Wenn es um Wohnung und Mietrecht geht, stellen sich in jedem Lebensabschnitt andere Fragen. Im Alter steht die Sicherheit vor unliebsamen Überraschungen dabei häufig im Vordergrund. Auch neue rechtliche Situationen – etwa beim Umzug in eine Senioreneinrichtung – tauchen auf. Das MieterMagazin hat sich 10 dieser Fragen für Mieter im Seniorenalter angenommen.
Folgende Fragen behandelt dieser Artikel:
- Hat der Mieter einen Anspruch auf den altersgerechten Umbau?
- Hat der Mieter ein außerordentliches Kündigungsrecht,
wenn der Umzug in ein Seniorenwohnheim bevorsteht? - Was versteht man unter „betreutem Wohnen“?
- Was ist der Unterschied zwischen „betreutem Wohnen“ und Seniorenwohnheim?
- Schützt hohes Alter vor einer Kündigung der Wohnung?
- Müssen betagte Mieter umfangreiche Bauarbeiten dulden?
- Dürfen Personen in die Wohnung aufgenommen werden,
um einen älteren Mieter zu pflegen? - Greift der Einwand der niedrigen Rente
gegen ein Mieterhöhungsverlangen des Vermieters? - Muss auch derjenige Schönheitsreparaturen durchführen,
der aufgrund hohen Alters diese Arbeiten nicht mehr erledigen kann? - Was sind Pflegestützpunkte?
1. Hat der Mieter einen Anspruch auf den altersgerechten Umbau seiner Wohnung?
Die behindertengerechte Dusche, besondere Haltegriffe oder die Verbreiterung von Türen können das Wohnen für ältere Menschen sehr erleichtern. Überwiegen die Interessen des Mieters an solchen altersgerechten Umbauten die des Vermieters (und der übrigen Mieter im Haus), muss er dem Umbau zustimmen. Die Kosten dafür muss der Mieter tragen. Zuschüsse für den barrierefreien Umbau gewähren die Pflegekasse und die Krankenkasse. Am Ende des Mietverhältnisses ist der Mieter zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes („Rückbau“) verpflichtet. Daher kann die Zustimmung des Vermieters auch von der Hinterlegung einer zusätzlichen Sicherheit abhängig gemacht werden.
2. Hat der Mieter ein außerordentliches Kündigungsrecht,
wenn der Umzug in ein Seniorenwohnheim bevorsteht?
Im Gesetz ist kein außerordentliches Kündigungsrecht für diesen Fall vorgesehen. Vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen im Mietvertrag ist der Mieter grundsätzlich an die gesetzliche dreimonatige Kündigungsfrist gebunden. Für die Beendigung des Mietverhältnisses vor Ablauf der dreimonatigen Kündigungsfrist bleibt jedoch die Möglichkeit der einvernehmlichen Beendigung durch Abschluss eines gegenseitigen Aufhebungsvertrages mit dem Vermieter.
3. Was versteht man unter „betreutem Wohnen“?
Beim betreuten Wohnen wird der Mietvertrag über eine altersgerechte Wohnung mit einem Betreuungsvertrag verknüpft. Der Betreuungsvertrag umfasst in der Regel einen verpflichtenden Grundservice (zum Beispiel einen Notruf und Beratungsleistungen) sowie weitere Wahlleistungen (Verpflegung, Haushaltshilfen, Pflegeleistungen), die bei Bedarf in Anspruch genommen werden können und dann gesondert zu bezahlen sind. Es handelt sich in diesem Fall um einen sogenannten gemischten Vertrag, der Elemente des Miet-, Dienst- und Kaufvertrages enthält. Sofern der Grundservice nicht vom Vermieter selbst, sondern von einem externen Dienstleister erbracht wird, stehen dem Bewohner beim „betreuten Wohnen“ dadurch mehrere Vertragspartner gegenüber.
4. Was ist der Unterschied zwischen „betreutem Wohnen“ und einem Seniorenwohnheim?
Im Seniorenwohnheim werden im Gegensatz zum betreuten Wohnen Wohnraumüberlassung und Pflege- oder Betreuungsleistungen aus einer Hand angeboten – der Bewohner hat also nur einen Vertragspartner. Zum anderen sind Bewohner von Seniorenwohnheimen durch das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz des Bundes und das Berliner Wohnteilhabegesetz besonders geschützt, die unter anderem Vorschriften zu baulichen Mindeststandards und der Qualifikation des Personals enthalten. Diese Gesetze finden vorrangig Anwendung vor dem allgemeinen Mietrecht. Im Gegensatz zu Seniorenwohnheimen unterliegen Einrichtungen des betreuten Wohnens auch nicht der staatlichen Aufsicht. Auf das betreute Wohnen finden die Heimgesetze keine Anwendung.
5. Schützt hohes Alter vor einer Kündigung der Wohnung?
Ältere Mieter sind nicht besser vor Kündigungen des Vermieters geschützt als andere Mieter. Ein grundsätzlicher Schutz ergibt sich allerdings daraus, dass der Vermieter nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses kündigen kann. Diese Interessensgründe sind im Gesetz benannt: Eigenbedarf, Hinderung an der wirtschaftlichen Verwertung oder Pflichtverletzung durch den Mieter.
Ein Mieter hat auch die Möglichkeit, der Kündigung zu widersprechen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses eine nicht zu rechtfertigende Härte bedeuten würde. Ob eine solche Härte vorliegt, wird nach einer Interessenabwägung zwischen Vermieter und Mieter entschieden. Hohes Alter und ein schlechter gesundheitlicher Zustand können zugunsten des Mieters ins Gewicht fallen, so dass das Mietverhältnis trotz Kündigungsgrund des Vermieters fortgesetzt werden muss. Zwingend ist das nicht.
6. Müssen betagte Mieter umfangreiche Bauarbeiten dulden?
Es ist zu unterscheiden, ob es sich bei den Bauarbeiten um Instandsetzungs- oder um Modernisierungsarbeiten handelt. Instandsetzungsarbeiten dienen der Behebung von Schäden und sind daher uneingeschränkt von jedem Mieter zu dulden. Modernisierungsarbeiten, also Arbeiten, die der Verbesserung oder Schaffung neuen Wohnraums oder der Einsparung von Energie und Wasser dienen, sind vom Mieter hinzunehmen, wenn er sich nicht auf Härtegründe berufen kann. Hohes Alter und Gebrechlichkeit werden von den Gerichten im Falle von Modernisierungsarbeiten als Härtegrund anerkannt.
7. Dürfen Personen in die Wohnung aufgenommen werden,
um einen älteren Mieter zu pflegen?
Unproblematisch ist die Aufnahme der erwachsenen Kinder. Sie muss vom Vermieter auch nicht genehmigt, sondern ihm nur angezeigt werden. Sollen andere Personen in die Wohnung aufgenommen werden, um Pflegearbeiten zu verrichten, handelt es sich um eine Untervermietung, die grundsätzlich genehmigungspflichtig ist. In der Pflege eines älteren Mieters ist jedoch ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung zu sehen, so dass der Vermieter eine Genehmigung nicht verweigern kann.
8. Greift der Einwand der niedrigen Rente gegen ein Mieterhöhungsverlangen des Vermieters?
Mit einem niedrigen Einkommen oder fehlender Zahlungsfähigkeit kann die Zurückweisung eines Mieterhöhungsverlangens nicht begründet werden. Der Vermieter kann – außer bei einer Sozialwohnung – eine Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete unter folgenden Voraussetzungen verlangen:
- Es liegt ein formell wirksames Mieterhöhungsverlangen vor.
- Die ortsübliche Vergleichsmiete ist nicht überschritten.
- Die Miete war zwölf Monate unverändert.
- Die Kappungsgrenze wird eingehalten, also die Miete um nicht mehr als 20 Prozent in drei Jahren erhöht.
Kann der Mieter seinen Lebensunterhalt nicht eigenständig bestreiten, besteht möglicherweise ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen, wenn das 65. Lebensjahr vollendet ist. Ein entsprechender Antrag kann bei der Grundsicherungsstelle bei den örtlichen Bezirksämtern gestellt werden. Auch kann ein Anspruch auf Wohngeld gegeben sein. Zuständig für Wohngeldanträge ist das Bezirksamt im Wohnbezirk.
Mehr Informationen zum Thema Wohngeld:
- BMV-Info 60: Wohngeld
- BMV-Beratungsangebot zu Wohngeld, WBS, Mietzuschüsse und ALG II
- Wohngeldrechner der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/wohngeld/diwoformular.shtml
- Wohngeldbroschüre: www.stadtentwicklung.berlin.de/ wohnen/wohngeld/download/wohngeld-ratschlaege-und-hinweise.pdf
- Antragsformulare zum Wohngeld: www.stadtentwicklung.berlin.de/service/formulare/de/wohnen.shtml
9. Muss auch derjenige Schönheitsreparaturen durchführen,
der aufgrund hohen Alters diese Arbeiten nicht mehr erledigen kann?
Ob der Mieter zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet ist, hängt neben einer wirksamen Vereinbarung im Mietvertrag davon ab, ob Renovierungsbedarf besteht. Sind beide Voraussetzungen gegeben, nützt kein Verweis auf hohes Alter. Die Renovierungsarbeiten müssen dann durch Freunde, Bekannte oder von einem beauftragten Maler erledigt werden.
10. Was sind Pflegestützpunkte?
Pflegestützpunkte sind Anlaufstellen für alte und pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige, um über Fragen zum altersgerechten Umbau der Wohnung, Sozialleistungen des Staates und Leistungen und Hilfsangebote der Pflege- und Krankenkassen zu informieren. Eine Übersicht über die aktuellen Standorte und deren Erreichbarkeit sowie weitere Informationen findet man unter www.pflegestuetzpunkteberlin.de.
Wibke Werner
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MieterMagazin 5/13
Fotos: Christian Muhrbeck
Auch im Alter gilt: „Wer gut informiert ist, braucht sich keine Sorgen zu machen.“
Einem altersgerechten Umbau der Wohnung muss der Vermieter zustimmen, wenn das Mieterinteresse überwiegt
Wer in einer Einrichtung mit Pflegeleistungen wohnt, muss rechtliche Besonderheiten beachten
An den Schönheitsreparaturen kommt man auch im Alter nicht vorbei. Aber man kann sie ja auch von einem jüngeren Angehörigen durchführen lassen
12.04.2017