Stand: 9/22
Folgende Fragen behandelt dieser Artikel:
1. Das 15%ige Kürzungsrecht
§ 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenVO lautet:
„Soweit die Kosten der Versorgung mit Wärme oder Warmwasser entgegen den Vorschriften dieser Verordnung nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden, hat der Nutzer das Recht, bei der nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten den auf ihn entfallenden Anteil um 15 vom Hundert zu kürzen.“
Dieses Kürzungsrecht der Mieter nach § 12 HeizkostenVO ist zwingendes Recht, kann also mietvertraglich nicht ausgeschlossen werden.
Das Kürzungsrecht besteht z.B., wenn
- Räume nicht mit Erfassungsgeräten ausgerüstet werden; zum Beispiel auch, wenn die Wohnung bei Erstbezug noch nicht mit Heizkostenverteilern ausgerüstet wurde (LG Berlin v. 7.11.1996 – 62 S 170/96 -);
- der Vermieter die Ermittlung des Verbrauchs an Heizkosten unterlässt (LG Berlin v. 19.12.2006 – 65 S 199/06 -);
- wegen Geräteausfalls oder aus anderen zwingenden Gründen mehr als 25% der Wohnfläche im Haus nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden können, (BGH v. 31.10.2007 – VIII ZR 261/06); dann sind die Gesamtkosten für Heizung und Warmwasser nach § 9 a Abs. 2 HeizkostenVO neu zu verteilen und um 15 % zu kürzen (LG Berlin v. 2.6.2017 – 63 S 304/16 -);
- nach § 9 a Abs. 1 HeizkostenVO eine Verbrauchsermittlung nicht möglich ist (z.B. mangels geeigneter Vergleichsdaten); dann bleibt nur eine verbrauchsunabhängige Abrechnung (etwa nach Wohnfläche), wobei eine Kürzung von 15% gemäß § 12 HeizkostenVO vorzunehmen ist (BGH v. 5.3.2013 – VIII ZR 310/12);
- der Vermieter den Verbrauch unter Verstoß gegen § 5 Abs. 7 Satz 1 HeizkostenVO ermittelt (= Unterlassen der Vorerfassung verschiedener Nutzergruppen); dann ist in der Regel gleichwohl der ermittelte Verbrauch der Abrechnung zu Grunde zu legen und nicht allein nach der Wohnfläche abzurechnen. Der sodann vorzunehmende Kürzungsbetrag gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenVO ist dabei von dem für den Nutzer in der Abrechnung ausgewiesenen Anteil der Gesamtkosten zu errechnen (BGH v. 20.1.2016 – VIII ZR 329/14).
- der Vermieter bei einem Mieterwechsel keine Zwischenablesung durchführt, obwohl dies technisch möglich und vertraglich nicht ausgeschlossen ist (LG Hamburg v. 18.3.1988 – 11 S 202/87 -);
- die „Verbrauchsanzeige“ der Heizkostenverteiler oder eines anderen Erfassungsgerätes nicht zu gebrauchen ist (AG Köln v. 19.3.1996 – 201 C 89/95 -). Z.B. wenn das Wärmemessdienstunternehmen in einer Wohnung „vergessen“ hat, die Messampullen des „Verdunsters“ oder die Batterien des elektronischen Heizkostenverteilers auszutauschen, oder wenn eichpflichtige Wärme- oder Warmwasserzähler nach Ablauf der Eichfrist weiter betrieben werden (BayObLG v. 26.3.1998 – 2 ZBR 154/97 -). Auch Montage- oder Skalierungsfehler gehören hierzu. Also Fälle, in denen Fehler von Wärmemessdiensten oder Vermietern eine verbrauchsabhängige Abrechnung verhindern;
- der Vermieter die neben den Heizkörpern abgegebene Rohrwärme entgegen den Vorgaben des § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenVO nicht erfasst (LG Neubrandenburg v. 17.11.2010 – 12 S 9/10 -).
Das Kürzungsrecht findet allerdings auch in den oben genannten Fällen keine Anwendung, wenn eines der in § 9 a Abs. 1 HeizkostenVO genannten Schätzverfahren angewandt werden kann (vgl. BGH v. 16.11.2005 – VIII ZR 373/04 -; BGH v. 5.3.2013 – VIII ZR 310/12 -).
Das Kürzungsrecht nach § 12 HeizkostenVO scheidet ebenfalls aus, wenn die fehlerhafte Abrechnung jederzeit korrigierbar ist (BGH v. 16.1.2019 – VIII ZR 113/17 -).
Der Mieter hat aus dem Grundsatz des widersprüchlichen Verhaltens kein Kürzungsrecht, wenn er die Ablesung verhindert.
Letztendlich findet das Kürzungsrecht keine Anwendung, wenn einer der von der HeizkostenVO genannten Ausnahmetatbestände vorliegt (siehe Punkt 4). Denn Voraussetzung für die Anwendung des Kürzungsrechts ist, dass eine ordnungsgemäße verbrauchsbasierte Erfassung überhaupt möglich gewesen wäre (LG Hamburg v. 20.3.2019 – 311 O 1/16 -).
Wichtig: Nach § 12 Abs. 1 HeizkostenVO ist die dem Mieter erteilte Heizkostenabrechnung insgesamt – und nicht etwa nur der verbrauchsabhängig ermittelte Anteil – um 15 Prozent zu kürzen (BGH v. 30.1.1991 – VIII ZR 361/89 -). Und: Der bei der Heizkostenabrechnung geltend gemachte Betrag darf gekürzt werden, nicht aber – was viele Mieter glauben – der monatliche Heizkostenvorschuss.
In der Rechtsprechung umstritten ist immer noch die Frage, ob bei verbundenen Anlagen das Fehlen von Wärmezählern zur Vorwegerfassung der Wärmemenge für das Warmwasser auch dann das Kürzungsrecht auslöst, wenn die Kosten für die Wassererwärmung mit der Formel des § 9 Abs. 2 HeizkostenVO abgerechnet werden (Kein Kürzungsrecht: LG Berlin v. 15.6.2017 – 67 S 101/17 -; LG Berlin v. 20.6.2018 – 65 S 29/18 -; Kürzungsrecht besteht: AG Potsdam v. 1.9.2017 – 24 C 216/16 -; LG Berlin v. 16.1.2018 – 63 S 91/17 -; AG Stuttgart-Bad Cannstatt v. 23.12.2020 – 7 C 1995/20 -).
Wenn man in diesen Fällen das Kürzungsrecht zulässt, bezieht es sich nicht nur auf die Warmwasserkosten, sondern auch auf die Heizkosten (AG Potsdam v. 1.9.2017 – 24 C 216/16 -; LG Berlin v. 16.1.2018 – 63 S 91/17 -; AG Mitte v. 12.7.2018 – 25 C 179/17 -; AG Stuttgart-Bad Cannstatt v. 23.12.2020 – 7 C 1995/20 -; a.A. LG Stralsund v. 1.9.2021 – 1 S 94/20 -).
Sind hingegen Messgeräte zur Erfassung des anteiligen Wärmeverbrauchs vorhanden und werden diese verwendet, hat der Nutzer nicht das Recht, den „Strafabzug“ nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenVO auch bei den Kosten des Wärmeverbrauchs deshalb vorzunehmen, weil keine Messgeräte für die Erfassung des anteiligen Warmwasserverbrauchs vorhanden sind. In einem solchen Fall beschränkt sich das Recht des Nutzers auf einen „Strafabzug“ bei den nicht verbrauchsabhängig abgerechneten Kosten für die Versorgung mit Warmwasser (BGH v. 14.9.2005 – VIII ZR 195/04).
Wichtig: Allein der Hinweis des Mieters auf eine fehlende Verbrauchserfassung kann nicht als Ausübung des Kürzungsrechts nach § 12 HeizkostenVO angesehen werden. Eine Kürzung von Heizkosten nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenVO tritt erst ein, wenn der Mieter dieses Recht geltend macht. Ohne diese Erklärung ist der Vermieter nicht zur Kürzung verpflichtet. Die Kürzung erfolgt weder kraft Gesetzes noch darf das Gericht von Amts wegen die Kürzung vornehmen (OLG Köln v. 11.6.2010 – 1 U 66/09 -; LG Karlsruhe v. 20.2.2014 -9 S 248/13 -).
Ein über das 15 %ige Kürzungsrecht hinausgehender Schadensersatzanspruch des Mieters ist möglich (BGH v. 31.10.2007 – VIII ZR 261/06), wenn der Mieter einen solchen Schaden nachweisen kann.
2. Die 3%igen Kürzungsrechte
§ 12 Abs. 1 Satz 2 und 3 HeizkostenVO lauten:
Wenn der Gebäudeeigentümer entgegen § 5 Absatz 2 oder Absatz 3 keine fernablesbare Ausstattung zur Verbrauchserfassung installiert hat, hat der Nutzer das Recht, bei der Abrechnung der Kosten den auf ihn entfallenden Anteil um 3 vom Hundert zu kürzen. Dasselbe ist anzuwenden, wenn der Gebäudeeigentümer die Informationen nach § 6a nicht oder nicht vollständig mitteilt.
Das Kürzungsrecht von drei Prozent besteht, wenn eine Abrechnungs- oder Verbrauchsinformation nach § 6 a Abs. 2 HeizkostenVO nicht oder nicht vollständig mitgeteilt wurde, obwohl fernablesbaren Geräte installiert sind oder installiert sein müssen, oder wenn die Informationen zur Jahresabrechnung nach § 6 a Abs. 3 HeizkostenVO nicht oder nicht vollständig zugänglich gemacht wurden. Das Kürzungsrecht von drei Prozent kann außerdem ausgeübt werden, wenn keine fernablesbaren Erfassungsgeräte installiert sind, obwohl dazu eine Pflicht nach § 5 Abs. 2, Abs. 3 oder Abs. 4 HeizkostenVO besteht. Bei mehreren Pflichtverstößen summieren sich die Kürzungsrechte. Zur Verdeutlichung werden folgende Fallkonstellationen und die daraus resultierende Kürzungssätze dargestellt:
aa) Keine fernablesbaren Erfassungsgeräte, obwohl eine Pflicht dazu besteht
► 3 Prozent Kürzung
Dieses Kürzungsrecht besteht in folgenden Fällen:
(1) Der Vermieter lässt vorhandene Geräte durch nicht fernablesbare ersetzen.
(2) Der Vermieter lässt vorhandene nicht fernablesbare oder fernablesbare Geräte ein Jahr nach Inkrafttreten der geänderten Heizkostenverordnung durch fernablesbare ersetzen, die sich nicht an ein Smart-Meter-Gateway anschließen lassen oder nicht interoperabel sind.
(3) Der Vermieter lässt vorhandene nicht fernablesbare Geräte nicht bis Ende 2026 austauschen gegen die zuvor genannten Geräte. Das Kürzungsrecht greift demnach erst für Zeiträume ab dem 1.1.2027.
(4) Der Vermieter lässt vorhandene einfache fernablesbare Geräte, die er zulässigerweise bis ein Jahr nach Inkrafttreten installiert hat, nicht bis Ende 2031 durch fernablesbare Zähler ersetzen, die sich an ein Smart-Meter-Gateway anschließen lassen und nicht interoperabel sind. Das Kürzungsrecht besteht erst für Zeiträume ab dem 1.1.2032.
Hinweis: Eine unterlassene Geräteanbringung kann § 5 Abs. 2 betreffen und zugleich § 5 Abs. 3. Da beide Verstöße (nur) in dem § 12 Abs. 1 Satz 2 geregelt sind, erfolgt keine Summierung, da nicht „mehrere Sätze“ betroffen sind.
bb) Keine Abrechnungs- oder Verbrauchsinformation nach § 6 a Abs. 2 HeizkostenVO
► 3 Prozent Kürzung
Voraussetzung für diese Informationspflicht und damit auch für das Kürzungsrecht ist, dass bereits eine fernablesbare Ausstattung zur Verbrauchserfassung im Gebäude vorhanden ist. Das Kürzungsrecht besteht aber auch, wenn der Einbau fernablesbarer Geräte pflichtwidrig unterblieben ist. Das Kürzungsrecht greift in folgenden Fällen:
(1) Der Vermieter hat bereits fernablesbare Geräte einbauen lassen.
(2) Der Vermieter hat nach Inkrafttreten vorhandene Geräte durch nicht fernablesbare ersetzen lassen.
(3) Der Vermieter hat nach Fristablauf noch keine fernablesbaren Geräte einbauen lassen. Die Frist endet am 31.12.2026. Das Kürzungsrecht besteht ab dem 1.1.2027.
cc) Keine Informationen zur Jahresabrechnung nach § 6 a Abs. 3 HeizkostenVO
► 3 Prozent Kürzung
Achtung: Diese Informationen müssen nach § 6 a Abs. 3 HeizkostenVO nicht in der Abrechnung zu finden oder ihr beigefügt sein. Es genügt, wenn der Vermieter sie zugänglich gemacht hat.
3. Die Summierung der Kürzungsbeträge
Bei mehreren Pflichtverstößen summieren sich die Kürzungsbeträge, beispielsweise:
(1) Verordnungswidrig keine fernablesbaren Geräte installiert und keine Abrechnungs- oder Verbrauchsinformation.
Ohne Fernablesbarkeit lässt sich keine Abrechnungs- oder Verbrauchsinformation erstellen.
Also: ► 3 Prozent plus 3 Prozent Kürzung
(2) Keine Abrechnungs- oder Verbrauchsinformation nach § 6 a Abs. HeizkostenVO, obwohl fernablesbaren Geräte installiert sind oder installiert sein müssen und keine Informationen zur Jahresabrechnung nach § 6 a Abs. 3 HeizkostenVO.
► 3 Prozent Kürzung. Hier summieren sich die Kürzungsrechte nicht. § 12 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenVO bezieht sich auf beide Informationspflichten nach § 6 a HeizkostenVO.
(3) Keine verbrauchsabhängige Abrechnung, verordnungswidrig keine fernablesbaren Erfassungsgeräte eingebaut und damit auch keine Abrechnungs- oder Verbrauchsinformation erstellt.
► 15 Prozent plus 3 Prozent plus 3 Prozent Kürzung. Erstellt der Vermieter keine Abrechnung nach der Heizkostenverordnung auf Grundlage der erfassten Verbrauchswerte, sondern z. B. komplett nach Wohnfläche, besteht wie bisher das Kürzungsrecht von 15 Prozent. Die anderen beiden Kürzungsrechte von jeweils drei Prozent sind gegebenenfalls zu addieren.
4. Ausnahmen nach der HeizkostenVO
Im Einklang mit den Vorschriften dieser Verordnung steht die Abrechnung nach Wohnfläche (oder die Abrechnung abweichend vom Grundsatz des §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 HeizkostenVO) jedoch, wenn einer der folgenden Ausnahmetatbestände vorliegt. Dann entfallen auch die Kürzungsrechte nach § 12 HeizkostenVO.
1. In Gebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen, von denen der Vermieter eine selbst bewohnt, sind vertragliche Vereinbarungen zulässig, die von der HeizkostenVO abweichen (§ 2 HeizkostenVO). Entsprechendes gilt für Untermietverträge im Verhältnis Hauptmieter zum Untermieter.
2. Eine weitere Ausnahme enthält § 9 a HeizkostenVO (Schätzung bei Geräteausfall u.ä.).
3. Ebenfalls sind bei Mieterwechsel für die Kostenaufteilung abweichende vertragliche Vereinbarungen zulässig (§ 9 b Abs. 4 HeizkostenVO).
4. Aufgrund rechtsgeschäftlicher Vereinbarung darf der Vermieter entgegen §§ 7 und 8 der HeizkostenVO auch mehr als 70 % der Kosten verbrauchsabhängig abrechnen (§ 10 HeizkostenVO).
5. So genannte Passivhäuser (= Heizwärmebedarf von weniger als 15 kWh/(m² a)) sind von der verbrauchsabhängigen Heizkostenabrechnung befreit (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 a HeizkostenVO). Denn je besser der energetische Standard, desto geringer der Einfluss des Nutzerverhaltens. Die Pflicht zur verbrauchsabhängigen Abrechnung der Warmwasserkosten bleibt.
6. Die verbrauchsabhängige Abrechnung kann entfallen, wenn die Maßnahmen zur Verbrauchserfassung unwirtschaftlich sind (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 b HeizkostenVO). Die Vorschrift erklärt, dass dies der Fall ist, wenn „das Anbringen der Ausstattung zur Verbrauchserfassung, die Erfassung des Wärmeverbrauchs oder die Verteilung der Kosten des Wärmeverbrauchs nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist; unverhältnismäßig hohe Kosten liegen vor, wenn diese nicht durch die Einsparungen, die in der Regel innerhalb von zehn Jahren erzielt werden können, erwirtschaftet werden können.“
Hier sind Kosten von notwendigen Fliesenarbeiten nicht zu berücksichtigen, da sie nicht unmittelbar mit dem Anbringen von Warmwasserzählern zusammenhängen (AG Köln v. 3.5.2016 – 219 C 352/15 -).
7. Die Pflicht zur verbrauchsabhängigen Heizkostenabrechnung besteht nicht bei Räumen, die vor dem 1. Juli 1981 (in Ostdeutschland bis 1.1.1991) bezugsfertig geworden sind und in denen der Nutzer den Wärmeverbrauch nicht beeinflussen kann (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 c) HeizkostenVO). Nach der Rechtsprechung (BGH v. 8.10.2003 – VIII ZR 67/03 -,) reichen allerdings einfache Drehventile zur Beeinflussung des Wärmeverbrauches aus.
8. Bei Alters- und Pflegeheimen, Studenten- und anderen Wohnheimen besteht keine Pflicht zur verbrauchsabhängigen Kostenumlage nach der HeizkostenVO (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 HeizkostenVO).
9. Die Pflicht zur verbrauchsabhängigen Abrechnung gilt nicht bei Räumen in Gebäuden, die überwiegend versorgt werden mit Wärme aus Anlagen zur Rückgewinnung von Wärme (vgl. OLG Frankfurt v. 19.4.2018 – 2 U 57/17 -) oder aus Wärmepumpen- oder Solaranlagen (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 a) HeizkostenVO).
10. Die Anwendung der HeizkostenVO kann entfallen, wenn das Gebäude mit Wärme aus Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung oder aus Anlagen zur Verwertung von Abwärme versorgt wird, sofern der Wärmeverbrauch des Gebäudes nicht erfasst wird (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 b HeizkostenVO). Das frühere behördliche Genehmigungserfordernis ist entfallen. Der Gebäudeeigentümer darf eigenständig bestimmen, ob eine Ausnahme vorliegt. Wird aber in einem solchen Fall die Geltung der HeizkostenVO mietvertraglich vereinbart, kann sich der Vermieter nicht auf diese Ausnahme berufen und das Kürzungsrecht nach § 12 HeizkostenVO kommt zur Anwendung (LG Stralsund v. 1.9.2021 – 1 S 94/20 -).
11. Besteht ein direktes Vertragsverhältnis zwischen dem Mieter und dem Wärmeversorgungsunternehmen müssen etwaige Kosten des Betriebs der Hausanlage (z.B. Übergabestation) vom Gebäudeeigentümer (Vermieter) nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 HeizkostenVO).
12. Darüber hinaus kann die zuständige Behörde (in Berlin ist dies das zuständige Wohnungsamt) auch dann eine zumeist befristete Ausnahmegenehmigung erteilen, wenn nur so ein „unangemessener Aufwand“ oder eine „unbillige Härte“ vermieden wird (§ 11 Abs. 1 Nr. 5) HeizkostenVO). Im Ostteil Berlins wurde diese Ausnahme dann angenommen, wenn z.B. die Finanzierung wegen unklarer Eigentumsverhältnisse nicht gesichert oder die Rückübertragung an den neuen Alteigentümer erst kürzlich erfolgt ist.
In jedem Fall gilt: Will der Vermieter das 15%ige Kürzungsrecht des Mieters unter Hinweis auf einen Ausnahmetatbestand abwenden, hat er das Vorliegen einer Ausnahme substantiiert darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Sollte dies nicht oder nicht hinreichend erfolgen, steht dem Mieter das oben genannte Kürzungsrecht zu. Der Vermieter kann seine Ansprüche dagegen nur auf dem Klagewege geltend machen, wobei der Mieter die Prozesskosten dann nicht zu befürchten hätte, wenn er mangels vorheriger Darlegung durch den Vermieter die Kürzung vorgenommen hatte. Selbst im Unterliegensfall (wenn der Vermieter die Darlegung erst im Prozess nachholt) hätte der Mieter dann keinerlei Anlass zur Klageerhebung gegeben, so dass der Vermieter die Verfahrenskosten zu tragen hätte.
Weitere Informationen:
- BMV-Info 74: Die verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung
- Musterschreiben: Heizkostenabrechnung ist fehlerhaft
Mit diesem Musterschreiben teilen Sie Ihren Vermieter/Verwalter mit, dass dessen Abrechnung der Betriebskosten/Heizkosten nicht den rechtlichen Anforderungen genügt. Weiterhin bitten Sie um Einsicht in die Abrechnungunterlagen.
Weiterführende BMV-Infos zu Betriebskosten:
- BMV-Info 86: Die Betriebskostenabwälzung
- BMV-Info 85: Umlagefähige Betriebskosten
- BMV-Info 74: Die Heizkostenabrechnung
- BMV-Info 40: Belegeinsicht in Abrechnungsunterlagen
zur Betriebs- und Heizkostenabrechnung - BMV-Info 73: Heizkostenabrechnung -
Worauf achten beim Mieterwechsel? - BMV-Info 82: Die Wasseruhr -
Rechtsprobleme bei der verbrauchsabhängigen Abrechnung - BMV-Info 32: Wärmezähler und Heizkostenverteiler
- BMV-Info 69: Zur Wartung von Gasgeräten
- BMV- Info 111: Der Hauswart in der Betriebskostenabrechnung
- BMV-Info 106: Eichrechtliche Bestimmungen
für Elektrizitäts-, Gas-, Wasser- und Wärmezähler - BMV-Info 195: Schornsteinfegerarbeiten und Betriebskosten
- BMV-Info 186: 15%iges Kürzungsrecht bei der Heizkostenabrechnung
- BMV-Info 117: Mietrechtliche Probleme des § 35 a EStG,
Aushändigung einer Steuerbescheinigung über die Betriebskosten
MieterMagazin-Artikel zu Betriebskosten:
Musterschreiben zu Betriebskosten:
27.01.2024