Wenn Mieter gefragt werden, wie zufrieden sie mit ihrem Vermieter sind, landen Wohnungsbaugenossenschaften immer auf den vordersten Plätzen. Genossenschaften bieten ein Wohnrecht auf Lebenszeit. Weil sie nicht gewinnorientiert wirtschaften, können sie die Mieten niedrig halten und dennoch sicherstellen, dass die Wohnanlagen gut in Schuss bleiben. Zudem gibt es eine demokratische Mitbestimmung. Davon können Mieter bei privaten Wohnungsunternehmen nur träumen, und auch die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften können da nicht mithalten.
In Berlin gibt es rund 200.000 Genossenschaftswohnungen. Das sind 12 Prozent aller Mietwohnungen in der Hauptstadt. Im Bundesdurchschnitt liegt der Anteil bei 9,2 Prozent. Rund eine halbe Million Berliner wohnen bei einer der über 80 Wohnungsbaugenossenschaften. Die Bandbreite reicht von kleinen Mietergenossenschaften, die nur ein Haus bewirtschaften, bis hin zur Wohnungsgenossenschaft Lichtenberg (WGLi) mit über 10.000 Wohnungen. Für den Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), in dem unter anderem 77 Berliner Genossenschaften organisiert sind, ist Berlin deshalb eine „Genossenschaftshochburg“.
Die genossenschaftlichen Wohnungsbestände sind in der Stadt allerdings ungleich verteilt. Die Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften aus der DDR-Zeit sind vor allem in den Außenbezirken Ost-Berlins mit großen Beständen vertreten: In Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf stehen mit 35.000 beziehungsweise 28.000 die meisten Genossenschaftswohnungen. In beiden Bezirken ist das ungefähr jede vierte Mietwohnung. Unter den West-Bezirken hat Tempelhof-Schöneberg mit knapp 15.000 Genossenschaftswohnungen die Nase vorn – das sind gut zehn Prozent des dortigen Mietwohnungsbestands. In den Innenstadtbezirken liegt der Anteil mit drei bis sechs Prozent deutlich niedriger.
Im November 2016 wurde die Genossenschaftsidee auf die Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen. Die Weltkulturorganisation würdigt damit das Prinzip, sich unter Gleichen solidarisch zusammenzuschließen und gemeinsam in kollektiver Selbsthilfe zu handeln. Heute sind weltweit rund 800 Millionen Menschen in Genossenschaften oder Kooperativen organisiert. In Deutschland vereinen die fast 8000 Genossenschaften mehr als 22 Millionen Mitglieder. Darunter sind rund 2000 Wohnungsgenossenschaften mit 2,2 Millionen Wohnungen. Florian Pronold, Staatssekretär beim Bundesbauministerium, würdigt deren Rolle als „Garanten für bezahlbare Mieten und stabile Nachbarschaften“.
Seit 170 Jahren sind Genossenschaften im Finanzwesen, in der Landwirtschaft, im Handel und im Wohnungsbau erfolgreich. In Deutschland gelten Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch als Väter der Genossenschaftsbewegung. Raiffeisen gründete 1847 in der kleinen Westerwald-Gemeinde Weyerbusch einen Hilfsverein zur Unterstützung der notleidenden Landbevölkerung, aus dem später die erste Genossenschaftsbank hervorging. Im sächsischen Delitzsch rief Schulze-Delitzsch ebenfalls im Jahr 1847 eine „Rohstoffassoziation“ für Tischler und Schuhmacher ins Leben. Seit 1868 gab es mit dem preußischen Genossenschaftsgesetz einen gesetzlichen Rahmen für solche Unternehmungen.
In liberalen Kreisen fand die Genossenschaftsidee zwar großen Anklang, doch die Praxis war zunächst schwierig. Die erste Wohnungsbaugenossenschaft, die heute noch existierende Berliner Baugenossenschaft (bbg), wurde 1886 vom Eisenbahn- und Bankdirektor Karl Schrader gegründet. „Wir alle wissen ja, dass Wohnen zur Miete nicht gerade angenehm ist“, meinte Schrader. Die bbg baute deshalb in ihren ersten Jahren nur „Erwerbshäuser“: kleine Zweifamilienhäuser, die nach der Abzahlung des Kaufpreises persönliches Eigentum des Mitglieds wurden.
Ein Gesetz im Jahr 1889 brachte den Durchbruch
Der Durchbruch für die Wohnungsbaugenossenschaften kam nach der Novelle des Genossenschaftsgesetzes im Jahr 1889. Darin wurde die beschränkte Haftung eingeführt. Jetzt konnten auch wohlhabende Förderer gewonnen werden, die bislang vor einem Engagement zurückschreckten, weil sie im Falle einer Pleite mit ihrem gesamten Vermögen hätten haften müssen. Auch die 1890 eingeführte staatliche Rentenversicherung half der Genossenschaftsbewegung, denn die Rücklagen der Rentenkasse wurden als zinsgünstige Kredite für den Arbeiterwohnungsbau bereitgestellt. Die Zahl der Wohnungsbaugenossenschaften in Deutschland stieg daraufhin von 38 im Jahr 1889 auf 385 zur Jahrhundertwende und schließlich auf 1402 im Jahr 1914.
Während der Kaiserzeit blieben die Baugenossenschaften noch weitgehend bürgerlich geprägt. Einige Genossenschaften wie der Beamten-Wohnungsverein standen sogar nur Staatsbediensteten offen. Sozial engagierte Kaufleute und Wissenschaftler gehörten zu den wesentlichen Förderern der Bewegung. Fortschrittlich denkende Architekten machten die Genossenschaften zu Vorreitern des Reformwohnungsbaus. Es sollten gesunde Wohnungen mit Bad und WC, mit viel Luft und Sonne, mit Grünanlagen und Spielplätzen und ohne enge Hinterhöfe und Gewerbelärm entstehen. Die Entwürfe stammten oft von renommierten Baumeistern: Paul Mebes war der Hausarchitekt des Beamten-Wohnungsvereins, Alfred Messel arbeitete mehrfach für den Berliner Spar- und Bauverein (heute Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892). Die Wohnanlagen boten den Genossen einige Annehmlichkeiten: So gab es Waschhäuser, Siedlungsbüchereien, Konsumläden, Vereinslokale und manchmal sogar Kindergärten.
Dieser richtungsweisende Wohnungsbau erregte auch internationale Aufmerksamkeit. So erhielt der von Messel entworfene Block an der Proskauer Straße des Bau- und Sparvereins bei der Pariser Weltausstellung im Jahr 1900 eine Goldmedaille. So fortschrittlich die Wohnungen waren, so traditionell war ihre äußere Erscheinung. Mit romanischen oder Neorenaissance-Fassaden, Giebeln und hohen Dächern entsprachen die Häuser ganz dem bürgerlichen Schönheitsideal.
Nach der Jahrhundertwende hatte sich die Genossenschaftsidee langsam zu einer Selbsthilfebewegung der Arbeiter gewandelt. Um 1905 gaben die Gewerkschaften und die Sozialdemokratie ihre Zurückhaltung gegenüber den Genossenschaften auf.
Den größten Sprung machte die Genossenschaftsbewegung direkt nach dem Ersten Weltkrieg. Nach dem Zusammenbruch des kaiserlichen Staatsapparates drängte sich in der allgemeinen wirtschaftlichen Not die Gründung von Selbsthilfeorganisationen geradezu auf – insbesondere für den Wohnungsbau. Zwischen 1919 und 1921 entstanden deutschlandweit Hunderte neuer Baugenossenschaften. Die Bedingungen für den Wohnungsbau waren in den politisch instabilen Anfangsjahren der Weimarer Republik aber alles andere als günstig. Nur die Bauhütten sorgten dafür, dass die Genossen überhaupt bauen konnten. Rund 200 solcher genossenschaftlichen Baubetriebe entstanden in den ersten drei Jahren der Republik. Die Bauhütten konnten die Kartelle der lokalen Baufirmen sprengen und so die Baukosten um bis zu 30 Prozent senken.
Skepsis gegenüber dem „Neuen Bauen“
Als ab 1924 der Wohnungsbau durch staatliche Förderung angekurbelt wurde, nahm auch das genossenschaftliche Bauen wieder Fahrt auf. Anders als die gewerkschaftlichen und städtischen Wohnungsbaugesellschaften blieben die Genossenschaften aber meist bei traditionellen Bauformen. Nur ausnahmsweise schlossen sie sich dem „Neuen Bauen“ mit seinen glatten Fassaden und Flachdächern an. Vor allem Bruno Taut, Chef-Architekt der gewerkschaftlichen Gehag, brachte den Genossen moderne Bauweisen nahe. Er baute für die „1892“ die Siedlung am Schillerpark, für die Baugenossenschaft Ideal die Siedlung Ideal in Britz sowie in Tegel die Siedlung Freie Scholle für die gleichnamige Genossenschaft. Die Freie Scholle stand der Gartenstadtbewegung nahe und war dem Neuen Bauen gegenüber zunächst sehr skeptisch. „Als wir 1924 begannen, konnten wir den Vorstand nur allmählich für die neue Auffassung gewinnen“, erinnerte sich Taut später.
Das Dasein als Genosse war zu jener Zeit für viele Menschen auch ein politisches Bekenntnis. Es konnte sich durch den ganzen Alltag ziehen: Man lebte in einer Genossenschaftswohnung in einem „roten“ Stadtteil, kaufte bei der Konsumgenossenschaft ein, brachte seine Ersparnisse zur Arbeiterbank, ging am Abend ins Volkshaus oder ins Arbeiterkino, kaufte Bücher bei der Büchergilde und machte Reisen mit den Naturfreunden.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden ab 1933 auch die Genossenschaften „gleichgeschaltet“. Die interne Demokratie wurde faktisch abgeschafft.
Nach der Teilung Berlins unterstellte der Ost-Berliner Magistrat ab 1950 alle Genossenschaftswohnungen der Kommunalen Wohnungsverwaltung. Die Genossenschaften konnten nur noch über ihre Bestände in den Westbezirken verfügen, ihr Besitz im Osten war „ruhend“.
In West-Berlin wurden die Genossenschaften zu einer festen Größe in der Wohnungsversorgung und glichen sich auch allmählich den herkömmlichen Wohnungsunternehmen an. Sie errichteten geförderte Sozialwohnungen, beteiligten sich am Bau von Großsiedlungen und später an der Stadterneuerung. Genossenschaften hatten allerdings ein „altbackenes“ Image, bis es im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA) zu zwei Neugründungen kam: Die Selbstbaugenossenschaft von 1984 engagierte sich im Neubau. In der Genossenschaft Luisenstadt schlossen sich 1986 mehrere besetzte Häuser zwischen Oranien- und Naunynstraße in Kreuzberg zusammen und schufen eine wirtschaftliche Basis zur Sanierung der Gebäude.
Anrecht auf die Wohnung gegen Aufbaustunden
Im Osten Berlins gab es schon kurz nach der „Stilllegung“ der Genossenschaften ein Umdenken. Um den Wohnungsbau in der kriegszerstörten Stadt auszuweiten, regte die Staatsführung der DDR im Jahr 1953 die Gründung von Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften (AWG) an. Damit sollte der staatliche Wohnungsbau beim Wiederaufbau entlastet werden. In kurzer Zeit bildete sich eine Vielzahl an AWGen. Sie waren meist an große Betriebe wie die Reichsbahn, die Deutsche Post, die Staatszeitung „Neues Deutschland“, Bergmann-Borsig oder den VEB Elektrokohle angebunden und trugen klangvolle Namen wie „Vorwärts“, „Friedenswacht“, „Junge Garde“, „Freie Fahrt“ oder „1. Mai“. Die Betriebsangehörigen konnten Mitglied der Genossenschaft werden und beim Bau der Wohnhäuser selbst mit anpacken. Mit einer gewissen Anzahl an Aufbaustunden erarbeitete man sich so ein Anrecht auf eine Neubauwohnung. Angesichts der drückenden Wohnungsnot war das ein riesiger Anreiz für die Genossen. Besonders in den 50er und 60er Jahren war die Bautätigkeit dieser Genossenschaften beachtlich. Eine Mitbestimmungsmöglichkeit der Genossenschaftsmitglieder fehlte bei den AWG allerdings weitgehend.
Ab 1980 wurde die Ost-Berliner AWG-Landschaft umgepflügt. Die Genossenschaften wurden von ihren Betrieben getrennt und die Wohnanlagen nach Bezirken neu aufgeteilt. Tausende Wohnungen wechselten in den Jahren bis 1989 die Genossenschaft. Im Jahr 1988 gab es in Ost-Berlin 30 Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften mit 104.071 Wohnungen und rund 180.000 Mitgliedern.
Nach dem Fall der Mauer mussten auch die Ost-Genossenschaften nach dem Altschuldenhilfe-Gesetz einen Teil ihrer Wohnungsbestände privatisieren. Durch Ausgründungen entstand so eine Reihe neuer Genossenschaften. Einige kamen durch aufwendige Sanierungsvorhaben in Bedrängnis, die ausgegründeten Genossenschaften „Mendelsohn-Viertel“ und „Eigentum 2000“ rutschten sogar in die Insolvenz. Aber auch aus den Reihen der Mieter wurden im Ostteil neue Genossenschaften gegründet.
Schon 1990 organisierten sich die Bewohner der Häuser Rykestraße 13 und 14 in der Mietergenossenschaft SelbstBau. Sie wurde in den folgenden Jahren Eigentümerin mehrerer Häuser, die die Bewohner in Selbsthilfe sanierten. Als die städtischen Wohnungsbaugesellschaften ab Mitte der 90er Jahre große Teile ihrer Wohnungsbestände verkauften, gelang es den Mietern in einigen Fällen, ihre Häuser als Genossenschaft zu übernehmen – oftmals gegen erhebliche Widerstände. So entstanden etwa die Genossenschaften FriedrichsHeim, Bremer Höhe, Am Ostseeplatz und Wöhlertgarten.
Berlins Genossenschaftswohnungen sind heute sehr beliebt: Es gibt praktisch keinen Leerstand. Freiwerdende Wohnungen finden fast immer unter den Mitgliedern neue Mieter. Die Bewohnerschaft ist sehr konstant, viele Genossen wohnen schon Jahrzehnte in ihrer Siedlung. Die Genossenschaften sind deshalb auch ein wichtiger Stabilitätsanker auf dem Berliner Wohnungsmarkt.
Möckernkiez: Richtfest in diesem Jahr
Welche Schwierigkeiten neue Genossenschaften beim Bauen haben, zeigt das Möckernkiez-Projekt am Gleisdreieck-Park. Mit großem Elan stürzten sich im Jahr 2014 die Neu-Genossen in das ehrgeizige Vorhaben, ein gemischtes, barrierefreies und ökologisches Musterquartier mit 471 Wohnungen zu bauen. Da die Banken sich bei der Kreditvergabe unerwartet zugeknöpft zeigten, stand der Bau eineinhalb Jahre still. Für die Mitglieder wurde es richtig teuer. Sie müssen pro Quadratmeter Wohnfläche eine Einlage von 920 Euro leisten und anschließend Kaltmieten zwischen 8,62 und 13,04 Euro zahlen. Beim Richtfest im August dieses Jahres überwog aber die Erleichterung. Mitte 2018 sollen alle Wohnungen fertig sein. Auch für die alten Hasen unter den Genossenschaften ist der Wohnungsneubau keine leichte Aufgabe. Baugrundstücke zu kaufen, ist auf dem heißgelaufenen Berliner Markt inzwischen fast aussichtslos. Sie nutzen deshalb für ihren Neubau eigene Baulandreserven, etwa indem sie ihre bestehenden Siedlungen verdichten. „Berlins Genossenschaften würden sicher auch noch mehr bauen, wenn sie mehr Bauland bekämen. Das wäre sehr im Sinne einer sozialen Stadtentwicklung“, sagt BBU-Vorstand Maren Kern.
„Wir begrüßen die Neugründung von Wohnungsgenossenschaften und ermuntern die bestehenden, sich verstärkt im Neubau zu engagieren“, sagt Staatssekretär Florian Pronold. Die Praxis zeigt: Ermunterungen allein helfen nicht. Damit die Genossenschaften noch mehr Druck vom Wohnungsmarkt nehmen können, brauchen sie auch eine handfeste Unterstützung.
Jens Sethmann
Wie funktioniert eine Wohnungsbaugenossenschaft?
Eine Wohnungsbaugenossenschaft ist sowohl eine Selbsthilfeorganisation, die ihren Mitgliedern sichere und günstige Wohnungen bieten will, als auch ein Wirtschaftsunternehmen, das auf dem Markt bestehen muss. Wer eine Wohnung bei einer Genossenschaft beziehen will, muss Mitglied werden. Dazu muss man je nach Größe der Wohnung Geschäftsanteile in bestimmter Höhe erwerben. Damit wird man Genosse und Miteigentümer des Unternehmens. Der Unterschied zum Mieter wird auch sprachlich deutlich: Man unterschreibt keinen Mietvertrag, sondern einen Nutzungsvertrag, und statt der Miete zahlt man ein Nutzungsentgelt. Umgangssprachlich ist dennoch häufig von der Miete die Rede. Für das Nutzungsverhältnis gelten die gleichen rechtlichen Bestimmungen wie für ein Mietverhältnis. Wenn es also um Mieterhöhungen, Modernisierungen oder Schönheitsreparaturen geht, gilt das Mietrecht auch für Genossenschaftswohnungen. Die Genossen haben ein Dauerwohnrecht, sind also höchstens bei schweren Pflichtverletzungen kündbar. In Einzelfällen können auch Nicht-Mitglieder Mieter einer Genossenschaftswohnung sein. Wenn etwa eine Genossenschaft ein bewohntes Mietshaus erwirbt, kann sie die Mieter nicht zwingen, der Genossenschaft beizutreten.
Als Genosse kann man über die Geschäfte des Unternehmens mitbestimmen. In Genossenschaften mit mehr als 1500 Mitgliedern wählen die Mitglieder eine Vertreterversammlung, das „Parlament“ einer Genossenschaft. Dabei hat jedes Mitglied unabhängig von der Höhe seiner Geschäftsanteile eine Stimme. Die Vertreterversammlung tagt einmal jährlich und wählt den Aufsichtsrat. Der Aufsichtsrat bestellt und kontrolliert den geschäftsführenden Vorstand.
In den letzten Jahren gab es aber häufiger Ärger. Gerade bei den größeren Genossenschaften kommt es vor, dass die Vorstände Entscheidungen fällen, die wenig bewohnerfreundlich sind. So erhöhen einige Genossenschaften die Mieten bis zur Obergrenze des Mietspiegels, verlangen bei Wiedervermietungen deutlich mehr als in den bestehenden Mietverhältnissen, lehnen Arbeitslose als Wohnungsbewerber ab, planen Nachverdichtungen, ohne ihre betroffenen Mitglieder zu beteiligen, oder vermieten Neubauwohnungen genauso teuer wie profitorientierte Investoren. Der Wohnungsbauverein Neukölln hat sogar zwei Häuser in der Heidelberger Straße mit 76 intakten Wohnungen abgerissen, um dort 90 deutlich teurere Wohnungen neu zu bauen.
Wegen solcher Ärgernisse haben Mitglieder verschiedener Berliner Wohnungsbaugenossenschaften im Jahr 2008 die Initiative „Genossenschaft von unten“ gegründet. Sie fordert eine Änderung des Genossenschaftsgesetzes und hat eine Mustersatzung erarbeitet. Die Macht der Vorstände soll damit eingeschränkt werden. Sie sollen nicht mehr vom Aufsichtsrat ernannt, sondern von der Vertreter- beziehungsweise der Generalversammlung direkt gewählt werden.
js
Initiative Genossenschaft von unten: www.genossenschaft-von-unten.eu/
Infoblatt des Berliner Mietervereins Nr. 42:
Was ist eine Wohnungsbaugenossenschaft?
Infoblatt des Berliner Mietervereins Nr. 51:
Wohnungsbaugenossenschaften – mietrechtliche Besonderheiten
Das Genossenschaftsforum, eine wissenschaftliche Einrichtung Berliner Wohnungsgenossenschaften:
www.berliner-genossenschaftsforum.de/
10.07.2019