dem Leben in einer Gemeinschaft mit Gleichgesinnten ab den 1970er Jahren eine immer größere Rolle.
Dass inzwischen auch der demografische Wandel und sich verändernde Familienstrukturen die Nachfrage nach gemeinschaftlichen Wohnformen verstärken, zeigt das große Interesse etwa an dem sogenanntem Cluster-Wohnen, das sowohl Rückzugsmöglichkeiten in Privaträume als auch Raum für Gemeinschaft bietet. Eine Zunahme verzeichnen auch selbstorganisierte Senioren-WGs, in denen alte Menschen nicht mehr allein sein müssen, und Mehrgenerationenhäuser.
Gewiss – hinter einer Beschränkung von privatem Wohnflächenkonsum steht häufig auch finanzielle Not, von der viele große Trailerparks in den USA und so mancher Dauercamper in Deutschland Zeugnis ablegen. Aber seit etlichen Jahren setzt sich die Erkenntnis durch, dass Wohnformen mit den Lebensabschnitten wechseln und wir damit so etwas wie eine „Wohnkarriere“ durchleben. Diese Erkenntnis stellt die tradierten Vorstellungen vom Wohnen infrage und kritisiert die konservative Wohnungspolitik, die noch immer fast ausschließlich die traditionelle Familie als Leitbild hat.
Rosemarie Mieder
02.02.2022