Asbest -
Allgemeine Gefahr rechtfertigt Mietminderung

Schon von einzelnen Asbestfasern geht eine Gefahr aus, befand das Berliner Landgericht in einem Urteil. Deshalb müsse kein extra Gutachten eine Bedrohung nachweisen, wenn kaputte Floor-Flex-Platten in einer Wohnung liegen.

Asbestfasern in der Raumluft sind gefährlich. Bekannt ist das seit Langem. Das Landgericht Berlin hat es nun noch einmal juristisch klargestellt: „Da schon der Austritt einzelner Fasern ausreicht, um konkrete Gesundheitsgefahren herbeizuführen, muss eine grenzwertüberschreitende Belastung der Raumluft nicht notwendigerweise dargetan werden.“ Damit, so Rechtsanwalt Sven Leistikow, ist ein Raumluftgutachten nicht mehr notwendig, wenn zerstörte oder gebrochene asbesthaltige Fußbodenplatten in einer Wohnung liegen.

Im konkreten Fall hatte der Mieter Sam Motos erst fünf Monate nach seinem Einzug durch ein Informationsblatt seiner Vermieterin GSW erfahren, dass es sich bei dem rissigen und beschädigten Bodenbelag um sogenannte Floor-Flex-Platten handelte. Dem Mieter, der längst selbst schadhafte Stellen ausgeglichen und die Fußböden wieder glatt geschliffen hatte, wurde schlagartig klar, welcher Gefahr seine Familie damit ausgesetzt war.

Bereits in erster Instanz hatten Richter ihm eine 20-prozentige Mietminderung rückwirkend ab seinem Einzug in die Wohnung zugebilligt. Fünf weitere Prozent sprachen ihm die Juristen ab dem Tag zu, an dem er von der Bedrohung erfahren hatte – also Entschädigung für seine Angst. Das Landgericht bestätigte zwar letztlich die Entscheidung der 20-prozentigen Mietminderung, aber es geht über bisherige Rechtsprechungen hinaus, betonte Rechtsanwalt Leistikow. Da das Urteil eine Revision nicht zugelassen habe, könnten sich nun auch andere betroffene Mieter an ihre Vermieter wenden. Und für die könnte es teuer werden. In mindestens 48.000 Wohnungen landeseigener Unternehmen, so schätzt der Berliner Senat, liegen asbesthaltige Bodenplatten. „Bei privaten Vermietern“, so ergänzt Andreas Otto (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen), „könnten es noch einmal 50.000 sein.“

Rosemarie Mieder

Hartmut Lindenberg
08.07.2017